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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Rekruten.« Er nickte seinen Offizieren zu. Die führten den Blonden hinaus.
    Maximilian blieb allein zurück. Keine Unstimmigkeit in den Antworten des Mannes. Dennoch fragte er sich, wo er wohl alte Regimentslisten aus Böhmen herbekäme und ob er nicht einen Boten nach Magdeburg schicken sollte. Und dann das blonde Haar und die blauen Augen! Die Hure Schneebergers hatte von Bernstadt übrigens ganz vergeblich suchen lassen.
    Er griff nach Marias Brief und brach das Siegel. Schon nach dem ersten Satz saß er kerzengerade in seinem Lehnsessel.
    Mein lieber Vetter , schrieb Maria, jetzt ist es doch so weit gekommen: Prinz Kröterich hat mich geschlagen und will mich enterben. Deine Gemahlin ist dir hinterhergeschlichen nach der Hochzeitsnacht und hat dich in meinem Bett gesehen oder vielleicht auch nur geahnt. Welch ein Witz! Offenbar warst du nicht nett genug zu ihr in letzter Zeit, denn kaum hattest du die Herzenburg verlassen, hatte sie nichts B esseres zu tun, als dem Prinzen nach Bernstadt zu schreiben. Der hat getobt.
    Ich musste das Schloss und Schlesien verlassen, bin auf dem Wege ins Herzogtum Mecklenburg. Wann können wir uns sehen? Es gibt manches zu besprechen …
    *
    Der Boden unter seinen Stiefelsohlen schien zu wanken, als Hannes von Herzenburgs Zelt verließ. Kaum zu glauben, dass es ihm gelang, den beiden Gefreiten und Offizieren freundlich und mit dem Ausdruck größter Gelassenheit zuzunicken, als sie sich von ihm verabschiedeten.
    Er zwang sich, ruhig zu atmen, während Degenklirren und Befehlsgebrüll auf dem Exerzierplatz näher rückten. Er hatte dem Mann Auge in Auge gegenübergestanden, der den Befehl zur Vernichtung seines Dorfes gegeben hatte. Er hatte sich dem spöttischen Blick ausgesetzt, unter dem seine Familie gemartert und geschändet und beinahe ganz ausgelöscht worden war. Er hatte die Hände angeschaut, die vielleicht Moritz oder seinen Vater ermordet haben mochten.
    Was hatte er wissen wollen? Hannes konnte sich schon nicht mehr erinnern. Was hatte er ihm erzählt? Offenbar die sorgfältig erdachten Lügen, die er sich in vielen schlaflosen Nächten eingeprägt hatte, denn von Herzenburg schien zufrieden gewesen, hatte ihn ziehen lassen.
    Alles in Hannes war in Aufruhr, sein Blut schien zu sieden. Mit flüchtigen Gesten bedeutete er den Feldwebeln, die Rekruten noch einmal den Sturmangriff auf die Pferdeattrappen üben zu lassen. Schnellen Schritts überquerte er den Exerzierplatz und huschte in den nahen Wald. Dort, hinter einer Eiche, übergab er sich.

7
    H elena drückte ihre Brustwarze in das weit aufgerissene Babymäulchen, und augenblicklich verstummte das Gequäke. Der Säugling gluckste noch ein paarmal, grunzte und saugte dann gierig an der milchprallen Mutterbrust. Dabei spreizte er die Ärmchen ab und legte Daumen- und Zeigefingerbeere zusammen, so wie Susanna es schon Sänger hatte tun sehen, wenn sie sich sammelten vor dem ersten Ton, oder Kinder im Winter, wenn sie mit Schuhspitzen das Eis prüften, bevor sie es betraten.
    Sie lächelte wie die anderen vier auch, die Helena und dem Kind zusahen, und sie vermutete, dass ihr Lächeln ähnlich selbstvergessen und verklärt aussah wie das auf den Gesichtern der anderen Frauen.
    Julia hatten Piet und Helena ihr Mädchen genannt, obwohl alle sie davor gewarnt hatten. »Name ruft Schicksal!«, hatte der Prinzipal gestöhnt, als er davon hörte, und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Ihre Julia werde es einmal besser machen als Romeos Julia, hielt Helena dagegen, und niemand konnte sie von dieser Überzeugung abbringen.
    Susanna strich sich über den runden Bauch; warm und wie Glück durchperlte es sie. Sie wandte sich ab und kletterte aus dem Thespiswagen. Rowlands Frau würde im nächsten Monat niederkommen, wahrscheinlich in Königsberg oder Danzig. Und im Juni dann war sie selbst so weit, und mit ein wenig Glück würden sie zu der Zeit schon in Bernstadt gastieren und im Schloss der Prinzessin wohnen.
    Zwei Feuer brannten am Kai, drum herum die Wagen in einem zum Strelasund hin offenen Halbrund. Strelasund – so nannten die Bürger von Stralsund die Meeresenge zwischen der Insel Rügen und ihrer Stadt. Susanna ging zu dem Feuer, an dem sie David erkannte. Unter den Schiffen am Kai schaukelte auch die alte Karavelle, mit der sie morgen früh nach Königsberg aufbrechen würden. Von dort wollte Greenley im Laufe des Frühlings nach Danzig reisen und dann weiter nach Schlesien. Die Prinzessin von Bernstadt

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