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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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versprech ich dir.«
    Er konnte lange nicht einschlafen, doch als ihn endlich der Schlaf übermannte, träumte David, was er so oft träumte in den letzten Wochen: Die schöne Susanna lächelte ihn verliebt an, dann schloss sie die Augen und ließ sich von ihm auf den Mund küssen.
    Am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang, huschte David aus der Baracke, schwang sich auf eines der Pferde und ritt in die Stadt hinein.
    Seit zu Beginn des Jahres der König Jakob seinen General Sir Horace Vere ins Reich geschickt hatte, um von der Festung Mannheim aus die kurpfälzischen Truppen zu befehligen, hatteman über tausend englische und schottische und noch einmal so viele kurpfälzische Soldaten in Heidelberg einquartiert. Inzwischen wusste es jeder, und viele hatten es am eigenen Leib zu spüren bekommen: Nicht wenige der englischen und schottischen Waffenknechte hatte der General aus Londoner Kerkern heraus zwangsrekrutiert und ihnen mit der Todesstrafe gedroht, sollten sie Fahnenflucht begehen. Etliche waren dennoch geflohen, viele aber zogen es vor, die Heidelberger zu drangsalieren und sich an ihrem Hab und Gut zu bereichern.
    Schwere Zeiten für die Residenzstadt, und David war heilfroh, auf seinem morgendlichen Ritt nur zwei Nachtwächtern zu begegnen. Die Wachschichten der Soldaten gingen entlang der Stadtmauern und oben auf dem Schloss Patrouille. Nur kurz vor oder kurz nach der Wachablösung sah man sie in den Gassen von Heidelberg.
    Gut so.
    David wählte enge Gassen für seinen Weg, bog erst kurz vor dem Marktplatz Richtung Neckar ab. Es war so eisig kalt, dass sein kurz geschorener schwarzer Bart sich in einen weißen Vollbart verwandelt hatte, als er das Haus an der Nordmauer erreichte. Hier wohnte sie. Bei ihrem Onkel, einem Tuchmacher namens Weber. Hinter den Fenstern leuchtete noch keine einzige Öllampe.
    Also weiter – hinauf zur Hauptstraße, über den Marktplatz, an der Heilig-Geist-Kirche, dem Spital und der Hofkanzlei vorbei und schließlich in die Schlossstraße hinein. Davids Augen tränten von der schneidenden Kälte, und seine Nase spürte er kaum noch. Inzwischen graute der Morgen.
    Auf halber Höhe der ansteigenden Straße zweigte eine Treppe ab, die zur Ostmauer hinunterführte. Dort hielt David sein Pferd an. Hier, auf der obersten Stufe, saß sie manchmal, blies auf einer Flöte oder schrieb in ein Buch oder sah einfach nur auf Stadt und Neckar hinunter. Heute Morgen war ihr Platz leer.
    »Susanna …« David liebte es, ihren Namen auszusprechen.Sein Klang schmerzte ihn – hartnäckig verweigerte sie sich seinen Annäherungsversuchen – und machte ihn zugleich froh.
    Er hatte gehofft, sie würde wie oft an Samstagen auch an diesem die frühe Morgenstunde nutzen, um hierherzukommen und nach Wanderern auf dem Heiligenberg, nach Tauben aus ihrem Heimatort oder nach wusste der Himmel was Ausschau zu halten. Von einem heimlichen Geliebten hatte ihr Cousin erzählt, und von ihren Eltern und Großeltern, die in Handschuhsheim zurückgeblieben waren. Der frühe Morgen galt unter den Frauen Heidelbergs als die beste Tageszeit, unbehelligt auf die Straße zu gehen: Die oft derben und zudringlichen Soldaten taten um diese Zeit entweder Dienst oder schliefen noch ihren Rausch vom Vorabend aus.
    David wartete.
    Seit Ende November beobachtete er Susanna, wenn sie hier oben auf der Treppe hockte oder gegen die Sandsteinbrüstung lehnte und sehnsüchtig über den Fluss spähte. Ein paarmal war er wie zufällig die Treppe hinaufgelaufen, hatte seinen Jean-Potage-Hut vor ihr gezogen, sich verbeugt und gesungen, gefiedelt, jongliert und dergleichen. Einmal hatte er sogar seinen Tanzbären Bela mitgenommen und der Angebeteten ein Bärentänzchen vorgeführt. Alles umsonst. »Ich spreche nicht mit Männern, die sich in einer Uniform oder hinter der Maskerade eines Narren verstecken«, hatte sie ihm erklärt.
    Wo sie wohnte und wer ihre Familie war, hatte er schnell herausgefunden. Beim Holzsammeln am Gaisberg passte er dann ihren jüngeren Cousin Martin ab. Mit ein paar Kunststücken und kleinen Geschenken gewann David das Vertrauen des Burschen. Susanna sei eine geschickte Stickerin, hatte der erzählt, und seit drei Jahren trotze sie dem Willen ihres Vaters, eines Schneidermeisters, der sie mit einem Gesellen verheiraten wolle. Und Hannes hieß er, der heimliche Geliebte, sehr kräftig sei er, sehr blauäugig und blond; und spurlos verschwunden sei er auch.
    Gut so.
    Seit Silvester arbeitete David an einem

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