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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bou Akbir. Navrimont sah verfallen aus, als habe er schon tagelang im Sarg gelegen.
    »Man braucht Sie, Doktor«, sagte er mit kaum vernehmbarer, heiserer Stimme. »Ali ben Achmed ist plötzlich erkrankt. Ich habe, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, sofort aus Ouargla einen Hubschrauber angefordert. Achmed hat … verdammt noch mal … er hat die Hadjar-Krankheit! Was nun, Doktor?«
    »Nichts!« Dr. Bender blickte auf Cathérine. Sie lag im Morphiumschlaf. »Für sie ist es zu spät … für Achmed ist es zu spät … für alle ist es zu spät! Wir leben in einem Totenhaus, Navrimont. Aber von mir aus fliegen wir nach Algier mit dem Scheich …« Er senkte den Kopf, und seine Wangenmuskeln mahlten. »Ich werde ihn begleiten … und ich werde mich in Algier mit Pierre Serrat unterhalten –«
    Die Rückkehr in die Oase Bou Akbir war wie der Einzug in ein Gräberfeld. So schnell es die versandete Piste erlaubte, fuhr Dr. Bender mit dem Jeep Navrimonts zu Ali ben Achmed. Die drei Reiter hatten ihn in ihre Mitte genommen … einer ritt mit wehender Dschellabah voraus, die beiden anderen folgten in der Staubwolke, die der kleine, hüpfende Wagen aufwirbelte.
    Bou Akbir lag noch immer unter Sand begraben. Stumm, verbissen arbeiteten die Menschen und gruben ihre Häuser, Gärten, Brunnen und Ställe aus. Sie arbeiteten für ihr nacktes Leben, denn hier, mitten in der einsamsten Wüste des Erg Tifernine, bedeutete Kapitulation vor dem Sand auch gleichzeitig den Tod.
    Was an Tieren laufen konnte, schleppte die geflochtenen Körbe voller Sand weg und kippte sie am Rande der Oase an den neuen Dünen aus. Ein ununterbrochenes Kommen und Gehen war das, eine Karawane aus Kamelen, Eseln, Rindern und Frauen, die ihre Sandkörbe auf dem Kopf wegtrugen. Sogar die Hunde hatte man eingesetzt … findige Bauern hatten sie vor kleine Karren gespannt und ließen sie unter großem Geschrei die Lasten ziehen. Es war wie in einem Ameisenhaufen, in den man mit einem Stock gestochen hat … ein Gewimmel von Leibern überzog den ganzen Ort.
    Dr. Bender fuhr sofort zum Haus Achmeds. Dort empfing ihn der Haushofmeister, ein dicker, brutaler Kerl, der Bender ein paarmal unten in dem Kellergrab mit den Fäusten geschlagen hatte. Jetzt war er von einer hündischen Unterwürfigkeit, weinte, als er Bender ins Haus geleitete, und berichtete mit wankender Stimme von den Leiden seines Herrn.
    »Jetzt ist er ruhig, ganz ruhig …«, sagte er. »Er betet –«
    »Das wird ihm in seiner Lage wenig nützen«, antwortete Bender fast brutal. »Wenn das so einfach wäre, Viren wegzubeten –«
    Im Schlafzimmer Achmeds saß der alte Priester Kebir neben dem Diwan und las leise aus dem Koran vor. Ali sah grau und verfallen aus, ein Gesicht wie aus Asche. Die Augen hielt er geschlossen, die Lippen schimmerten bläulichrot. Er hatte sich die Kleider vom Leib gerissen und lag, bis auf einen blauen Slip, nackt in den Kissen. Sein Leib schien angespannt zu sein. Ab und zu durchzuckte ein Zittern den ganzen Körper.
    Dr. Bender trat wortlos an ihn heran und setzte sich neben ihn auf die Diwankante. Der alte Kebir schielte über den Rand des Korans zu ihm, aber unterbrach seine Lesung nicht. Auch du kannst nicht mehr helfen, hieß dieser Blick. Wenn es die Hadjar-Krankheit ist, sollte man den Körper nicht mehr quälen, sondern Allah um Milde bitten.
    Bender beugte sich über Achmed und legte ihm die Hand flach auf den Bauch. Der Kranke zuckte zusammen und öffnete die Augen. Sein Blick war fiebrig und irrte umher, bis er auf dem Gesicht Benders hängenblieb. Als tastete er in seinen Erinnerungen, so starr blieb er, dann schien Klarheit in die Gedanken zu kommen … Alis Hand tastete nach Bender.
    »Doktor –«, sagte er mühsam. Es war mehr ein Röcheln. »Doktor, was ist mit mir?«
    »Ich weiß es noch nicht.« Bender drückte leicht auf die gespannte Bauchdecke. Achmed verzog das Gesicht und stöhnte.
    »Feuer –«, murmelte er. »Wie Feuer, Doktor! Ich verbrenne innerlich.«
    »Hatten Sie Durchfall?« fragte Dr. Bender. Die Symptome für eine Hadjar-Krankheit waren nicht vollkommen, es fehlten im Bild einige wichtige Farben. Dazu gehörten die vollkommene Blutleere der Schleimhäute und eine gelbliche Verfärbung der Haut. Achmed hatte zwar bläuliche Lippen, aber seine Schleimhäute waren noch rosa, und seine Haut war aschfarben, aber nicht schmutziggelb.
    »Nein, Doktor.« Ali umklammerte die Hände Benders. »Können Sie mir helfen? Können Sie es? Sagen Sie die

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