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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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für Männer. Auch für sich selbst. Sie ist ein hungriger Schlund, der niemals satt werden wird in diesem Leben. Und dein David …« Er seufzte, stand auf und stelzte in die Brandung.
    Susanna saß wie vom Donner gerührt. Der Himmel schien dunkler auf einmal. Ihr Bauch rumorte, ihr Atem flog, ihre Gedanken waren ein Schwarm quakender Wildenten, die ein Musketenschuss aufgeschreckt hatte.
    Plötzlich sprang der lachende John an ihre Knie und umarmte sie. »Was ist los mit dir?« Helena und Julia tauchten vor ihr auf. Susanna hatte nicht gemerkt, dass sie aus der Brandung zurückgekommen waren. Helena wurde bleich. »Du hast von David und Maria erfahren?«
    »Hast du’s gewusst?« Susanna drückte John an sich. Sie zitterte, wünschte, in einem jäh sich auftuenden Loch zu versinken.
    Helena zuckte mit den Schultern. »Eher geahnt. Ich habe dich gewarnt, doch du wolltest nichts davon wissen. Irgendwann dachte ich, es ist dir gleichgültig.«
    Susanna packte den Jungen, stellte ihn neben sich in den Sand und stand auf. Ihr schwindelte. Schwankte der Sandboden? Sie griff nach Helenas Schulter, hielt sich fest, atmete tief. Schließlich stapfte sie zu den anderen und rief nach David. »Kommst du zu mir?« Er stand auf. Sie ging etwas abseits, kämpfte mit den Tränen und biss sich die Unterlippe blutig.
    »Was gibt es denn?« David legte den Arm um sie. Ein Stück gingen sie nebeneinander her, Susanna suchte nach Worten.
    Schließlich blieb sie stehen, schob seinen Arm von ihrer Schulter und sah ihn an. »Man sagt, du und Maria, ihr …« Ihre Stimme brach, David schien zu erstarren. »Du schläfst mit ihr?« Er nickte. Susanna schlug ihm ins Gesicht. »Seit wann?« Ihre Stimme versagte.
    Er blickte zur Seite, hielt sich die Wange. »Seit Dresden.«
    Wieder schlug Susanna zu. »Betrüger!« Sie schrie und schlug wieder zu, und wieder und wieder. Sie schrie ihm ihren rasenden Schmerz ins Gesicht. »Du Lügner! Du falscher Hund! Ich hasse dich! Du verfluchter Ehebrecher!« Irgendwann hörte sie auf zu schlagen und zu schimpfen, holte John und rannte weinend nach Königsberg.
    *
    Im Spätjahr fuhren sie durch Böhmen auf Prag zu. Dörfer und Ländereien erschienen Susanna vernachlässigt und geradezu wüst. So wüst, wie sich ihr Inneres anfühlte.
    Der Krieg hatte die Böhmen entmutigt. Der Krieg und der Kaiser, der sie mit harten Strafen zwingen ließ, gegen ihr Gewissen wieder katholisch zu beten, wieder katholisch Gottesdienst zu feiern, ihre Kinder wieder katholisch zu taufen. Den Leuten fehlte der Mut, das Land wieder aufzubauen, sie hofften nichts mehr für ihre Zukunft.
    So auch Susanna: Die Zukunft schien ihr ein dunkles Loch. Die Demütigung brannte in ihr wie Salz in einer Wunde. Sie nähte nichts, stickte nichts mehr, kümmerte sich nur noch um das Allernötigste: um das Kind. Sie ging mit den Komödianten nach Prag, ja, doch nur, weil sie nicht wusste, wohin sonst. Die Furcht, wieder zu Treibgut des Lebens zu werden, machte ihre Glieder schwer und verdüsterte ihr das Gemüt.
    Bis hin nach Prag schien ihr das Land verwahrlost und hässlich. Sie fragte sich, wie es wohl an der Bergstraße und im Neckartal aussah. Auf dem Weg nach Danzig hatten sie einen reformierten Pfarrer aus Mosbach getroffen. Der hatte aus der Pfalz fliehen müssen. Alle reformierten Prediger hatten von Neckar und Bergstraße fliehen müssen – Heidelberg war schon wieder ganz katholisch. Und im Umland, so erzählte der Mann, trieben die Jesuiten den Leuten es mit Hilfe der bayrischen Soldaten aus, noch länger an die Rechtfertigung vor Gott allein durch den Glauben festzuhalten.
    Susanna und David hatten entsetzlich gestritten. »Nun habe ich eben zwei Frauen«, hatte David am vorletzten Tag in Königsberg erklärt. »Das hatten unsere Erzväter auch.«
    Daraufhin schmiss Susanna ihm einen Weinbecher an den Kopf, einen vollen. »Besinnt er sich also plötzlich auf die Erzväter, der Herr Komödiant?«, schrie sie. »Wird er am Ende gar noch fromm vor lauter Geilheit?« Und: »Drei Frauen soll er haben, vier von mir aus – aber ich werde nicht dazugehören!«
    Nach diesem Streit konnte er nicht auf die Bühne, weil eine große farbige Beule an seiner Stirn schwoll. Und nach diesem Streit zog Susanna vom gemeinsamen Nachtlager aus. Jetzt, auf der Fahrt, schlief sie mit dem Jungen und der Katze bei Greenley und Aaron im Wagen.
    Kurz vor Prag schien das Land fruchtbarer zu werden, sah man auch kaum noch abgebrannte Dörfer und zerstörte

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