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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann ich zehnmal eine Ouled Nail haben, und weg ist das Geld. Und immer dasselbe. Ich täte es umsonst, wenn du ein bißchen lieber zu mir wärst …«
    Er griff nach Cathérine, aber sie hieb ihm auf die tellergroßen Hände und ließ die Finger um den Knauf der Pistole gleiten. Leo verfolgte diese Bewegung genau und grinste dumm.
    »Wir machen ein Geschäft, Schätzchen«, sagte er langsam. »Ich vergewaltige die Kleine, – damit ist dir gedient. Und du legst dich zu mir ins Bett, – damit ist mir gedient. Nur einmal, Schätzchen, ich bin bescheiden. Eine ganze Nacht … dann vergessen wir alles! Der Doktor wird es nie erfahren, und du kannst meinen Gestank von dir abwaschen. Was bleibt, ist nichts. Gut gebadet, ist halb vergessen … Nur für mich ist es mehr wert; für mich – ach, Quatsch, das verstehst du nicht.« Leo Domaschewski blickte Cathérine aus seinen kleinen, gefährlichen Bärenaugen an. »Machen wir das Geschäft?«
    Cathérine sah hinüber zu dem dunklen Schuppen. Jetzt lieben sie sich, dachte sie. Ihre heißen Atem verschmelzen, ihre Körper zittern, die Hände gleiten am Schweiß ab –
    Sie nickte stumm, aber gleichzeitig trat sie Leo vors Schienbein, als dieser nach ihren Brüsten griff.
    »Hinterher!« zischte sie. »Ich zahle keine Vorschüsse –«
    Domaschewski knurrte tief. Dann wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Wie ein Urtier sah er aus, breit und gedrungen, formlos in der fahlen Dunkelheit der Wüstennacht.
    Cathérine drückte die Stirn gegen den Fensterrahmen und krallte die Finger um ihre Brüste. Sie zitterte, und die Zähne schlugen aufeinander.
    Vernichte sie, dachte sie. Leo, vernichte diese braune Katze. Ich will ihn für mich allein haben, ganz allein … Zum erstenmal liebe ich doch jemanden …
    Sie lagen eng umschlungen auf einem Haufen alter Decken. Es roch nach Benzin und Motorenöl und vermoderndem Stoff.
    Ihre Hände streichelten sich, und sie waren eine ganze Zeitlang still, wortlos in ihrem Glück, atemlos in dem Erlebnis, sich zu besitzen und zu fühlen. Saadas lange schwarze Haare, auf die er sein Haupt legte, waren wie ein seidenes Kissen, und ihre Lippen, die über sein Gesicht glitten, waren weich und warm und zauberten eine unsagbare Süße in sein Herz.
    »Ich liebe dich«, flüsterte Dr. Bender. »Es klingt so dumm, so altmodisch, so kitschig … aber es gibt keinen schöneren Satz. Weißt du einen anderen, Saada?«
    »Ja –«
    »Dann sag ihn schnell –«
    »Du bist für mich mehr als die Heimat … die Wüste …« Sie schob ihren nackten Körper so eng an ihn, daß ihre schönen vollen Brüste sich flachdrückten und ihre Beine sich um seine Schenkel schlangen. Die Wildheit ihrer heißen Heimat zitterte noch in ihr nach.
    »Wie wird es weitergehen, docteur …?« fragte sie.
    »Ich werde mit deinem Vater sprechen.«
    »Er tötet dich.«
    Dr. Bender lachte leise. »Wir leben nicht mehr in einem Zeitalter, wo Probleme mit Messer und Lanze bereinigt wurden. Ali ben Achmed ist ein gebildeter Mann.«
    »Er wird dich töten!« Saada hielt Dr. Bender fest, als sich dieser aus ihrer Umklammerung befreien wollte. Nach dem Rausch der Liebe kehrte nun der Alltag zurück. Die illusionslose Wirklichkeit.
    »Würdest du mit mir nach Europa gehen?« fragte er und setzte sich. Saada legte den Kopf in seinen Schoß, wie ein schwarzer Schleier floß ihr Haar über seine Schenkel.
    »Fort aus der Wüste?«
    »Ja.«
    »In die Kälte?«
    »Man gewöhnt sich daran, Saada. Es gibt dort, wo ich herkomme, keine glühende Sonne, keine Sanddünen, keine Palmen, keine Kamele … aber es gibt weite, rauschende Tannenwälder, Seen so klar wie Glas, Wiesen wie ein Teppich und einen Regen, der zu weißen Flocken gefriert. Das ganze Land ist dann weiß, und es glitzert wie Millionen geschliffener Steine, wenn die Sonne daraufscheint oder der Mond über es hinwegzieht.« Er legte beide Hände über ihre Augen und starrte in die dumpfe, stinkende Dunkelheit des Schuppens. »Es ist eine ganz andere Welt, Saada. Nicht schöner, nicht friedlicher, vielleicht sogar hinterhältiger und gemeiner als eure Welt. Hier zieht man den Dolch und sticht zu … das ist irgendwie ehrlich. Bei uns tötet man durch Worte, Lügen, Gemeinheiten, List und Bestechung. Überall ist die Welt herrlich und verfault zugleich … es kommt nur darauf an, daß wir uns lieben.«
    »Mein Vater wird dich töten!« Es war das einzige, was sie sagen konnte. Es war die einzige Wahrheit, die zwischen ihrem Glück

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