Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)
Tristan folgte ihm, während er die Details des Gebäudes in sich aufsog. Sie hatten hinter dem Anwesen geparkt und folgten nun einem gepflasterten Weg, der auf beiden Seiten von Blumenbeeten gesäumt wurde. Da ihm einige bekannte Düfte in die Nase stiegen, vermutete er, dass auch Küchenkräuter zwischen die dekorativen Blumen gesetzt worden waren, was wohl hieß, dass die Tür, auf die sie gerade zusteuerten, zur Küche führte.
Benjamin drehte den Türknauf und betrat das Haus. Er schaltete das Licht ein und erhellte damit einen großen Vorraum. Nervös warf er einen Blick über die Schulter zurück zu Tristan, der ihm schweigend folgte. Sein Körper sehnte sich noch immer mit jeder Faser danach, Tristan zu berühren. Sein Wolf verlangte eine Paarung. Und nun waren sie allein, mit nichts und niemandem in der Nähe, das sie aufhalten konnte.
Ein zweiter Lichtschalter tauchte eine große, moderne Küche mit chromblitzender Edelstahleinrichtung ins Licht. Eichenschränke und –möbel verliehen dem Raum eine heimelige Atmosphäre.
»Setz dich und ich schau‘ mal, ob ich für uns was zu essen auftreiben kann.«
Benjamin setzte Kaffee auf und belegte für jeden von ihnen ein großes Sandwich. Seines bestand hauptsächlich aus Roastbeef, aber Tristans belegte er zusätzlich mit Meerrettich, Käse, Salat und Tomaten.
Jede weitere Minute des Schweigens spielte auf seinen Nerven wie auf einer Gitarrensaite, die man zu fest gespannt hatte. Nachdem er den Tisch mit Tellern und Tassen gedeckt und Milch und Zucker in Reichweite gestellt hatte, ließ sich Benjamin in den Stuhl gegenüber Tristan sinken, der gedankenverloren auf sein Sandwich starrte. Benjamin wusste, dass er etwas sagen musste, um die Kluft zwischen ihnen zu überwinden, die er durch sein Verhalten im Auto geschlagen hatte.
»Es tut mir leid«, begann er schließlich.
Tristan sah auf, das Gesicht ausdruckslos.
»Ich hätte beinahe zugelassen, dass man uns überfällt und dann hab‘ ich dich auch noch praktisch entführt und die Situation ausgenutzt. Meine Kontrolle ist im Augenblick nicht die beste, aber das ist keine Entschuldigung. Du hast mir vertraut und ich habe dieses Vertrauen missbraucht. Das war wohl nicht gerade das, womit du gerechnet hast, als du mir deine Hilfe angeboten hast, vermute ich.«
Benjamin hielt inne, um Tristans Gesicht zu mustern. Zum ersten Mal, seit er dem jungen Mann begegnet war, konnte er keine Gefühle darin lesen.
Tristan presste die Lippen fest aufeinander und hielt den Blick auf seine ineinander verschränkten Hände gesenkt, während er sich genau überlegte, was er sagen wollte. Er wusste, dass er zum Plappern neigte, besonders dann, wenn starke Gefühle im Spiel waren. Und möglicherweise würde er nur diese eine Chance bekommen, um etwas zu sagen.
Letztendlich entschied er sich dafür, Benjamin seine falsche Interpretation zu verzeihen. Tristan wusste, dass Benjamin ihn begehrte und dass der Wolf auf seine Berührungen reagiert hatte wie auf die eines Gefährten. Das war genug. Fürs erste.
»Meine Erinnerung an heute Nacht unterscheidet sich ein wenig von deiner. Du hast mir das Leben gerettet, mich beschützt und dich um mich gekümmert und danach haben wir... naja… Wir haben es auf jeden Fall beide gewollt.« Tristans Augen wurden dunkel, als die Erinnerung an Benjamins Körper an seinem wieder in ihm aufstieg. »Glaub‘ nicht, dass das, was heute Nacht zwischen uns passiert ist, nur eine Folge des Überfalls war. Ich habe schon Fantasien von dir, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«
Benjamin schluckte, während er versuchte, seine Gefühle und seine vom Mondzyklus beeinflussten Instinkte zu trennen. Es gab keinen Zweifel daran, dass er auf Tristan reagierte und zwar auf eine Weise, wie er es nie zuvor erlebt hatte. Aber was die Gründe dafür anging, konnte er im Moment seinem Urteilsvermögen nicht über den Weg trauen.
»Ich mach‘ dir einen Vorschlag«, bot er Tristan an. »Lass uns warten, bis der Vollmond vorbei ist, und sehen, was dann passiert.«
Grinsend nickte Tristan und griff nach seinem Sandwich.
***
Mondlicht fiel durch das Fenster in Tristans Schlafzimmer und malte silberne Muster auf den dunklen Holzboden. Benjamin hatte die Vorhänge zwar zugezogen, als er Tristan das Zimmer gezeigt hatte, doch dieser hatte sie wieder geöffnet und das Fenster gekippt, bevor er in das riesige Doppelbett gekrochen war.
Er konnte Benjamin spüren, der die letzten Stunden der Nacht
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