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Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helke Böttger
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verköstigen. Als sie ablegten und die Segel setzten, half Victoria sogar bei den üblichen Handgriffen, soweit es ihre verkrüppelten Hände erlaubten.
    Schließlich segelten sie über die ruhige See, vom Land aus gesehen waren sie ein weißer Punkt am Horizont, während sie von der Insel nur noch einen dünnen Streifen ausmachen konnten.
    Dieses Mal steuerte Francisco das Boot zu einer kleinen, unbewohnten Felseninsel, die einige Seemeilen entfernt lag. Auch hier waren sie ungestört, und Victoria zog tatsächlich ihre Sachen aus und den Badeanzug an und sprang mit ihm ins Wasser. Sie tobten und alberten in den sanften Wellen ausgelassen wie Kinder. Das Schwimmen fiel ihr nicht leicht, weil sie mit ihren Händen wenig ausrichten konnte, aber sie hatte keine Angst. Francisco war ein ausgezeichneter Schwimmer und zeigte ihr, wie sie mit Hilfe ihrer Beine die fehlende Muskelkraft in den Händen kompensieren konnte.
    Die Stunden verrannen, und als die Sonne sich zum Horizont neigte, stand Victoria vor der Frage, ob sie die Nacht auf dem Boot in dieser Bucht oder zu Hause in ihrem Bett verbringen wollte.
    »Es tut mir leid, ich habe nur ein Bett auf dem Boot«, sagte Francisco entschuldigend. »Aber es ist groß genug für uns beide. Und ich bin ein Gentleman.« Er hob beide Hände, um ihr anzuzeigen, dass er mit ihnen nichts Unartiges anstellen würde.
    Sie runzelte die Stirn. Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen. Konnte sie es wagen, die Nacht auf dem Boot zu verbringen? Wie würde sie auf die ungewohnte Umgebung und die Nacht mit ihrer absoluten Dunkelheit auf dem Meer reagieren?
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie vage.
    »Ich werde nichts tun, was du nicht möchtest, das verspreche ich dir.«
    Sie nickte abwesend. »Das glaube ich dir. Darum geht es nicht.«
    Er grinste. »Wenn es nicht darum geht, was ich mache, dann ist ja alles gut. Ich hätte sonst als nächstes angeboten, an Deck zu schlafen.«
    Er lauerte auf ihre Reaktion.
    Sie zog eine Augenbraue nach oben. »Du willst an Deck schlafen? Wird das in der Nacht nicht zu kalt? Und kannst du nicht herunterfallen?«
    »Beides ist möglich«, erwiderte er so ernst wie möglich, wobei er sich Mühe gab, ein Schmunzeln zu unterdrücken. Die Nächte waren warm genug und ins Meer zu fallen war unmöglich.
    Doch sie durchschaute ihn. »Du machst dich lustig über mich.«
    Er trat zu ihr und umarmte sie. »Ich mache mich nicht lustig über dich. Ich möchte nur nicht, dass dieser Tag schon zu Ende geht. Es wird dir hier nichts passieren, das verspreche ich dir. Auf dem Meer bist du absolut sicher. Hier gibt es wirklich nur mich und die Seeluft. Niemanden sonst. Und du kannst frei entscheiden, ob ich auf dem Deck schlafen soll oder ob du die Koje vielleicht mit mir teilst, wobei ich schwöre, dir nicht zu nahe zu treten.«
    Er hatte Recht. Hierher würde sich ein Serienmörder mit Sicherheit nicht verirren. Das mit dem Bett war eine andere Sache. Sie hatte nichts dagegen, ihn ganz nah bei sich zu spüren. Auch wenn sie noch lange nicht soweit war, mehr zuzulassen. Aber wenn er ihr tatsächlich nicht zu nahe treten wollte, musste sie sich deswegen keine Gedanken machen.
    Sie lächelte. »Gut. Dann bleiben wir hier«, entschied sie. Sie fühlte sich zwar dennoch ein wenig angespannt, aber damit konnte sie umgehen.
    Sie saßen lange an Deck und unterhielten sich über die Insel, über die Leute und das Leben hier. Er brachte ihr sogar ein paar verdorbene spanische Redewendungen bei, die sie vermutlich niemals gebrauchen konnte. Sie scherzten und lachten viel, und sie genoss es, sein Lächeln zu sehen, das nach der gestern gezeigten Trauer über seine Familie in sein Gesicht zurückgekehrt war.
    Als die Sonne untergegangen war, gingen sie zusammen hinunter in die Kajüte, wo sich das Bett befand. Es war nicht gerade breit, aber reichte tatsächlich für zwei Personen.
    Zuerst durfte sie das kleine Bad betreten und sich auf die Nacht vorbereiten, danach verschwand er darin. Währenddessen kroch sie bereits in die kleine Koje und kuschelte sich unter die Decke. Als er folgte, schmiegte sie sich eng an die Wand, um ihm genug Raum zu lassen.
    Ihr Herz klopfte, als sie seinen warmen Körper so nah bei sich spürte, seinen männlichen Duft wahrnahm und sein Fuß den ihren streifte. Er drehte sich ihr zu und strich mit der Hand sanft über ihre Wange.
    »Du riechst gut.« Sie konnte hören, dass er tief Luft holte, um den Duft ihres Parfüms einzuatmen. »Ich bin froh, dass du

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