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Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
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ein bisschen warten.»
    «Das klingt hübsch!» Sie lächelte. «Du bist ein praktischer Typ, ich habe einfach nicht verstanden, auf welche Prüfung du dich schon jetzt vorbereitest, die erste Woche hat gerade mal angefangen. Es ist echt nicht dringend, Soheil, du brauchst sie nicht zurückgeben.»
    Ich stieg in den Bus, hetzte in die Wohnung und warf die Bücher in eine Gemüsekiste, stürzte die Treppen hinunter, wieder auf die Straße, und nahm ein Sammeltaxi zurück zur Universität. Es war mitten in der Hauptverkehrszeit, die Straßen waren verstopft, jeder, der die Stadt durchquerte, steckte für drei Stunden in einer Blechbüchse fest, verlor die Nerven, hupte, fluchte. Anschließend rannte ich. Widerwärtig. Was für ein Kriecher von Mann zu sein hatte mir dieses Leben bestimmt, oder konnte man das einen Gentleman nennen? Sechshunderttausend Bücher gab es in dieser Bibliothek, und sie suchte ausgerechnet diese. Schließlich gab ich sie bei der Bibliothekarin ab und dachte, damit hätte es sich erledigt.
    Doch am nächsten Tag, wieder auf der Treppe, genau an der gleichen Stelle, kam Nilufar erneut angelaufen. Frauen ist es verboten zu rennen. Das betont Körperpartien. Aber sie rannte. Und schrie: «Soheil!» Diesmal blieb ich sofort stehen. «Du bist echt verrückt», sagte sie, «ich meine, danke, vielen Dank, das wäre nicht nötig gewesen, es ist ja nicht so, dass ich jetzt alle auf einmal lese.» Ihr Kopf war ein wenig nach rechts geneigt, während sie mich anblickte und darauf wartete, dass ich etwas sagte, doch ich schwieg. Ich dachte, dass ihre Schönheit viel mehr als einfach nur das war, sie war eine echte Persönlichkeit, klug und stark. Sie stützte sich auf das Geländer, als habe sie nicht die Absicht, so schnell zu verschwinden, und sagte: «Wenn du echt so bist, vielleicht könnte ich dich für etwas interessieren, darf ich dich um Hilfe bitten?»
    «Wenn du Exzerpte von den Stunden brauchst, musst du wissen, dass meine Handschrift wirklich grauenhaft ist», erwiderte ich, «verlass dich besser nicht auf mich.» Für einen Moment schien mir, ich hätte meine unterwürfige und pedantische Figur von gestern korrigiert, doch dann ruinierte ich gleich wieder alles. «Ich werde uns Zusammenfassungen von jemandem besorgen, der gut ist, keine Sorge.»
    «Nein, es hat nichts mit dem Unterricht zu tun, das heißt, es hat mit Maschinenbau zu tun, aber nicht mit dem Studium, es ist ein Privatprojekt.» Sie wand sich, schien Schwierigkeiten zu haben, sich auszudrücken. Wenn sie mich zu einem professionellen Projekt aufforderte, weshalb fiel ihr das schwer? Sie legte noch eine Denkpause ein, fasste sich dann und schlug vor: «Vielleicht hole ich dich ab, sagen wir mal heute Abend, und wir setzen uns irgendwo hin und reden? Hier ist nicht so richtig Zeit, um das zu erklären.»
    «Klar», antwortete ich sofort, bemüht, ihre Verlegenheit etwas zu zerstreuen. Ich gab ihr Zahras Adresse und bedankte mich. Dann schwiegen wir wieder, einen ganzen Augenblick, bis ich hastig hervorstieß: «Fe’lan, bis dann, auf Wiedersehen», und davonstürzte.
    Wie sollte man überhaupt verstehen, was dieses Mädchen wollte? Den ganzen Weg versuchte ich, die Tonlagen unseres Gesprächs zu rekonstruieren, versuchte, mich an ihren Geruch zu erinnern, mir die Wärme ihrer Hände vorzustellen, welchen Geschmack ein Kuss hätte. Ich glaubte nicht, dass ich besonders gut im Küssen war. Und ich hatte keine Ahnung, ob ich in der Nacht schnarchte, woher soll man das wissen? Vielleicht wäre es besser, immer auf der Seite zu schlafen, zur Sicherheit. Ich glaubte auch nicht, dass ich einmaligen Sex haben wollte, auch keinen mehrmaligen, der nur vorübergehend war, denn ich konnte mich noch nie wirklich an Dingen erfreuen, die gleich wieder vorbei sind und nach denen ich mich in Zukunft mit ziemlicher Sicherheit sehnen würde, wenn sie nicht mehr für mich da sind, das bekommt mir nicht. Wenn wir vielleicht einmal miteinander schlafen, kämen nach dieser einen Nacht sechzig Jahre, in denen ich nie mehr so etwas Gutes wie sie finden, alles mit ihr vergleichen würde. Ich liebte es, in Dinge zu investieren, die immer da sein würden, zu denen ich immer zurückkehren könnte. Sie war sicher keine, zu der ich immer zurückkehren könnte, sie würde nicht für immer mein sein, nicht einmal für ein Jahr, bestenfalls für einen Monat. Diese Einsicht würde sogar den Sex für mich traurig machen. Denn auch wenn der Körper eine Stunde,

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