Der Gegenschlag - Extreme Measures
Kartell seine Kosten decken, falls der Rest der Drogen den Behörden in die Hände fiel.
In nicht einmal zehn Minuten waren die Drogen abgeladen, und dann folgte die nächste Überraschung für Karim. Sie marschierten die hundert Meter durch das hohe Gras zu dem wartenden Van. Hakim stellte seinem Freund Mohammad vor, einen libyschen Studenten an der University of Miami, den er vor einigen Monaten rekrutiert hatte. Das löste bei Karim einen regelrechten Wutanfall aus. Er war fuchsteufelswild, dass jemand ohne seine Zustimmung angeheuert worden war. Wenn
sie nicht einen Hubschrauber gehört hätten, der sich der Küste näherte, wäre es schon dort passiert, was wirklich dumm gewesen wäre.
Das, dachte sich Hakim nun, als er auf den Toten hinuntersah, das ist so eine unglaubliche Vergeudung. Eine Vergeudung von Begabung und Leben … und wofür?
Alle zehn stiegen sie in den fünfzehn Personen fassenden Van ein und fuhren auf dem U.S. Highway 1 nach Norden. Die hinteren Fenster waren stark getönt, so dass sich die Männer im Wagen umziehen konnten. Jeder von ihnen hatte einen Seesack, den Hakim und Mohammad mit T-Shirts, Socken, Trainingsanzügen und Baseballmützen gefüllt hatten. Alles außer den Socken war in den Farben blau, weiß und rot gehalten und trug das Adler-Logo der American University in Washington D. C. Sie hatten das alles teilweise im Internet, teilweise persönlich in der Universitätsbuchhandlung gekauft. Der Van war mit Nummernschildern des District of Columbia und Aufklebern der Universität versehen. Wenn sie von der Polizei aufgehalten wurden, würden sie sagen, dass sie von einem Leichtathletikwettkampf an der Florida International University heimfuhren.
Sie kamen durch Miami, als der morgendliche Verkehr gerade so richtig ins Rollen kam. Die Interstate 95 war stark befahren, doch die Autos fuhren großteils bei Palm Beach ab, worauf der Verkehr deutlich nachließ. Sie hatten ständig das Radio eingeschaltet und fuhren etwa 10 km/h schneller, als erlaubt war. Karim hatte das kritisiert, doch sie wiesen darauf hin, dass die meisten Autos das Tempolimit um fünfzehn bis 20 km/h überschritten. Ansonsten schwieg Karim, und die Stimmung im Auto war ziemlich angespannt. Der Van verfügte über zwei 95-Liter-Tanks, so dass sie nur einmal, südlich von Jacksonville,
zum Tanken anhielten. Der Einzige, der an der Tankstelle ausstieg, war Mohammad. Da beugte sich Karim vor und zischte Hakim seine wütende Warnung ins Ohr.
Als sie weiterfuhren, verlange Karim nach der Karte, und eineinhalb Stunden später forderte er Mohammad auf, die nächste Ausfahrt zu nehmen; es sei Zeit, dass die Männer wieder einmal die Beine ausstrecken könnten. Sie fuhren bei Hickory Bluff von der I-95 ab und erreichten den Blythe Island State Park. Auf dem Weg zum Wasser kamen sie an hohen Kiefern, Mangrovenbäumen und Dschungelmoos vorbei. Hakim hatte ein zunehmend ungutes Gefühl, je tiefer sie in den Park vordrangen. Schließlich gelangten sie zu einer Schotterstraße, die sich im dichten Wald zu verlieren schien. Der arme Mohammad sah sie als Erster und fragte, ob er hier abbiegen solle. Karim sagte Ja.
Ein paar Hundert Meter weiter hielten sie an. Die Männer stiegen aus, und Karim befahl ihnen mit knappen Gesten, sich zu verteilen. Zwei der Männer gingen auf der Straße zurück, für den Fall, dass jemand kam; zwei folgten der Straße in der anderen Richtung, und die übrigen Männer verteilten sich um den Wagen. Karim trat zu dem jungen Studenten und Hakim, die vor dem Van standen. Nach wenigen Sekunden zeigte er plötzlich über Mohammads Schulter in den Wald und sagte: »Was ist das?«
Hakim verfolgte das Ganze wie in Zeitlupe. Karim zog seine 45er Glock aus dem Hosenbund. Auf den Lauf war ein dicker Schalldämpfer geschraubt. Karim hob die Pistole bis auf wenige Zentimeter an den Hinterkopf des jungen Mannes und drückte ab. Die großkalibrige Kugel schoss aus der Waffe hervor, und im nächsten Augenblick
explodierte eine rötliche Wolke aus Fleisch, Blut und Knochen aus Mohammads Kopf. Für Hakim sah es fast so aus, als hätte Mohammad sein eigenes Gesicht weggekotzt.
Karim hielt die Pistole immer noch in der ausgestreckten Hand, als der leblose Körper zu Boden sank. »Was hast du denn gedacht?«, fragte er Hakim.
Die Worte klangen seltsam fern, so als würde jemand durch einen schweren Stoff hindurch zu ihm sprechen. Hakim hob langsam den Kopf und sah seinen Jugendfreund an. Zum ersten Mal in seinem
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