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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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lange, flaumbärtige des blonden Cornets unter der blauen Standarte mit dem Wappenzeichen der Grafschaft Herzenburg, einem goldenen Hirschgeweih. Oder das kantige und fast ein wenig jungenhafte Gesicht ihres Befehlshabers, des Rittmeisters Maximilian von Herzenburg.
    Dieser zeigte auf die Dahlien. »Solche blühen jetzt auch zu Hause im Burggarten.« Dahlien waren die Lieblingsblumen seiner Mutter gewesen, und sie blühten Jahr für Jahr auf ihrem Grab und auf dem kleineren neben ihrem. Davon jedoch sprach derRittmeister nicht; dabei meinte er, die vertrauten Gräber und die roten Dahlien auf ihnen deutlich vor sich zu sehen.
    »Sieht neu aus.« Mit einer Kopfbewegung deutete der Cornet neben ihm auf das Haus.
    Mathias von Torgau hieß er, ein junger sächsischer Freiherr und Sohn eines Burggrafen, und zudem mit dem Rittmeister verwandt, denn ihre Väter waren Cousins. Ein spitzer Adamsapfel tanzte unter der Haut seines dünnen Halses, wenn er sprach, und eine große Hakennase und hervortretende Augen beherrschten sein gelbliches Gesicht. Schon als kleiner Junge hatte Mathias den sechs Jahre älteren von Herzenburg bewundert, den er nun um eine Handbreite überragte. Wie dieser trug er einen dunkelblauen Reitermantel mit silbernen Tressen und Knöpfen und einen flachen weißen Spitzenkragen über der Brustwehr, und wie der Rittmeister hatte er die weiten Stulpen seiner Hirschlederstiefel mit weißen Spitzen ausgefüllt. Ein blau-roter Federbusch wehte über seiner halbkugelförmigen und mit Nackenschirm, Nasenschutz und Wangenklappen ausgerüstete Sturmhaube.
    »Sieht nach Geld aus. Wollen wir nicht hineingehen, Max?«
    Der Rittmeister löste sich vom Anblick der Dahlien, nickte und stieg aus dem Sattel. Seine Bewegungen hatten etwas Müdes. Er trug einen langen, sorgfältig gepflegten Schnurrbart. Lange schwarze Locken, kunstvoll drapiert, quollen unter der geschwungenen Krempe seines schwarzen Hutes hervor, den er statt der vorgeschriebenen Sturmhaube aufzusetzen pflegte und den schneeweiße Schwanenfedern schmückten.
    Er winkte hinter sich, und die anderen schwangen sich nun ebenfalls von den Pferden. Hinter dem Haus bellte noch immer der Hund, und im Haus sangen noch immer die Kinder – mit dünneren Stimmchen inzwischen, wie es dem Rittmeister scheinen wollte. Darüber schwebte die klare Mädchenstimme noch genauso laut wie zuvor. Die alte, krächzende Stimme hörte er nicht mehr.
    Dafür erkannte er nun hinter dem Fenster die Umrisse einer weißhaarigen Frau. Sie äugte zu ihnen heraus. Die Hände hielt sie wie zum Gebet gefaltet vor der Brust.
    Die Burschen – Trabanten, wie man die Leibgardisten eines Hauptmanns auch nannte – drückten sich an den Offizieren vorbei; der jüngere, Conrad, reichte seinem Herrn den Karabiner und zückte die Klinge. Der andere, Simon, füllte die Pulverpfanne seiner eigenen Feuerwaffe, während von Torgau die Fahne zwischen das Zwiebelrohr am Rand des Gemüsegartens rammte und sein Seitengewehr, einen kurzen Degen, zog. Da stapften die Burschen schon über den Weg der Haustür entgegen, der eine mit blanker Klinge, der andere mit schussbereitem Rohr.
    Nur mit gezückten Seitengewehren und geladenen Rohren in die Gehöfte und Dörfer – so lautete der Befehl des Generals di Spinola, seit vor Tagen in Guntersblum auf der anderen Rheinseite närrische Bauern und Rheinschiffer meinten, ihr Hab und Gut verteidigen zu müssen. Dabei hatten sie Reiter einer spanischen Kompanie erschossen. Seitdem lag Guntersblum in Asche und die Spanier waren vorsichtiger, wenn es zum Fouragieren ging – zum Plündern, Brennen und Schänden.
    Einen wie den jungen Rittmeister Maximilian von Herzenburg musste keiner zur Vorsicht mahnen. Einer wie er war auf der Hut, immer. Und er hatte seine deutsche Kompanie im Griff – Kursachsen zumeist und zwei Rotten Bayern.
    Der General Tilly, Feldherr des bayrischen Herzogs Maximilian, hatte ihn und sein Fähnlein mit einer Botschaft des Kaisers aus Böhmen zu den verbündeten Spaniern in die Generalstaaten geschickt, nach Holland. Von dort aus waren der kursächsische Rittmeister und seine Reiterei unter dem Befehl des Generals di Spinola in die Kurpfalz gezogen, um eine zweite Front gegen den Kurfürsten Friedrich und die protestantische Union zu eröffnen. Gemeinsam mit den Spaniern hatten sie seitdem viele linksrheinische Dörfer und Ortschaften verwüstet, waren mit Gottes Segengegen Kreuznach und Worms gezogen, hatten zwischen Mainz und Oppenheim eine

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