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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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machte darin keine Ausnahme und stürzte in das Krankenrevier. Hier lag Cathérine in ihrer blutigen Nacktheit auf dem Tisch, und Molnar war dabei, die blutenden Wunden zu behandeln, so gut er es konnte.
    Ingenieur de Navrimont, der die Situation verkannte, brüllte auf.
    »Molnar!« schrie er hell. »Sie Irrer! Sie Lustmörder! Alarm! Alarm!«
    Er stürzte sich auf den Ungar, hieb ihm die Faust ins Gesicht und wunderte sich, daß er trotz seines Suffes noch soviel Kraft in den Muskeln hatte. Molnar schoß gegen die Wand und rutschte dort zu Boden. Dafür füllte sich der Raum mit den ersten Arbeitern. Sie starrten entgeistert auf die blutende Cathérine.
    »Er wollte sie umbringen!« heulte Navrimont. »Er war dabei, sie in Stücke zu schneiden!«
    Molnar rührte sich, als ihn grobe Fäuste packten und schüttelten. Navrimont und zwei Arbeiter waren dabei, über Cathérine große Lagen von Zellstoff zu werfen. Sie waren hilflos wie die Kinder, die ein Wasserrohr angebohrt hatten.
    »Ich habe ihr nichts getan!« brüllte Molnar von der Wand her. »Ich hörte sie kommen, gehe ins Zimmer und sehe sie so … zerfetzt. Da habe ich Alarm gegeben …«
    Von den Bohrstellen heulten die Wagen heran. Niemand wußte, warum die Sirene geheult hatte, aber jeder war sofort bereit, zu helfen. Die Bohrlöcher waren in Ordnung, das stellte man gleich fest, als die Mannschaften der verschiedenen Außenstellen sich auf dem großen Platz des Camps trafen. Es mußte etwas im Lager sein … und plötzlich war es still unter den Männern. Sie sahen sich an und dachten alle das gleiche.
    Die Hadjar-Krankheit.
    Nun ist sie da. Und der Doktor ist weg … und Serrat bleibt noch eine Woche in Algier. Wir sind der verlorenste Haufen der Welt.
    Aber dann kamen die ersten Nachrichten aus der Sanitätsbaracke.
    Cathérine ist verletzt. Ein Gepard hat sie angefallen. Im Garten von Scheich Achmed. Mit den bloßen Händen hat sie das Raubtier erstickt. Aber schrecklich sieht sie aus. Wie ein Stück Hackfleisch.
    Die Männer umstanden stumm die Baracke und warteten weiter. Das Öl war ihnen jetzt völlig gleichgültig, der Teufel konnte es holen und sich damit seinen Hintern salben.
    Cathérine. Das allein war jetzt wichtig. Cathérine lag im Sterben, hieß es. Ihr Blutverlust ist zu groß. Das Herz schlägt kaum noch. Die Idioten da drinnen bekommen die Blutungen nicht zum Stillstand. Sie stehen herum wie die Bettnässer vor dem nassen Bettuch! Nach Ouargla zu fliegen ist bereits zu spät.
    Blutspender werden gesucht.
    Blutgruppe Null.
    Vierzig Männer traten vor. Ernst, mit verkniffenem Mund, wässerigen Augen.
    Cathérine. Sie stirbt. Ist denn so etwas überhaupt möglich? Unsere Cathérine …
    Im Behandlungszimmer lag sie noch immer auf dem Tisch. Auf der Erde hatte sich eine Blutlache gebildet. Molnar und Navrimont hatten große Mullpakete auf die zerrissenen Schultern gepackt und wußten nun nicht weiter. Blutspender standen genug draußen, aber wie macht man eine Blutübertragung?
    Die Männer blickten sich an und senkten dann die Köpfe. Und da, in diesem Moment, sagte jemand, was die meisten dachten:
    »Zum Teufel, wo ist denn der Doktor?«
    »Ja, wo ist er?« schrie Navrimont. »Ihr Idioten, bei Achmed! Holt ihn her … sofort … und wenn ihr kriegsmäßig die ganze Oase ausräuchert. Nur bringt ihn gesund hierher!«
    »Ich nehme den schnellsten Wagen!« schrie Molnar. Er boxte sich durch die Menge und rannte zu dem kleinen Jeep, mit dem Cathérine gekommen war. Der Sitz, das Lenkrad, die Schaltung, alles war blutverschmiert. Molnar sprang auf den Sitz und raste los wie ein Irrer.
    Ich allein weiß ja, wo er ist, dachte er. Ich habe ihn vor ein paar Stunden niedergeschlagen. Nur eine Viertelstunde vor Cathérine bin ich von Bou Akbir zurückgekommen … o Himmel, hätte ich gewußt, was sich dort abgespielt hat!
    Wie würde wohl Serrat jetzt handeln? Würde er auch den Doktor holen? Oder würde er sagen: »Laß sie verrecken! Katze gegen Katze, das ist ein ehrlicher Kampf.«
    Molnar beugte sich über das Lenkrad. Der kleine Jeep hüpfte über die Wüstenstraße wie ein irrer Floh.
    Cathérine, dachte er weiter. Unsere Cathérine! Wenn sie stirbt, was sind wir dann?! O Gott, wir haben keine Mutter mehr. Bis heute haben wir ja alle nicht gespürt, was sie uns bedeutet.
    Molnar starrte in die Wüste und fühlte an dem Naß auf seinen Wangen, daß er weinte. Und er fand das ganz natürlich, denn ohne Cathérine in der Sahara zu leben erschien

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