Der geheime Basar
froh und traurig zugleich, sie war für mich das Licht und die süße Hoffnung, die kühle Brise für die Seele, der verbotene Zauber. «Mein Tschutschu», flüsterte sie, «mein kleiner Kami.»
«Ich möchte dich heiraten», sagte ich zu ihr.
«Was willst du?», fragte sie verblüfft.
«Heiraten. Ich möchte dir gehören.»
«Du willst mich nicht wirklich heiraten, deine romantische Ader überwältigt dich.»
«Ich will, ganz sicher. Ich muss wissen, dass es für immer ist, dass es nicht im nächsten Moment vorbei ist.»
«Ist das ein Grund zu heiraten?»
«Und ich muss auch wissen, dass es legal ist. Ich habe nicht die Kraft, die ganze Zeit illegal zu leben.»
«Wann willst du heiraten?», fragte sie. «Geht es auch in ein paar Jahren?»
«Geht auch.»
Ich liebte sie nicht mehr als sonst an jenem Abend, tatsächlich glaube ich, dass ich sie sogar weniger liebte, doch ich hatte Angst, sie zu verlieren, also sagte ich das Erstbeste, was mir in den Sinn kam. «Ich will mit dir alt werden, Nilu, plötzlich wär ich gern schon alt mit dir, dass wir fünfzig Jahre vorwärtsspringen und hier zusammen auf der Straße spazieren gehen, ein schwaches, langsames Greisenpaar, von mir aus zittert mir sogar die Hand vor lauter Krankheiten, und ich sabbere eklig, und selbst wenn wir die Hässlichsten und Urältesten im ganzen Viertel sind, aber wir würden wissen, dass wir schon alles durchgemacht und überlebt haben. Soll man mich bemitleiden, das spielt keine Rolle, denn mir wird es gutgehen. Das ist das Leben.»
Sie lachte. «Es ist echt anstrengend, mit dir zusammen zu sein, Tschutschu. Wenn du nicht lernst, weniger verträumt und naiv zu sein, wirst du mit einem Happen verschluckt.»
Vielleicht ist sie zu pragmatisch für mich, dachte ich. Und ich dachte, man kann unmöglich leben, ohne jemanden zu lieben; ich brauchte sie. Ich sagte es: «Ich brauche dich.»
Sie bestellte ein Untergrund-Take-away: Drogen und Alkohol. Ein Gramm Koks für hunderttausend Tuman, für mich.
«Nein, Nilu, Schluss damit, ich möchte klar denken können.»
«Hör auf deinen Körper. Manchmal muss man ein wenig nachhelfen, um natürlich zu sein. Man muss alles erleben, bevor die Welt alt wird oder explodiert.» Sie reichte mir den weißen Stoff. Ich fühlte mich geschützt, weil ich mit ihr zusammen war. Also probierte ich es.
Ich warf mich auf den Rücken. Wach und Klar. Sie legte Ohr und Wange auf meinen Bauch und starrte versonnen vor sich hin. «Sollten wir jetzt komische Sachen denken?», fragte ich und wartete darauf, dass etwas passiert. Ich küsste sie schwach auf die Lippen. Sie ließ die zögernde Berührung fast eine Ewigkeit andauern, fasste mich sanft an den Hüften, hielt ihren Körper ganz still, lose, bis ich den Kopf nach hinten dehnte, lange Atem holte und ihn auf einen Schlag wieder ausstieß. «Das ist Steinigung. Für uns beide. Für eine solche Droge kann man gesteinigt werden.»
«Ist das erregend, dass es Steinigung ist?»
«Nein, es ist beängstigend.»
«Aber es ist keine Steinigung, Stockschläge vielleicht, im schlimmsten Fall, mach dir keine Sorgen. Auf Drogen steht keine Steinigung.»
«Gefängnis? Was ist eigentlich härter?»
«Keine Ahnung, wir schlagen nachher im Gesetz nach», sagte sie, und ich dachte, vielleicht läuft mir das Hirn leer, die letzten Gedankenfetzen entfleuchten mir, und ich hielt an, nichts ging mehr in mir vor. Wir starrten in die Luft, eine lange Weile, warteten auf die Wirkung, auf die komischen Gedanken. Unsere Haut war heiß. Ich ergriff ihre Hand fest umklammert.
«So viele Dinge liebe ich an dir», sagte Nilu.
«Ausgerechnet jetzt sagst du das? Ich werde nie wissen, ob du es echt so meinst. Ich weiß nicht mal, ob ich mich daran erinnern werde.»
«Nein, ich schwöre es.»
«Was gibt es an mir zu lieben?»
«An dir?» Sie war erfreut über die Frage. «Soll ich einfach die ganze Liste aufzählen?»
«Außer den peinlichen Sachen», sagte ich auf eine Art, als wollte ich gerade diese hören.
«Du bist ganz braun und warm. Ich liebe es, dass du klein bist. Und du hast so eine scharfe Nase und solche Augen, die in alle Richtungen schießen, als hättest du erst vor einer Minute entdeckt, dass du sehen kannst. Mir kommt es vor, als wollten deine Lippen die ganze Zeit küssen. Deine Haut ist so glänzend, so leuchtend, dass du ganz und gar aus Licht und Schatten und Blitzen zu bestehen scheinst. Dein ganzer Körper. Nicht nur das Gesicht. Wo immer man dich auch
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