Der gefaehrliche Verehrer
nicht. Es interessiert ihn nur, dass du mit mir zusammen bist. Ich will dich raushaben aus diesem Fall. Ich will, dass du ersetzt wirst. Ich will dich nicht mehr in meiner Nähe haben, bis das alles vorbei ist.«
Boyd zerdrückte einen Pappbecher in seiner Hand und warf ihn in einen Papierkorb. »Mach dich nicht lächerlich.«
»Ich mache mich nicht lächerlich. Ich denke praktisch.« Sie wandte sich an Althea, eine Bitte in ihren Augen. »Sprechen Sie mit ihm. Auf Sie wird er hören.«
»Tut mir leid«, sagte Althea nach einem Moment. »Ich stimme ihm zu. Wir beide haben einen Job, und Sie sind im Moment unser Auftrag.«
Verzweifelt fuhr Cilla wieder zu Boyd herum. »Dann gehe ich selbst zum Captain.«
»Er weiß bereits über den Anruf Bescheid.«
Sie sprang auf. »Ich erzähle ihm, dass ich mit dir schlafe.«
»Setz dich, Cilla.«
»Ich werde darauf bestehen, dass er dich von dem Fall abzieht.«
»Setz dich«, wiederholte Boyd. Seine Stimme war noch immer sanft, doch diesmal gab Cilla nach und ließ sich auf ihren Stuhl zurückfallen. »Du kannst zum Captain gehen und einen anderen Polizisten verlangen. Du kannst darauf bestehen. Das macht keinen Unterschied. Wenn er mich von dem Fall abzieht, gebe ich einfach meine Dienstmarke ab.«
Ihr Kopf schnellte hoch. »Das glaube ich dir nicht.«
»Stell mich auf die Probe.«
Er ist zu ruhig, erkannte Cilla. Und zu entschlossen. Wie eine Steinmauer, dachte sie verzweifelt. Wenn er so war, hatte es keinen Sinn, sich ihm direkt in den Weg zu stellen. »Boyd, ist dir denn nicht klar, dass ich es nicht ertragen könnte, wenn dir etwas zustößt?«
»Ja«, sagte er langsam. »Es ist mir klar. Aber dir sollte auch klar sein, dass ich genauso verletzbar bin, was dich angeht.«
»Darum dreht sich doch alles.« Verzagt und um ihren Worten Nachdruck zu verleihen ergriff sie seine Hände. »Du bist verletzbar. Hör auf mich.« In ihrer Verzweiflung zog sie seine Hand an ihre Wange. »Acht Jahre habe ich mir über eines den Kopf zerbrochen. Wenn damals irgendjemand anderes mit meiner Mutter in diesem Raum gewesen wäre, ein anderer als mein Vater, wäre sie dann aufmerksamer, wäre sie schneller gewesen? Wäre sie konzentrierter gewesen? Treib es nicht so weit, dass ich mir für den Rest meines Lebens die gleiche Frage über dich stellen muss.«
»Deine Mutter war nicht vorbereitet. Ich bin es.«
»Nichts, was ich sage, ändert deine Meinung.«
»Nein. Ich liebe dich, Cilla. Irgendwann bald wirst du das akzeptieren müssen. In der Zwischenzeit musst du mir vertrauen.«
Sie zog ihre Hand weg und ließ sie in den Schoß sinken. »Dann gibt es nichts mehr zu sagen.«
»Da ist noch das hier.« Er zog eine Akte zu sich heran. »John McGillis.«
Ihr Kopf schmerzte. Cilla presste die Hände gegen ihre Augen. »Was ist mit ihm?«
»Er ist tot.«
Langsam senkte sie die Hände. »Tot?« wiederholte sie dumpf. »Aber er war doch noch ein Kind. Bist du ganz sicher?«
»Ja.« Der Mann in ihm wünschte sich, ihr das ersparen zu können. Der Cop wusste, dass er es nicht konnte. »Er hat vor fünf Monaten Selbstmord begangen.«
Einen Moment starrte sie bloß vor sich hin. Das Blut wich aus ihrem Gesicht. »Oh Gott. Oh du mein Gott. Er … er drohte damit, aber ich glaubte nicht …«
»Er war labil, Cilla. Er war immer wieder in therapeutischer Behandlung, seit er vierzehn war. Hatte Schwierigkeiten mit seiner Mutter, in der Schule, mit seinen Altersgefährten. Er hatte davor schon zwei Selbstmordversuche hinter sich.«
»Aber er war so ruhig. Er bemühte sich so, mich …« Sie stockte und presste die Augen zu. »Er hat sich umgebracht, nachdem ich Chicago verlassen habe. Genau, wie er es gesagt hat.«
»Er war gestört«, sagte Althea sanft. »Tief gestört. Ein Jahr, bevor er Kontakt zu Ihnen aufnahm, hatte er eine Beziehung mit einem Mädchen. Als sie den Kontakt zu ihm abbrach, schluckte er eine Hand voll Barbiturate. Er war eine Weile in der Klinik. Und er war erst ein paar Wochen wieder draußen, als er die Verbindung zu Ihnen suchte.«
»Ich war grausam zu ihm.« Cilla drehte ihre Handtasche immer wieder auf ihrem Schoß herum. »Wirklich grausam. Damals dachte ich, das wäre die beste Art, um mit der Sache fertig zu werden. Ich dachte, es würde ihm zwar wehtun und er würde mich eine Weile hassen, dann aber ein nettes Mädchen finden und …«
»Ich werde dir nicht sagen, dass es nicht deine Schuld war. Du bist nämlich klug genug, um das selbst zu wissen.«
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