Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
Zeugin dieses Streites wurde. Sie begriff sofort, was das bedeutete: Trennung und Abreise nach England.
*
»Hast du Taylor vergiftet oder nicht?« David war außer sich.
»Traust du mir so etwas zu?«
Er sah sie an, ihr Blick war traurig. »Eigentlich nicht, aber normalerweise kann man Christophers Urteil schon trauen.«
»Du musst dich entscheiden, ob du ihm trauen willst oder mir.« Maria zog ihn an sich. Wie gut es sich anfühlte, wenn ihr weicher Körper sich an ihn schmiegte. »Und du musst dich entscheiden, wohin du gehen willst – mit dem Prinzipal nach London oder mit mir ins Herzogtum Pommern.«
»Nach Pommern? Und wovon soll ich meine Familie ernähren? Ich kann doch nicht allein eine einzige Komödie bestreiten! Wenigstens einen Bären bräuchte ich, jemanden, der mit mir tanzt.«
»Vielleicht kann man ja den einen oder anderen überreden, mit uns zu gehen. Wer weiß?«
Davids Blick erforschte ihre Miene. Was ging hinter dieser schönen Stirn vor? »Du willst eine eigene Compagnie gründen?«
»Du und ich.« Sie küsste ihn auf den Mund, ging zum Fenster, sah hinunter auf den Hof, wo ein dutzend Diener des Gouverneurs den Komödianten halfen, ihre Wagen zu packen. Von fern hörte man die Hammerschläge aus der Schmiede. Der Gouverneur von Prag bezahlte auch neue Hufe für die Pferde. »Trenne dich von Greenley, David. Mein Mann hat mir Güter und ein Schloss in Pommern hinterlassen. Du brauchst dich nicht zu sorgen.«
»Und meine Frau und mein Kind?«
»Du brauchst dich nicht sorgen, hörst du nicht zu? Ich kann dich sogar zum Freiherrn machen, sogar zum Baron. Dazu habe ich bereits Schritte unternommen.«
»Was hast du?« Plötzlich begriff er, wie ernst es ihr war und wie wenig Gedanken er sich gemacht hatte. Der Augenblick hatte für ihn gezählt, die Lust, ihr Körper. Sie dagegen hatte längst an die Zukunft gedacht. »Ich bin keiner, der seine Zeit mit Empfängen, Kriegen, Pferden und Jagd zubringen kann wie ihr Edelleute. Ich kann nicht müßiggehen, ich muss etwas schaffen.«
»Das sollst du auch.« Sie drehte sich um, verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn an. »Ich habe Beziehungen nach Stralsund, das liegt in meinem Erbland. Es gibt Männer im Magistrat, die denken daran, ein Theater in der Stadt zu bauen, seit ich ihnen davon gesprochen habe. Der Herzog von Pommern wird Geld geben. Der alte Trunkenbold ist froh, wenn er sich ein wenig beliebt machen kann in der Stadt.« Sie lächelte. »Wir gehen nach Stralsund, David. Wir helfen mit, dort ein Theater zu bauen. Und du wirst der erste deutsche Komödiant an einem festen Theater einer Hansestadt sein.«
*
Susanna saß schweigend dabei, als David mit Piet und Helena van Dam und Charles Rowland sprach. Eine ganze Nacht lang redete er auf sie ein – und überzeugte sie am Ende. Ein Theater in einer deutschen Reichsstadt und sie fest angestellt – ein solches Angebot erhielt man nicht oft im Leben.
Bei der Trennung flossen viele Tränen. Greenley wollte Susanna gar nicht mehr loslassen. Bevor er zu Aaron in seinen Wagen stieg, nahm er John auf den Arm und raunte ihm ein paar Sätze auf Englisch ins Ohr. Es klang wie ein Segen.
Von David verabschiedete er sich nicht. Keines Blickes würdigte er seinen besten Schüler. Ihn, seinen Lehrer zu verlassen, empfand er schon als maßlose Kränkung. Auch noch die van Dams und Rowland mitzunehmen, wollte er ihm gar nicht verzeihen.
Sie verließen Prag durch zwei unterschiedliche Tore. Die englische Wandertruppe zog nach Westen dem Rhein entgegen, Susanna und David mit Rowland, Piet und Helena nach Norden an die Oder. Maria von Bernstadt hatte dafür gesorgt, dass kaiserliche Soldaten sie bis zur Grenze des Kurfürstentums Brandenburg eskortierten.
Dass Helena und ihr Mann mitzogen, machte es für Susanna leichter. Bevor die Entscheidung fiel, hatte sie lange mit sich gekämpft. Warum denn nicht ohne den treulosen David nach London gehen? Doch womit hätte sie denn John und sich den Lebensunterhalt sichern sollen? Als Kostümschneiderin? Als Hure am Ende? Vor allem aber wollte sie dem Kind den Vater nicht nehmen. Also zog sie mit nach Stralsund hinauf.
Die Prager Stadtmauer blieb zurück, Wehmut und Abschiedsschmerz machten Susanna das Herz schwer. Vergeblich hielt sie Ausschau nach Christophers Tross. Ihr Söhnchen lehnte gegen ihre linke Seite und seufzte im Schlaf. Plötzlich spürte sie Davids Hand auf ihrer Rechten. »Danke«, flüsterte er. »Danke, dass du mit mir
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