Der Gegenschlag - Extreme Measures
aber methodisches Vorgehen und Präzision gehörten nicht dazu. Hakim war nie ein guter Schüler gewesen, und der Gedanke, dass er nun versuchte, eine Fracht von etwa fünfhundert Kilo in das Flugzeug zu packen, machte ihn äußerst nervös.
Karim ging zur Maschine hinüber und sagte seinen Männern, dass sie fünf Minuten Pause machen sollten. Alle vier waren schweißgebadet und konnten einen Schluck Wasser vertragen.
Hakim steckte den Kopf zur Tür heraus und lächelte ihm zu, so dass die kleine Lücke zwischen den Vorderzähnen zutage trat. »Karim, du bist ein Genie.«
Karim blickte skeptisch zu seinen Männern zurück.
Hakim sah seine besorgte Miene. »Wann bekommst du das endlich einmal in den Griff?«, stöhnte er.
»Vielleicht nie.«
Mit leiserer Stimme, so dass es die anderen nicht hören konnten, sagte er: »Dann bist du ein Narr.«
Hätte das irgendein anderer zu ihm gesagt, so hätte er ihn womöglich umgebracht, aber es war sein alter Freund,
also sah er darüber hinweg. Als strenggläubiger Muslim verabscheute er Drogen, aber im Moment blieb ihm keine andere Wahl.
»Ich liebe dich wie einen Bruder, aber du bist so naiv, was die Dinge der Welt betrifft.«
Karim war stolz darauf, dass er in dieser Hinsicht naiv war. Die Dinge, von denen Hakim sprach, konnten einen dazu verleiten, vom rechten Weg abzukommen. Vor drei Jahren hatte er Hakim überredet, sich dem heiligen Kampf anzuschließen, und sie waren zusammen nach Pakistan gegangen. Damals, ein Jahr nach der Universität, hatte Karim noch nicht viel von der Welt gesehen. Drogen gab es nicht in Makkah, der Stadt, in der sie aufgewachsen waren. Nach der Hochschule hatten sich seine Eltern sehr bemüht, eine Frau für ihn zu finden, in der Hoffnung, dass ihn das davon abhalten würde, wegzugehen und in Afghanistan oder im Irak zu kämpfen. Der Irak war für ihn nie infrage gekommen. Die muslimische Welt war ohne Saddam Hussein besser dran, und er wollte nicht für diese Schurken von der Baath-Partei kämpfen, damit sie sich eines Tages wieder gegen ihre saudi-arabischen Nachbarn wenden und ihre muslimischen Glaubensbrüder unterdrücken konnten.
Also musste es Pakistan sein, um dort mit der Al-Kaida und den Taliban zu kämpfen. Karim hatte sich auf die körperlichen und seelischen Herausforderungen vorbereitet, doch er hatte nicht geahnt, welche Rolle der Heroinhandel in dem Kampf spielte. Das Opium war allgegenwärtig. Es wurde angebaut, geerntet und verkauft. Viele der ausländischen Kämpfer waren süchtig. Es half ihnen, das harte Leben in den Bergen zu ertragen und gegen einen unsichtbaren Feind zu kämpfen, der jederzeit - Tag und Nacht - ganz plötzlich zuschlagen konnte.
Den Taliban lieferte das Heroin die finanzielle Grundlage für den Kampf.
Karim hatte keine Angst, dass er den Verlockungen des Heroins erliegen könnte, doch um seinen Freund Hakim machte er sich Sorgen. Was ihn noch mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass die Al-Kaida-Führung dieses Problem nicht sehen wollte. Er konnte einfach nicht glauben, dass sie sich auf die Stufe von gewöhnlichen Drogenhändlern herabließen. Dass sie sich so bereitwillig auf etwas einließen, was der Prophet so unmissverständlich verurteilte, war eine Beleidigung ihres Glaubens, und das machte es Karim um einiges schwerer, für sie zu kämpfen.
Karim sah auf die halbvolle Palette hinunter und schüttelte traurig den Kopf. »Ich weiß nicht, ob er uns das vergeben wird.«
»Oh«, stöhnte Hakim, »es gibt Momente, da könnte ich dich erwürgen.« Er sprang aus dem Flugzeug, ging zur Palette und griff nach einem der Kokainblöcke. »Hast du eine Ahnung, wie viel das wert ist?«
»Du hast gesagt, wenn wir Glück haben, könnten wir eine Million Dollar dafür bekommen.«
»Ja«, lachte Hakim, »aber du hast nie gesagt, dass es so viel ist. Du hast davon gesprochen, dass wir ein paar Säcke voll mitnehmen würden. Das hier …«
Hakim trat einen Schritt zurück, breitete die Hände aus und drehte sich um die eigene Achse. »Das ist … ich weiß nicht … wahrscheinlich zehn Millionen wert.«
Karim konnte seine Verblüffung nicht verbergen. »Zehn Millionen?«
»Ja. Vielleicht sogar mehr.«
»Ich hatte ja keine Ahnung …«
»Na, wie denkst du jetzt über Drogen?« Hakim legte seinem Freund den Arm um die Schulter. »Ich hab dir ja
gesagt, es wird funktionieren. Überleg doch, was du mit so viel Geld machen kannst. Du wirst die anderen nie wieder um Erlaubnis fragen müssen. Du kannst
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