Der Gegenschlag - Extreme Measures
mehrerlei Hinsicht anders. Der Hauptunterschied war, dass Langley wusste, was sie taten. In Schaman hatten sie ganz allein und ohne Netz operiert. Das hier war ein Triumph, den sie mit der Öffentlichkeit teilen konnten. Es war etwas, das die Politiker feiern konnten. Sie hatten schon öfter Leute gefasst, die so bedeutend waren wie al-Haq, aber keiner von ihnen hatte je freiwillig mit ihnen kooperiert. Es war harte Arbeit gewesen, die Informationen Stück für Stück aus ihnen herauszuquetschen, und man konnte sich keineswegs darauf verlassen, dass alles der Wahrheit entsprach. Al-Haq war bereit zu reden, ohne dass sie ihn mit Gewalt dazu bringen mussten. Gewiss, es hatte ein paar Drohungen gegeben, doch niemand hatte ihm ein Haar gekrümmt.
Nashs Boss Rob Ridley erkannte sofort, was für eine Chance sich ihnen hier bot. Er gab ihm grünes Licht, weiterzumachen,
während er mit Direktor Kennedy sprach, damit sie al-Haq irgendeine Art Garantie gab. Nash sprach mit Ridley über seine Idee, al-Haq dazu zu bringen, an die Öffentlichkeit zu gehen, damit er der ganzen Welt erzählte, dass Al-Kaida und die Taliban vom rechten Weg abgekommen seien. Ridley gefiel das sehr. »Wenn es einen Weg gäbe, wie man seine Familie von dort herausbekäme«, hatte Nash gemeint, »dann würde er es wahrscheinlich sofort machen.«
»Ein Erfolg nach dem anderen«, hatte Ridley geantwortet, ehe er Nash gratulierte und ihm versicherte, dass er sich in spätestens einer Stunde wieder bei ihm melden würde. Nash legte auf und sah auf seine Uhr. Er war nicht einmal fünf Minuten weg gewesen. Er wollte das Ganze nicht überstürzen, damit es nicht so aussah, als hätte er es besonders eilig. Um sich ein wenig zu beruhigen, ging er erst einmal in dem kleinen Büro auf und ab und überlegte, wie er weiter vorgehen sollte, wenn er ins Verhörzimmer zurückkehrte. Er hatte immer noch alle Trümpfe in der Hand, und nachdem General Dostum schon einmal hier war, würde er ihn weiter als Druckmittel einsetzen. Nash beschloss, dass er al-Haq mit ein bisschen mehr Nachdruck gegenübertreten würde. Er ging davon aus, dass die Zusicherung von Direktor Kennedy in frühestens einer Stunde kommen würde. Wahrscheinlich würde es aber zwei Stunden dauern.
Nash überlegte, wie er am besten Druck auf al-Haq ausüben konnte. Ich könnte ihm sagen, dass die großen Kaliber in Washington ihm nicht glauben. Ich könnte sagen, dass die Angehörigen der beiden anderen Zellen im Verhör kein Wort von einer dritten Zelle gesagt hätten. Das war natürlich gelogen. Sie hatten sehr wohl davon gesprochen, und es kursierten noch weitere beunruhigende Hinweise und
Gerüchte im World Wide Web, dass sich etwas Großes zusammenbraute. Nash glaubte al-Haq, doch fürs Erste würde er ihn glauben lassen, dass der Deal in Gefahr war.
Nash sah noch einmal auf seine Uhr und atmete ein paarmal tief durch, um ein wenig von der Hochstimmung herunterzukommen, von der er erfüllt war. Er riss die Bürotür auf, machte ein etwas grimmigeres Gesicht und ging den Korridor hinunter. Als er in das große Beobachtungszimmer trat, sah er die Rücken von mehreren Männern vor sich, die nicht hier sein sollten. Auf den Bildschirmen war zu sehen, wie Rapp ein paar Leute von der Militärpolizei anbrüllte.
Nash wandte sich nervös nach rechts, wo Marcus Dumond, der junge Hacker der CIA, ein Gesicht machte, als wollte er sich am liebsten unter dem Schreibtisch verkriechen.
Da hörte er General Garrison, den Stützpunktkommandanten, knurren: »Hat er gerade ›Verteidigungsminister England‹ gesagt?«
»Das hat er, Sir«, antwortete der jüngere Offizier neben ihm.
»Ich hoffe, Sie irren sich nicht, Leland. Wenn dieser Mann doch nicht von der CIA ist und ich mir wegen Ihnen Ärger mit dem Verteidigungsminister einhandle, dann werden Sie für den Rest Ihrer Zeit hier Scheiße schaufeln.«
Nash hatte das Gefühl, dass es ihm den Magen umdrehte. Diese Kerle könnten die Sache ziemlich gründlich vermasseln, dachte er. Wie zum Teufel können wir uns da bloß rausreden? Das Nächste, woran er dachte, war Schadensbegrenzung. Dumond hatte alles aufgezeichnet. Was jetzt auf keinen Fall passieren durfte, war, dass das Bildmaterial
von dem unerlaubten Verhör in die falschen Hände geriet.
Alle anderen im Raum starrten so gebannt auf den Bildschirm, der das Verhörzimmer zeigte, dass Nash eine Chance sah. Er blickte zu Dumond hinüber, zeigte auf den Flash Drive und deutete mit dem Kopf zur Tür.
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