Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gefangene von Zhamanak

Titel: Der Gefangene von Zhamanak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
Vom Netzwerk:
»Du weißt genau, dass wir dich schon nicht verhungern lassen. Aber jetzt verstehe ich, warum die Männer alle vor dir Reißaus nehmen. Jemand, der so in seiner Wissenschaft aufgeht wie du, kann ja gar keinen Platz mehr haben für die sanfteren Gefühle.«
    Mit einem sanften Lächeln, das nicht frei war von einem leisen Hauch Melancholie, erwiderte sie: »Ich weiß nicht, ob ich das als Kompliment oder als Vorwurf auffassen soll.« Dann wandte sie sich wieder ihren Aufzeichnungen zu.
     
    Der diensthabende Offizier an der kalwmianischen Grenze war kein anderer als Leutnant Spisov. Als er Mjipa sah, rief er aus: »Schon wieder Ihr!«
    »Ja, ich bin’s«, sagte Mjipa und ließ grinsend die weißen Zähne aufblitzen. »Hier sind die Papiere. Und dann möchte ich gern eine wichtige Botschaft an Eure Regierung schicken.«
    Nach einer kurzen Unterredung zwischen den Offizieren sagte einer von ihnen: »Meister Mjipa, wir werden dafür Sorge tragen, dass Eure Botschaft mit dem nächsten Fünfnacht-Bericht in die Hauptstadt geht. Habt Ihr sie schon geschrieben?«
    »Nein. Ich kann leider kein Khaldoni schreiben. Kann das jemand von euch für mich machen?«
    »Sicher«, sagte der Offizier. »Spisov! Hol Papier und Stift!«
    »Wieso immer ich?« brummelte Spisov mürrisch und trollte sich, die gewünschten Gegenstände zu holen. Als er zurückkehrte, diktierte Mjipa:
     
    ICH BEEHRE MICH, EURER GRANDIOSITÄT KUNDZUTUN, DASS DER HESHVAVU KHOROSH EINE BANDE VON MÖRDERN NACH YEIN GESANDT HAT, MICH UND MEI-STRIN DYCKMAN ZU TÖTEN. WIR FLOHEN DIE STADT, DOCH BIN ICH DER AUFFASSUNG, DASS EIN SOLCH GROBER VERSTOSS GEGEN DIE INTERNATIONALEN BEZIEHUNGEN EURER GRANDIOSITÄT ZUR KENNTNIS GEBRACHT WERDEN SOLLTE. PERCY MJIPA, TERRANISCHER KONSUL.
     
    Als die Botschaft fertig geschrieben war, wandte sich Mjipa an Alicia und sagte: »Es wird wahrscheinlich nicht viel nützen, aber wir wollen diesen Halsabschneidern so viele Steine wie möglich in den Weg legen.«
     
    Hatte Mjipa für den Hinweg von Kalwm bis zur Grenze neun Tage gebraucht, so schaffte er den Rückweg diesmal in acht Tagen. Die Reise ging rascher – wenn auch weniger bequem als auf dem Hinweg – vonstatten, weil eine kleine Gruppe weniger Zeit mit dem morgendlichen Aufbruch U nd anderen Dingen, wie Diskussionen über den richtigen Standort des Lagers oder darüber, wer was tragen soll und so weiter, vergeudet als eine größere.
    Am Nachmittag des achten Tages war der Himmel bedeckt, und es nieselte, ganz wie an dem Tag, an dem Mjipa die Stadt zum ersten Mal gesehen hatte. Er und seine zwei Begleiter sahen aus wie Überlebende einer Naturkatastrophe.
    Mjipa und Minyev trugen ihre kalwmianischen Kilts; Alicia ihren Khakidreß. Sie waren jedoch so dick mit Staub und Dreck überkrustet, dass ein Betrachter Mühe gehabt hätte zu sagen, wo der Stoff aufhörte und die Haut anfing. Der Dreck nivellierte auch den Farbunterschied zwischen Alicia und Mjipa zu einem lehmfarbenen Einheitsgraubraun; nur noch leichte Nuancen in der Tönung hätten dem geschulten Auge verraten, wer der Weiße war und wer der Schwarze. Dazu kamen die Rinnen, die der stetige Regen in ihre Schmutzschicht gewaschen hatte, was einen reizvollen Zebra-Effekt bewirkte.
    Unter der Schmutzkruste sahen sie allesamt hohlwangig, müde und erschöpft aus. Sie waren von tropischen Regengüssen geduscht worden, von der tropischen Sonne gegart und zerstochen und zerbissen von krishnanischen Arthropoden, von denen einige terranisches Blut genauso schmackhaft zu finden schienen wie ihre irdischen Insektenkollegen. Da sie bei ihrem überstürzten Aufbruch von Yein keine Zeit mehr gehabt hatten, Vorräte zu beschaffen, war ihnen unterwegs der Proviant ausgegangen, und sie waren während der letzten zwei Tage mit leerem Magen geritten. Ihre Laune, schon zu gemütlicheren Zeiten nicht gerade als phlegmatisch zu bezeichnen, war gereizter denn je.
    Einer der schlimmsten Krache zwischen den beiden Terranern war ausgebrochen anlässlich einer Flußüberquerung, als das Mädchen Rast machen und ein Bad nehmen wollte. Mjipa hatte dagegen Einspruch erhoben mit der Begründung, dass einige dieser Flüsse von gefährlichen Tieren bewohnt waren, vergleichbar mit den Krokodilen und Piranhas der Erde. Er hatte es daher strikt abgelehnt, das Risiko eines Bades einzugehen, ohne genauere Kenntnisse von der einheimischen Frischwasserfauna zu haben.
    Vuzhovs Turm ragte aus dem Dunst, hoch über der Stadtmauer. Mjipa sagte mit einem

Weitere Kostenlose Bücher