Der Gegenschlag - Extreme Measures
feuchtes Gefängnis geworfen wurden, wo sie viele Jahre dahinvegetieren würden. Hakim hatte ihm immer wieder versichert, dass alles gutgehen würde. Den Drogenhandel zu unterstützen war für die kubanischen Militärs eine Möglichkeit, ihre schlechte Bezahlung ein bisschen aufzubessern und gleichzeitig den Amerikanern eins auszuwischen. Jeden Schritt ihrer Operation hatte Hakim sorgfältig geplant. Er hatte sich fast ein halbes Jahr in der Region umgesehen und sich mit den richtigen Leuten getroffen, um herauszufinden, wem er trauen konnte. Niemals sprach er über den Islam oder den Dschihad. Hier ging es um Drogen, etwas, dem die Vereinigten Staaten viel toleranter gegenüberstanden als dem Islam.
Karim hielt sich von den Soldaten fern, die sie am Flugplatz erwartet hatten, und befahl seinen Männern, es genauso zu machen. Sie sprachen alle mehr oder weniger gut Spanisch, aber nicht annähernd so gut wie Hakim, der es fließend beherrschte. Es waren zehn Soldaten von der kubanischen Armee da. Ein Offizier und neun gemeine Soldaten. Sie waren schwer bewaffnet, doch Hakim hatte ihnen versichert, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchten. Das war einfach die Art der Kubaner; sie trugen ihre AK-47-Gewehre mit sich herum wie andere Leute ihr Handy. Die meisten der Waffen waren gar nicht geladen. Die ganze Sache machte Karim äußerst nervös. Für einen Mann, der es gewohnt war, alles unter Kontrolle zu haben, war das der schwierigste Teil der Reise.
Er musste einfach darauf vertrauen, dass es gutgehen würde, und es dem Schicksal überlassen.
Hakim und der kubanische Offizier lachten über irgendetwas. Karim nahm an, dass es damit zu tun hatte, dass der Mann nun dreimal mehr Kokain besaß, als man ihm gesagt hatte. Der Zehn-Prozent-Anteil des Offiziers war nun über eine Million Dollar wert, wenn er das Kokain über die richtigen Kanäle verkaufen konnte. Hakim hatte die Sache perfekt eingefädelt. Diesen Leuten hatte er erzählt, dass er für ein Drogenkartell tätig sei, das nach neuen Handelswegen in die Vereinigten Staaten suchte. Wenn die Kubaner gewusst hätten, dass es sich um ein einmaliges Geschäft handelte, dann wäre zu befürchten gewesen, dass die Soldaten ihnen die Drogen abnehmen und sie alle ins Gefängnis werfen würden, wenn nicht noch Schlimmeres. Hakim versicherte den Leuten, dass sie nach dauerhaften Partnern suchten, die ihnen halfen, das Geschäft aufzubauen. Dass sie verschiedene Routen ausprobieren wollten, um dann alle zwei oder drei Wochen eine Ladung zu liefern. Bei solchen Zahlen wäre jeder, der nicht strenggläubig war, in Versuchung geraten.
Der kubanische Offizier und Hakim verabschiedeten sich nun voneinander. Karim sah, wie sein alter Freund den Mann umarmte, auf beide Wangen küsste und so laut verkündete, dass alle es hören konnten: »Viva la Revolución!«
Die kubanischen Soldaten wiederholten den Hochruf und schwenkten ihre Gewehre in der Luft. Hakim dankte auch den einfachen Soldaten. Er fasste den einen oder anderen am Arm, schüttelte ihnen die Hände und schritt die Reihe mit seinem ansteckenden Lächeln ab.
Karim hatte die Begabung seines langjährigen Freundes, andere für sich einzunehmen, immer schon bewundert.
Er war ein Chamäleon und fand bei jedem die richtigen Worte, egal ob er es mit einem armen Schlucker zu tun hatte oder mit einem Fürsten. Er interessierte sich immer dafür, was andere Leute taten und wie sie es anstellten, ihre Ziele zu erreichen. Wie jemand seine Wäscherei betrieb, wie ein anderer es geschafft hatte, Professor zu werden, wie einer sich um sein Fischerboot kümmerte oder wie ein anderer Wertpapierhändler geworden war. Wären sie nicht durch ihre langjährige treue Freundschaft verbunden gewesen, dann hätte sich Karim vielleicht bedroht gefühlt von der Leichtigkeit, mit der Hakim durchs Leben ging, doch zum Glück war es nicht so.
Ihre gegenseitige Loyalität ging auf ihre Freundschaft in Kindheitstagen zurück. Aus der gesunden Konkurrenz zwischen ihnen entwickelte sich ein tiefer gegenseitiger Respekt. Außerdem hatte Hakim immer schon zu Karim aufgeblickt, weil er der bessere Schüler und ihm athletisch ebenbürtig war. Hakim hatte als Erster daran geglaubt, dass es Karim vorherbestimmt war, in die Geschichte einzugehen als einer der Männer, die den Islam vor dem Westen retteten. In ihrer Jugend hatten sie davon geträumt, etwas Großes zu erreichen. Sie hatten sich intensiv mit der Frage beschäftigt, was gut und was
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