Der gefährliche Traum (German Edition)
könnte.«
In genau diesem Augenblick wachte Max nass geschwitzt auf. Wie ein gehetztes Tier sah er sich um. Erleichtert entdeckte er die Poster an den Wänden, seinen Schreibtisch und sein Bett. Sogar über die Röschen auf der Tapete freute er sich. Doch kaum hatte sich das Herzrasen etwas gelegt, schossen ihm wie verrückt Fragen durch den Kopf. Was um Himmels willen sollten diese Träume? Warum träumte er immer wieder von diesem Jungen und der Entführung Friederikes? Ihm war bewusst, dass die Träume von Mal zu Mal länger und realer wurden. Und sie machten ihm inzwischen richtig Angst. Und schon drängte sich ihm ein anderer, weitaus schrecklicherer Gedanke auf. Was, wenn er aus einem bestimmten Grund das alles träumte? Wenn der Traum immer wieder und wieder kam, bis die Geschichte zu Ende war oder er etwas Bestimmtes getan hatte? Bei den Märchen war es doch auch so. Der Held hatte eine Aufgabe, und wenn er sie erfüllt hatte, gab es ein Happy End. Wenn es hier auch so war? Und wenn es kein glückliches Ende gab? Der letzte Gedanke des Räuberjungen fiel ihm ein und ließ ihn nicht mehr los. Sollte er auch mit jemandem reden? Aber mit wem?
Legende oder Wahrheit
D en ganzen Schultag über hatte sich Max Gedanken gemacht, ob und wie er Fritzi einweihen sollte. In beinahe jeder Unterrichtsstunde wurde er ermahnt, besser aufzupassen. Das Referat hielt er in der dritten Stunde. Es war wie erwartet eine Katastrophe. Julian und seine Freunde hatten sogar absichtlich gegähnt. Wenigstens hatte Doktor Büttich darauf verzichtet, ihm auf seinen Vortrag eine Note zu geben. In den Pausen versuchte Max, dem Sohn des Bürgermeisters auszuweichen.
Ein Mädchen aus seiner Klasse, das Annemarie hieß und ihn offenbar mochte, hatte ihn gleich zu Unterrichtsbeginn gewarnt. »Die drei suchen nach dir. Sie sagen, du schuldest ihnen noch was. Wenn du mich fragst, solltest du ihnen lie-ber aus dem Weg gehen. Sie klangen nicht gerade freundlich.«
Daraufhin hatte sich Max in jeder Pause ins Klo eingesperrt. Wenigstens hatte er dort genügend Zeit, in seinen Gedanken das Gespräch mit Fritzi durchzuspielen. Allerdings endete es immer gleich. Fritzi lachte ihn aus oder erklärte ihn für verrückt. Aber vielleicht war er das ja auch. Andererseits, warum sollte er sich ausgerechnet Fritzi anvertrauen? Bis Samstag hatte er sie noch für eine verzogene Schlosszicke gehalten, die nervte, auch wenn er sich inzwischen eingestehen musste, dass sie gar nicht so schlimm war. Außerdem kannte sie sich am besten mit dieser Entführungsgeschichte aus. Und, was noch mehr zählte, er hatte bislang keine anderen Freunde, denen er von seinen Träumen erzählen konnte.
Zum Unterrichtsende hatte Max noch immer keinen Mut gefunden, Fritzi anzusprechen. Er wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Also konzentrierte er sich auf Julian. Mit dem Schlussgong packte er seine Schulsachen in den Rucksack und stürmte als Erster aus dem Klassenzimmer. Im Fahrradkeller der Schule nestelte er allerdings so lange an seinem Zahlenschloss herum, dass Fritzi ihn eingeholt hatte.
»Wollen wir zusammen nach Hause fahren?«, fragte sie.
»Meinetwegen«, brummte Max. War das die Gelegenheit, sie anzusprechen?
Während er dastand und überlegte, war Fritzi schon auf ihr Rad gestiegen und losgefahren. »Komm schon!«, rief sie ihm zu.
Verärgert, weil er eine Chance verpasst hatte, radelte Max ihr hinterher.
Auf dem Weg hinauf zum Schloss bot sich jedoch eine erneute Gelegenheit. Fritzi war vom Rad gestiegen und schob es den Berg hinauf.
»Hast du gewusst, dass dieser Fahrradweg nur wegen mir angelegt worden ist? Als ich eingeschult wurde, hat mein Vater alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass der Landkreis ihn baut. Natürlich hat er nicht gesagt, baut den Weg für meine Tochter. Nein. Mein Paps ist viel klüger. Er hat damit argumentiert, dass man dadurch viel mehr Touristen anlocken kann. Und mehr Touristen bedeuten mehr Geld.« Sie grinste verschmitzt. »Jetzt haben wir beide etwas davon.«
Max hatte kaum zugehört. Er quälte sich immer noch mit der Frage, ob er Fritzi von seinen Träumen erzählen sollte oder nicht.
»He! Das war eben witzig. Du solltest wenigstens so tun, als fändest du es lustig«, schimpfte sie gespielt.
Max sah sie verdutzt an. Er hatte keine Ahnung, wovon sie redete.
»Schon gut! Ich nerv dich. Hab’s verstanden«, sagte Fritzi leicht gekränkt und machte Anstalten, aufs Rad zu steigen.
Blitzschnell griff Max nach dem
Weitere Kostenlose Bücher