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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Selbstaufgabe! Was sagt der Scheich dazu?«
    »Er weiß von nichts. Mein Gott, Brennot, auch Saada weiß nichts davon. Was ich Ihnen sage, ist ein Geständnis unter Männern. Ich habe Saada nur einmal gesehen, aber das genügte. Der Blick ihrer Augen sitzt in mir wie ein brennender Stachel. Sie kommt wie aus einem Märchenbuch. Als Kind habe ich oft die bunten Bilder in Hauffs Märchen und aus 1001 Nacht betrachtet und mich an dieser fernen Welt begeistert. Und nun steht plötzlich eine solche Märchenfee vor mir. Saada Aisha Sinah … das ist doch wirklich wie ein Märchen …«
    »Sie sollten aus Ihren Kinderschuhen springen, Doktor! Die Sahara ist das Realste, was es gibt. Hier blühen keine bunten Bildchen. Auch Saada ist ein Kind dieses Landes, und dieses Land frißt Sie auf, wenn Sie die Grenzen überschreiten, die unsichtbar zwischen Ihnen und Saada gezogen sind. Ist Ihnen das klar?«
    »Völlig klar, Brennot. Es war ja auch ein geheimes Gefühl, das ich Ihnen anvertraute. Ich werde Saada vielleicht nie wiedersehen, und wenn, dann nur von weitem, bei Dienstfahrten nach Bou Akbir.«
    »Halten Sie sich an Cathérine. Sie wird Sie auslasten.«
    »Reden wir von etwas anderem.« Dr. Bender lehnte sich an die Barackenwand. Der Sternenhimmel war grandios, das Schweigen der Wüste ergriff das Herz. Das Unbeschreibliche dieses Landes war auch seine Schönheit. »Ich habe einen Toten geklaut …«
    »Was haben Sie?« fragte Brennot betroffen.
    »Einen Toten. Er hat die Hadjar-Krankheit –«
    »Himmel noch mal – hier?«
    »In Bou Akbir.«
    »Das ist eine Sauerei. Wollen Sie alle Männer durchimpfen?«
    »Noch nicht. Ich will den Toten erst sezieren und die Versuchsreihen fortsetzen. Noch ist er der einzige in Bou Akbir. Ali ben Achmed ahnte so etwas, er wollte den Kranken vor mir verstecken.«
    »Und wie sind Sie an ihn herangekommen?«
    »Durch Saada –«
    »Aha!« Brennot wischte sich über die Stirn. »Und wo ist der Tote jetzt?«
    »Auf Station XI in einer Kühlbox. Ich habe den Toten von seinem Sohn gekauft und zu mir bringen lassen.«
    »Auch durch Saada?«
    »Ja.«
    »Doktor, Doktor.« Brennot schüttelte den Kopf. »Sie kommen da in Verstrickungen hinein, die Ihnen die Luft abwürgen können. Ziehen Sie den Kopf aus der Schlinge – vergessen Sie die braune Elfe aus der Wüste.«
    »Ich werde mich bemühen, Brennot«, sagte Dr. Bender. Er kam sich dabei vor, als gebe er Saada einen Tritt. Ein miserables Gefühl.
    Sie trafen sich, als Bender allein um die Verwaltungsbaracke ging, um noch einen Blick auf den brennenden Turm zu werfen, ehe er wieder das Haus betrat.
    Sie stand im Schatten der Holzwand, völlig vermummt in die viel zu weite Dschellabah, ein weißer, unbeweglicher Fleck. Dr. Bender erkannte sie sofort.
    »Saada –«, sagte er. Seine Stimme schwankte und hatte einen Klang wie ein unterdrücktes Seufzen. »Was wollen Sie hier, Saada? In der Nacht! Sind Sie allein?«
    »Ganz allein, docteur. Nur Fakir ist bei mir.«
    »Wer ist Fakir?«
    »Mein Pferd.«
    Dr. Bender faßte in dieses weiße Gewoge von Tüchern und ergriff einen schlanken, warmen, glatten Arm, der sich ihm entgegenstreckte. Eine Haut wie Samt glitt in seine Finger.
    »Kommen Sie.« Wie abgewürgt klang seine Stimme. »Gehen wir hinter die Schuppen. Ich weiß nicht, wie die anderen es aufnehmen, wenn gerade jetzt eine Eingeborene – verzeihen Sie, Saada – hier auftaucht. Sie haben gehört, was Serrat mit der Karawane angestellt hat.«
    »Ja.« Sie trippelte neben ihm her wie ein Schulmädchen, das ein Polizist über eine gefährliche Straßenkreuzung führt. »Die Männer von Bou Akbir rufen nach Rache.« Sie blieb plötzlich stehen und sah Bender mit ihren großen Rehaugen an. »Sie haben sich entschuldigt, sagt Abu ben Gossarah.«
    »Ja. Ich schämte mich für Serrat. Ich hasse die Gewalt. Kommen Sie –« Er zerrte Saada aus dem Widerschein des Feuers in die tiefen Schatten der Geräteschuppen. Von hier aus konnte er das ganze Camp überblicken und Saada verstecken, wenn sich jemand näherte. Als er glaubte, sicher zu sein, blieb er stehen und drehte sie an den Schultern zu sich herum. »Warum sind Sie gekommen, Saada?«
    »Ich weiß es nicht, docteur –« Ihre Stimme war klein und hell. Ein Vögelchen, das aus dem Nest gefallen war.
    »Sie müssen sich doch etwas gedacht haben, als Sie nachts in die Wüste ritten.«
    »Ja –«
    »Und was ist das?«
    Sie hob die schmalen Schultern und wandte den Kopf zur Seite. Dr. Bender

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