Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
er sich entleert hatte, lag er schlaff und willenlos auf dem Diwan. Jussuf betrachtete nachdenklich das Herausgespülte. Es war neben Kot auch Blut darin, und das machte ihn kritisch.
    »Du hast sicherlich einen Dattelkern verschluckt, und der hat den Darm angekratzt«, sagte er. »Keine Aufregung, Ali. Es wird alles gut.«
    Das war eine Lüge, denn gleich darauf schickte er einen Diener zu dem alten Kebir. Im Vorraum von Achmeds Schlafzimmer fing er den Alten ab. Kebir, der den Sandsturm in der kleinen Moschee überlebt hatte, sah schrecklich aus. Sein langer Bart war vom Sand steif wie ein Brett.
    »Er hat eine Krankheit, die ich nicht kenne«, sagte Jussuf ehrlich und zeigte mit dem Daumen in den Schlafraum. »Wenn man seinen Bauch berührt, schreit er auf, und im Kot ist Blut. Beim Militär habe ich einen solchen Fall noch nicht gehabt. Ich habe ihm Schmerztabletten gegeben, aber sie schlagen nicht an. Was soll man jetzt tun?«
    Der alte Kebir sah Jussuf traurig an und ging zu Achmed. Der Scheich lag apathisch, die Hände auf der Brust gefaltet, und starrte gegen die Decke. Sein Gesicht, einst von einer wilden Schönheit, die er auch auf Saada vererbt hatte, war fahl und eingefallen. Wie ein Toter wirkte er, spitznasig und hohlwangig. Der alte Kebir bekam einen Schrecken und setzte sich auf die Diwankante.
    »Allah hat mich verflucht«, sagte Achmed mit zitternder Stimme. »Er hat mir Saada genommen, läßt meine Oase untergehen und zerreißt meinen Leib. Es geht zu Ende, Kebir. Bete mit mir …«
    Der Alte betrachtete die tiefliegenden Augen Achmeds und erinnerte sich daran, daß Abdallah nicht anders ausgesehen hatte. Der weiße Arzt hatte die Leiche gestohlen, und jeder in der Oase wußte, daß Abdallah an der geheimnisvollen Hadjar-Krankheit gestorben war. Für sie gab es keine Medikamente, sie war eine Geißel Gottes.
    Kebir strich sich seinen sandgefüllten Bart und bemühte sich, würdig zu sprechen.
    »Man sollte den weißen Hakim bitten«, sagte er. »Ganz gleich, wie es mit ihm ist … es geht um dein Leben, Ali. Du magst ihn hassen … aber wenn einer helfen kann, dann nur er! Das sage ich dir, obwohl ich alle Weißen zum Teufel wünsche.«
    Achmed schloß die Augen. In seinem Leib tobten Flammen. »Sucht ihn …«, sagte er kaum hörbar. »Sucht ihn … Auch diese Strafe Allahs will ich auf mich nehmen, daß mich ein Weißer berührt … Laßt ihn überall suchen –«
    Dann fiel er in Ohnmacht. Kebir wischte sich über das Gesicht. Es ist zu spät, dachte er. Wenn es die Hadjar-Krankheit ist … o Allah, verschone uns anderen. Laß die Oase Bou Akbir nicht ein Totenfeld werden –
    Er rannte aus dem Zimmer, schrie alle Diener zusammen und befahl ihnen, auszuschwärmen und den weißen Hakim zu suchen.
    Der kleine Ungar Molnar hatte Glück … der Sturm fraß ihn nicht auf. Nachdem er ein paar Meter wie ein Ball gerollt war, blieb er hinter einem Felsstein liegen, umklammerte ihn und überlebte so auf freier Wüste den Sandsturm. Zerschunden, voller Schrammen und Risse, stand er nach dem Inferno auf und atmete die klare Luft ein wie Blütenduft. Er fühlte sich wie an einem Herbstabend in der Pußta, so gering war die Hitze nach diesem brüllenden Orkan. Schwankend ging er zurück zu dem kleinen Jeep, der auf der Seite lag und einem Sandhügel glich. Über eine halbe Stunde saß Molnar neben dem Auto, atmete wie ein Blasebalg und wunderte sich, daß er noch lebte. Dann dachte er an Cathérine, und er sprang auf, um den Jeep auszugraben. Es ist sowieso zu spät, dachte er. Sie ist längst tot! Auch wenn ich Dr. Bender finde … er kann nur ihren Tod feststellen. Aber Serrat, verdammt noch mal, diesen Serrat werden wir umlegen. Wir alle … darin sind wir uns jetzt einig. Wenn er von Algier zurückkommt, wird er den Weg vom Hubschrauber bis zu seinem Zimmer nicht mehr überleben. Seine ganze Bullenstärke wird ihm nichts mehr nützen … Es wird keinen von uns geben, der nicht auf ihn abdrückt. Für Cathérine bringen wir zehn Serrats um!
    Mit der Schaufel, die jeder Wüstenjeep als Ausrüstung mit sich führt, grub er den Wagen aus, wuchtete ihn auf die Räder, indem er ihn so lange schaukelte, bis er umkippte und richtig stand … dann setzte er sich hinter das Steuerrad und ließ den Motor an.
    Das war ein neues Wunder, an das Molnar nie geglaubt hätte. Da drinnen ist alles versandet, dachte er vorher. Motor, Getriebe, Zündung, Bremsen, alles ein Sandbrei. Aber der Jeep sprang an, und er fuhr

Weitere Kostenlose Bücher