Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
niemand stellte aus dem Nichts ein Heer von zehntausenden Kämpfern auf die Beine. Maximilian nahm Abschied von den beiden Gräbern, von der Dienerschaft und von seiner Frau.
Das Herz wurde ihm leichter, als das Burgtor hinter ihm lag.
Zwei Wochen später, inzwischen war es April, traf er im Hessischen auf die Kompanien Isolanos und von Brüggens. Gemeinsam errichteten sie ein Lager und einen Musterungsplatz und führten Trommler und Pfeifer von Marktflecken zu Marktflecken. Nach Werbung und Musterung erhielten die Gefreiten eine Ausbildung.
Als er sich seinen Kompanien vorstellte, entdeckte Maximilian einen blonden Mann mit blauen Augen auf einem Rappen. Das sei der Leutnant, nach dem er gefragt hatte, erklärte der Obrist von Brüggen, das sei Johannes Stein.
Am nächsten Tag schickte der frisch gebackene Obristleutnant einen Rittmeister und Peter Laußnitz los, um Stein in sein Zelt zu holen. Laußnitz war mittlerweile Cornet. Während er auf ihre Rückkehr wartete, brachte ihm ein Bote zwei Briefe. Einen von Maria, den zweiten vom Herrn Grafen. Mit Verdruss betrachtete Maximilian das Siegel seines Vaters. Hatte er nicht erst vor vier Wochen die Herzenburg verlassen? Was musste der wüste Kerl ihm denn schon wieder schreiben? Möglicherweise ging es um seine junge Gattin, also öffnete Maximilian den Brief und überflog ihn wenigstens.
Er enthielt Vorwürfe und Beschimpfungen. Ob Maximilian denn so ein Schwachkopf sei, dass er seine Seitensprünge nicht einmal vor einem naiven Ding, wie seine Frau eines war, verbergen könne; der Herr Graf klagte, dass er seinetwegen von Bernstadts Freundschaft verloren habe, dass nichts weniger als die Zukunft des Geschlechtes der von Herzenburgs auf dem Spiel stehe, und forderte ihn auf, ja nichts unversucht zu lassen, einen Ehrenhändel abzuwenden. Schließlich sei er der einzige legitime Erbe der Grafschaft.
Maximilian ließ den Brief sinken und runzelte die Stirn. Kein Wort begriff er. Was geschah denn da auf der Herzenburg? Er las den Brief ein zweites Mal und gründlicher, und eine dunkle Ahnung beschlich ihn. Und dann führten sie den Leutnant in sein Zelt, diesen Stein, und Maximilian steckte den gefalteten Brief in die Tasche seines Elchlederkollers.
»Johannes Stein?« Er musterte den Mann aus schmalen Augen. Wahrhaftig – ähnlich blond war auch Schneebergers Hure gewesen und ähnlich blaue Augen hatte sie gehabt.
»Der bin ich, Herr Obristleutnant.« Die beiden Offizieren flankierten ihn, und hinter ihm standen zwei Gefreite, die Laußnitz auf Maximilians Befehl mitgebracht hatte.
»Er hat sich freiwillig zu meinem Regiment gemeldet, angeblich, weil mein Name Ihm etwas sagt.« Maximilian selbst saß an einem kleinen Schreibtisch, und obwohl es noch zwei freie Stühle im Zelt gab, bot er dem fremden Leutnant keinen an.
»Die Herzenburger Kompanie hat sich weiß Gott einen Namen gemacht, Herr Obristleutnant!« Stein verzog keine Miene, während er sprach, blickte nicht nach links und nicht nach rechts. »Bei der Erstürmung Heidelbergs und bei der Belagerung Mannheims. Ich will unter kühnem Kommando kämpfen.«
»Sehr lobenswert. Wo hat er denn schon gefochten?«
»Als Dragoner in Böhmen am Weißen Berg.« Stein nannte den Namen eines Obristen, von dem Maximilian schon gehört hatte. »Und als Arkebusier im kaiserlichen Erbland vor Wien.« Er nannte die Jahreszahl und den Namen eines Maximilian unbekannten Obristen.
»War er je in Heidelberg oder Mannheim? Er scheint mit ein wenig wie ein Pfälzer zu sprechen.«
»Meine Mutter stammt aus Speyer, mein Vater hat sie auf seiner Gesellenwanderung dort kennen gelernt. Auch ich bin als Zimmermannsgeselle von Magdeburg in die Rheinpfalz hinuntergewandert.«
»Ein weiter Weg.«
»Wollte meiner Mutter Heimat sehen.«
Maximilian nickte. »Kennt Er einen Friedrich Stein?« Der Blonde schüttelte den Kopf. »Eine Monica Stein?« Wieder Kopfschütteln. »Und Moritz Stein?« Der Leutnant verneinte erneut. »Und seine Eltern leben also in Magdeburg?«
»Wie ich es schon sagte, Herr Obristleutnant.« Zum ersten Mal kam Bewegung in die Züge des Blonden. »Warum fragt Ihr mich das alles? Habt Ihr etwa schlechte Nachricht von meiner Familie?«
»Nein, Leutnant Stein.« Obwohl der Mann ihm nicht recht gefallen wollte, gab Maximilian sich gleichmütig. »Ich kannte nur jemanden, der Stein hieß, und wollte wissen, ob Er mit ihm zu tun hat.«
»Kein seltener Name.«
»Weiß Gott nicht. Gehe Er nur wieder zu Seinen
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