Der Gefangene der Wüste
glatt. Ich habe Locken.
Und ihre Beine sind dicker, die Waden kräftiger vom dauernden Barfußlaufen, die Füße breiter.
Doch was rede ich … sie ist schön! Sie ist interessanter als ich. Der Hauch des Fremden umweht sie, das Geheimnis des Orients, ein Stück von 1001 Nacht. Ihre Haut wird samtweich sein, überall gleichmäßig braun, ein Körper, getaucht in Milchschokolade. Ein Leib, der einen Mann verrückt machen kann.
Was habe ich gegen diese Wüstenkatze zu bieten?
Cathérine betrachtete Saada mit dem ganzen Haß einer Frau, die weiß, daß sie verlieren muß. Und plötzlich trat sie aus dem Versteck hervor und stand vor dem Haus. Saada stieß einen hellen Schrei aus, die Wächter fuhren herum und rissen die Gewehre vom Rücken.
Cathérine hob die rechte Hand. In ihrer Stimme klang nicht ein Funken Angst.
»Wollt ihr auf eine wehrlose Frau schießen?« rief sie, als die Wächter die Gewehre anlegten. »Kennt ihr mich nicht?«
Das war eine mehr rhetorische Frage. Natürlich kannte jeder in Bou Akbir die Krankenschwester Cathérine Petit aus dem Öllager. Fünfmal hatte sie Hebammendienste geleistet, als die Geburten steckenblieben und man keinen anderen Rat mehr wußte, als nach der weißen Schwester zu schicken. Cathérine war sofort gekommen und hatte die Geburt zu Ende geführt, während die alten Weiber, die sonst halfen, um das Lager herumsaßen und die junge Mutter durch laute Gesänge beruhigten und betäubten. So etwas sprach sich herum in der Oase, und die Tbc-Aktion gegen das Vieh war noch nicht vergessen.
»Ich will mit Saada sprechen«, sagte Cathérine und hob den Kopf zu ihrer Rivalin. »Oder ist das auch verboten?«
»Du bist eingebrochen!« schrie einer der Diener. »Wir sollten dich auspeitschen.«
»Laß sie, Abu«, sagte Saada auf dem Balkon. Sie stellte sich und beugte sich zu Cathérine hinab. Dabei wehten ihre Haare in dem ständigen Wüstenwind wie die schwarze Fahne der Korsaren. »Ich glaube, es ist wichtig, was sie sagt. Geht zur Seite!«
Die Diener zögerten, sahen sich an, nickten sich dann einig zu und entfernten sich ein paar Meter. Aber mißtrauisch behielten sie die Gewehre schußbereit in den Händen und beobachteten Cathérine.
»Ich höre –«, sagte Saada.
Dann war es still zwischen den beiden Frauen. Sie sahen sich an und wußten in diesem stummen Duell, worum es ging. Sie fraßen sich mit den Blicken auf, zerstörten sich, zerrissen die andere, verbrannten die Nebenbuhlerin … aber nur die Augen sprühten den Haß. Die Lippen lächelten, eine eingefrorene Freundlichkeit, die eine Maske der Vernichtung war.
»Ich bin gekommen, um dir zu sagen, daß heute nacht der Doktor mein Geliebter wird«, sagte Cathérine mit einer Selbstsicherheit, die jede andere Frau wehrlos gemacht hätte. Nicht aber Saada. Sie verstärkte nur das eisige Lächeln.
»Weiß er das schon?« fragte sie voll Hohn. »Wartet er darauf?«
Cathérine holte tief Luft. »Ja –«, rief sie laut.
»Du lügst. Er liebt mich. Und weil ich ihn liebe, verzeihe ich ihm, wenn er in deinen Armen liegt. Ich weiß … er denkt dabei an mich.«
Das war ungeheuerlich. Cathérine nahm es den Atem. »Du bist ein Spielzeug für ihn!« schrie sie zurück. »Ein Abenteuer, weiter nichts. Glaubst du, er heiratet dich, er nimmt dich mit nach Deutschland, er kommt in seine Heimat mit einer Wüstenratte?«
»Ich weiß, wie sein Herz schlägt –«
»Nichts weißt du! Gar nichts! Für ihn bist du nur Körper, – den allein will er!«
»Er hat ihn bereits«, sagte Saada ohne Zögern.
Cathérine war es, als schwanke der Boden unter ihr. »Du kleine, braune Hure«, stammelte sie fassungslos. »Du Aas! Er hat dich schon gehabt? Du hast ihn schon verhext mit deiner Samthaut und deinen Schlangengliedern?! Hör einmal zu –« Sie trat noch einen Schritt vor und stand jetzt unmittelbar unter Saada. Wenn beide die Arme ausstreckten, konnten sie sich fassen … aber sie starrten sich nur an wie zwei Hyänen, die um ein Stück Fleisch kämpfen.
»Du hast keine Chance mehr«, sagte Cathérine heiser. »Heute nacht werde ich ihn um den Verstand bringen. Ich werde ihn lieben mit einer Glut, die alle Erinnerung an dich verbrennt. Begreifst du das? Ich bin stärker als du, ich verstehe mehr von Liebe als du, ich weiß, was aus einem Mann Wachs in den Händen einer Frau macht. Und ich bin weiß … schneeweiß ist meine Haut … dagegen hast du nichts zu bieten.«
Saada warf den Kopf zurück. Einen Augenblick hatte sie
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