Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Basar

Der geheime Basar

Titel: Der geheime Basar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ron Leshem
Vom Netzwerk:
alles akzeptierten, wie es kam. Das hat etwas Beruhigendes. Gebe Gott, ich wäre so. Aber nichts zu machen, das zornige Mädchen, das jedes Mal verrückt spielt, wenn man ihm Grenzen setzt, weigert sich zu sterben, sie ist mein innerer Zünder. Zum Beispiel, wenn man mich nicht ins Stadion lässt, um ein Fußballspiel zu sehen, wenn man zu mir sagt, Männer, die kurze Hosen tragen, seien zu gefährlich für eine Frau, oder wenn man mir verbietet, mit Männern zu konkurrieren. Ich habe keine Lust, mich kleingeistigen Beamten zu unterwerfen.»
    «Versucht denn noch irgendjemand, dich aufzuhalten?»
    «Tatsache ist», antwortete sie mit einem Lächeln, «dass man mir Rennen verbietet. Aber lass uns darüber reden, wenn es Zeit fürs Geschäftliche ist.»
    Wieder war mir die Ruhe genommen. Die Neugier verzehrte mich. Wenn sie versuchte, mich in geheime revolutionäre Umtriebe zu involvieren, musste ich mich sanft weigern, ohne sie zu beleidigen. Bei Allah, was hatte sie für einen Plan, welche Hilfe erwartete sie sich von mir? Ich versuchte tastend, irgendwie beim Thema zu bleiben. Da sie gesagt hatte, wir reden darüber, wenn es Zeit fürs Geschäftliche ist, suchte ich nach Fragen, die indirekt damit verbunden waren. «Ist dein Vater dafür?»
    «Wofür?» Ihr Gesicht verhärtete sich.
    «Die Gesetze zu verändern», antwortete ich zögernd.
    «Ich bin Papas Tochter», wich sie aus, «wir waren nicht immer reich, aber mein Vater hat mich stets verwöhnt, nahm mich auf Jagdausflüge mit, zum Klettern in die Berge, bestand darauf, mich in einen privaten Kindergarten zu schicken, in eine Privatschule, hörte nie auf, mich vorwärtszudrängen, damit ich Erfolg habe.»
    «Und heute?» Ich versuchte zu verstehen. «Er ist schließlich Parlamentsmitglied, und du bist ein kleines Problem, oder?»
    «Er liebt mich», wich sie wieder aus. Offenbar gelangweilt von dem Thema, stellte sie plötzlich die Frage: «Hast du Erfahrung mit Mädchen?» Ein Schuss mitten in die Brust. Ich lächelte und verdrehte die Augen. Sie lachte.
    «Nach meinem letzten Informationsstand ist sogar dieses Treffen zwischen dir und mir ein Verhaftungsanlass wegen unmoralischer Beziehung», sagte ich. «Oder sind japanische Restaurants nicht Sache der Basidschis?» Ich wollte herausfinden, ob sie darauf baute, dass ihr Vater sie rettete, wenn wir hier in Schwierigkeiten gerieten.
    Im Schulbus in Anzali waren wir morgens alle zusammengewürfelt, Mädchen und Jungs, für eine knappe Viertelstunde steckten wir gemeinsam in einer Blechbüchse. Ich stieg immer mit dem Fahrrad in den Bus, obwohl es schneller für mich gewesen wäre, damit zu fahren, setzte mich allein neben die hintere Tür und stellte mich schlafend in der Hoffnung, sie würden mich anschauen und anlächeln, vor allem die schüchternen Mädchen, die mit mir in Augen- und Lidersprache, mit Wimpern und Stirnfalten zu reden versuchten. Amir, der seine Ohren überall hatte, berichtete mir mehr als einmal, ich sei bei ihren Abstimmungen zum Hübschesten von den Jungen gewählt worden. Sie erfanden Kosenamen für mich, und ich war ständig verliebt, baute Wolkenschlösser, ging jedem süßen kleinen Wink auf den Leim und sammelte dann auf allen vieren die Scherben meines Herzens auf, die auf dem schmutzigen Boden zwischen den Sitzen zurückblieben.
    «Ich habe wenig», beantwortete ich endlich Nilufars Frage, «das heißt, sehr wenig Erfahrung mit Mädchen. Hat sich nicht ergeben.»
    «Gut, der Vater der Revolution hat uns gewarnt, dass der Islam kein Spaß ist, aber wir haben ihn trotzdem gewählt.»
    Die Minuten verstrichen wie ein stiller Sturm, und plötzlich wurden die Teller abgeräumt, gleich war es vorbei, und sie würde mir davonlaufen, doch wir dehnten die Zeit mit einer ausgiebigen Diskussion um die Bezahlung. Nilufar kämpfte wie eine Löwin, beharrte darauf, dass dies ein Geschäftstreffen sei. Ein Beratungstermin. Ich hätte beleidigt sein sollen, war es jedoch nicht, aber es war mir wichtig, sie merken zu lassen, dass ich nicht nachgab, ihren Wohlstand nicht ausnutzte und ihr nicht erlauben würde, Geld an mich zu verschwenden. Also zahlte ich am Ende für uns beide, sehr zufrieden, auch als ich begriff, was für ein Glück ich hatte, dass meine Mutter die Rechnung nicht sah, und auch Amir nicht.
    Wir fuhren nach Norden ins Elahieh-Viertel, zu einer Party von Freunden, wie sie erklärte. Die Tür öffnete sich, im Hintergrund spielten die Gipsy Kings. «Das passt zu dir, mit cooler

Weitere Kostenlose Bücher