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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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tränkte einen Schwamm mit einer Tinktur und führte ihn in sich ein. Um nicht zu empfangen, hatte sie ihm erklärt.
    David zog sich an. Er fühlte sich leicht und beschwingt – und zugleich beschwerte ihn sein Gewissen. Noch wusste niemand von ihnen, noch war es ihr Geheimnis. Wie lange noch? Eine Frage der Zeit, bis man ihnen auf die Schliche kam – so oft, wie er zu Maria ging.
    Viel Zeit nahmen sie sich selten. Sie taten es, wenn die anderen probten, sie taten es kurz nach den Mahlzeiten, während die anderen noch plauderten, sie taten es morgens, wenn Susanna noch schlief, sie taten es abends, wenn Susanna schon wieder schliefoder wenn sie glaubte, er würde seine Schlaflosigkeit durch einsame Spaziergänge bekämpfen. Manchmal taten sie es in Marias Wagen.
    Er konnte nicht anders. Ihr Körper beschlagnahmte alle seine Sinne. Ihr Lächeln verwandelte sein Gemüt in das eines seligen Knaben. Ihre Worte machten seinen Geist wehrlos. Wenn er einen Tag lang nicht bei ihr war, kreisten seine Gedanken um sie. Er brauchte sie. Wie andere den Wein brauchten.
    Wie hatte es so weit kommen können? Das fragte David sich oft. Vielleicht hatte es mit Johns Geburt zu tun. Den Kleinen stillen, wickeln, herumtragen, in den Schlaf singen – er selbst fand kaum noch Platz in Susannas Leben.
    Oder waren die Briefe an den anderen schuld? Was hatte er Narr sie auch lesen müssen!
    Oder lag der Grund doch einzig und allein in seinem rätselhaften Herzen, an dem unstillbaren Durst darin. Er fragte sich das oft.
    »Ich gehe.« David trat hinter die spanische Wand und küsste sie zum Abschied. Maria stand nackt vor dem Spiegel. Sie sei jetzt Witwe, hatte sie ihm erklärt.
    »Ich muss fort«, sagte sie, »vielleicht schon morgen.«
    »Wohin?«
    »Frag nicht. Mein Vetter ist in großer Not. Er braucht meine Hilfe. Ich werde so schnell wie möglich zurückkehren.« Sie griff über sich und zog seinen Kopf auf ihre Schulter hinab. »Und danach müssen wir eine Entscheidung treffen. So kann ich nicht mehr leben.«
    David wandte sich ab und ließ sie allein.
    Susanna schlief schon. Er rollte sich neben sie in seine Decken. Lange lag er wach. Eine Entscheidung? Wofür? Wogegen? Er brauchte keine Entscheidung.
    Als die Morgensonne ihn weckte, hörte er Susanna und Helena im Nebenzimmer lachen und mit den Kindern scherzen. Seltsam,dass sie so gar nichts merkte. Vielleicht wollte sie es einfach nicht wissen.
    Er stand auf. Sein Blick fiel auf den Tisch – die Feder lag in der Federschale, ihre Spitze glänzte noch von feuchter Tinte. Eine rote Kerze flackerte, das Tintenfässchen war nicht verkorkt. Susannas Buch lag auf dem Tisch, geschlossen. Wenn sie etwas von Maria und ihm wusste, würde sie es sicher ihrem Buch anvertraut haben.
    David sah genauer hin, weil etwas an dem Buch anders aussah als sonst. Richtig – es war dünner geworden. Weil die ersten dreißig oder vierzig Seiten fehlten. Ein bitteres Lachen stieg ihm in die Kehle – hatte sie die alten Briefe und Verse also herausgerissen und verbrannt. Die Briefe und Verse an den anderen.
    Zu spät. Oder?
    *
    Maria kehrte erst im neuen Jahr zurück. Zwei Tage hielt David es aus, dann schlich er früh am Morgen zu ihr. Fortan trafen sie sich wieder beinahe täglich.
    An Ostermontag 1627 gaben Greenleys Komödianten ihre letzte Vorstellung in Dresden. Die Woche darauf packten sie ihre Sachen und zogen nach Osten. Zu Pfingsten spielten sie in Danzig, den Sommer über in Königsberg und im Herbst in Prag. Dort erst erfuhr Susanna, dass David sie betrog. Jedoch nicht von ihm.

12
    E s schneite schon wieder. Zu fünft stapften sie durch den Schnee: Hannes, seine Trabanten und seine Pferdejungen. Neben der Hütte des Trossbäckers rauchte der Backofen. Die Trabanten – zwei junge Gefreite, auf die Hannes sich verlassen konnte – rissen die Plane des Bäckerzeltes auf. »Raus mit dir, Schubart!«
    »Potzdonner! Wer hat euch ins Hirn geschissen?« Einen Knüppel in der Rechten sprang der kleine Bäckermeister aus dem Zelt und holte auch gleich aus. »Dass Blitz und Hagel dir die Knochen …!« Jetzt erst entdeckte er Hannes, ließ den Knüppel sinken und faltete seine Miene zu einem süßlichen Lächeln. »Herr Rittmeister?« Dann sah er die Brotkörbe in den Armen der Pferdejungen, und seine Augen weiteten sich. »Es ist doch hoffentlich keine tote Maus im Teig gewesen?«
    Hannes deutete auf ein Brett, das unter einer Dachplane auf zwei Holzböcken lag. Die Pferdejungen setzten die

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