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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bekommt, an. Dann setzte er die Flasche an den Mund und trank den unverdünnten Schnaps wie Wasser.
    Bevor Bender den ersten Blutspender an den Dreiwegehahn anlegte, nähte er die großen Wunden an Cathérines Körper. Er streute vorher soviel Penicillinpuder hinein, wie möglich war, aber er wußte im voraus, daß es eine riesige Wundentzündung geben würde, wenn sie überhaupt überlebte. Dann lag der erste Mann, ein Mineur, neben Cathérine auf dem Tisch und gab sein Blut ab. Er war stolz darauf, auch wenn er unter der Bräune eine fahle Haut bekam. Wenn sie lebt, wird es durch mein Blut sein, sagte sein Blick. Unsere Cathérine wird mit meinem Blut leben!
    Drei Spender wurden angeschlossen, dann unterbrach Bender die Übertragung. Das Herz begann zu flattern. Er spritzte ein Kreislaufmittel und schloß einen Tropf mit Traubenzuckerlösung an. Dann sah er sich um.
    »Das ist alles«, sagte er zu den an den Wänden stehenden Männern. »Mehr kann die Medizin auch nicht! Jetzt muß Gott uns helfen!«
    »Und wo ist er?« fragte einer aus dem Hintergrund.
    »Hier im Zimmer, Leute.« Dr. Bender setzte sich neben die röchelnd atmende Cathérine auf einen Schemel, den ihm der Italiener unterschob. »Ich meine, ihr geht alle 'raus! Ihr habt nicht verdient, mit Gott in einem Zimmer zu sein …«
    Betreten, stumm verließen die Männer den Raum. Nur Navrimont blieb zurück und gab Bender die halbleere Pernodflasche zurück. Er wollte noch etwas sagen, aber dann schüttelte er den Kopf, legte nur die Hand auf die Schulter Benders und rannte dann aus dem Zimmer.
    Die ganze Nacht saß Bender neben Cathérine. Er ließ sie auf dem Tisch liegen, nur ein Kissen hatte er unter ihren Kopf geschoben. Es ist besser so, dachte er. Wenn ich schnell operieren muß, verliere ich keine Zeit beim Transport vom Bett zum Tisch. Und im übrigen ist es gleich, wo sie liegt … sie spürt es doch nicht. Zum Sterben ist ein Tisch genauso bequem wie ein Bett.
    Wann er einschlief, wußte er nicht. Er erwachte, weil sich eine Hand leicht über seinen Kopf bewegte. Streichelnd, zärtlich … eine schwache, müde Hand …
    Er hob den Kopf und hielt die Hand fest. Der Morgen drang mit den ersten Strahlen der noch flachen Sonne ins Zimmer. Die Kälte der Wüstennacht lag noch im Raum.
    »Cathérine …«, sagte Bender leise und umklammerte die kalte, zuckende Hand.
    »Mein Liebling …« Sie hatte den Kopf zur Seite gedreht und sah ihn aus fiebrigen Augen an. Augen, in denen das Vergehen lag. Augen, die verrieten, daß in wenigen Stunden die Hölle in dem zerrissenen Körper aufbrach.
    Der Wundbrand. Die Infektion, gegen die Bender machtlos war. Die Vergiftung des Blutes.
    »Du lebst –«, sagte sie leise. »Du lebst …«
    »Und du lebst auch, Cathérine …«
    »Wie lange noch, Liebling?«
    »Solange ich will!« Er stand auf und beugte sich über sie. Er küßte sie und wußte, daß es ihr letztes Glück war.
    Sie schloß die Augen und lächelte selig. »Wohin gehen wir?« fragte sie schwach.
    »Nach Paris. Nach Köln. Nach München … wohin du willst.«
    »Nach St. Dorante. Kennst du St. Dorante?«
    »Nein.«
    »Es ist ein kleiner Ort an der Côte d'Or. Mitten in den Weinbergen. Abends duften alle Straßen nach Reben. Ich bin dort geboren. Laß uns nach St. Dorante gehen.«
    »Wohin du willst, Cathérine.«
    »Und im Winter knirscht der Schnee unter den Stiefeln. O Schnee. Ich weiß kaum noch, wie Schnee aussieht …«
    Sie streckte sich und zuckte nicht zusammen, als Bender ihr eine neue Morphiuminjektion gab. Dann erneuerte er den Tropf und untersuchte ihre Wunden. Sie hatten gezackte, tiefrote Ränder und waren heiß wie gebacken.
    Es hat auch keinen Sinn mehr, sie nach Ouargla oder sogar Algier zu fliegen, dachte er. Es hat alles keinen Sinn mehr. Die Wüste hat uns aufgesaugt … warum wollen wir ein Wassertropfen sein, der sich vor dem Verdunsten wehrt? Der Fatalismus der Araber überkam ihn, und plötzlich verstand er sie, wenn sie sagten: Es ist der Wille Allahs –
    Hufgeklapper schreckte ihn auf und ließ ihn ans Fenster laufen. Drei Reiter jagten auf ihren kleinen, schnellen Pferden in das Lager und sprangen ab. Drei Berber in schmutzigen Dschellabahs und verschwitzten Kopftüchern.
    »Wo ist der Hakim?« schrien sie die ersten herbeilaufenden Männer an. »Wir müssen zum Hakim … sofort.«
    Man führte sie in die Verwaltungsbaracke. Minuten später klopfte es bei Bender. Ingenieur Navrimont trat ein, hinter ihm die drei Männer aus

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