Der geheime Basar
Nilufar zu verheimlichen. Vielleicht war es sogar besser, ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren, mochte es auch traurig für uns beide werden. Amir würde in seiner Partei sein und ich mit Nilu, und wenn er wollte, könnten wir es zusammen schaffen, und wenn nicht, dann nicht, das Leben würde weitergehen. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, erzählte ich es schnell, einfach so, ohne jede beschönigende Einleitung. «Sie ist den ganzen Tag in meinem Kopf, ich bin nicht mehr fähig, es vor dir zu verbergen.»
Eine tiefe Kränkung breitete sich über sein Gesicht aus, er wurde blass, doch ich konnte es nicht lassen, sondern erzählte von der Nacht, meiner ersten mit ihr, und von dem wilden Leben, das dort auf den Untergrundpartys brodelte. Und von der Fahrt zum Ferienhaus am Kaspischen Meer.
Amir warf seinen Kopf leicht nach hinten und sagte: «Verstehe, erlaubte Dinge machen keinen Spaß.» Er täuschte nüchterne Beherrschung vor, doch aus seinen Augen sprach Verletzung. Ich fragte mich, ob er böse war, dass ich es erst jetzt erzählte, oder ob es die Erkenntnis war, dass er zunehmend an Boden verlor, dass ihm nun ein Mädchen den einzigen Freund stahl, den er jemals hatte. Die Neugier brannte in ihm, ich sah sie auf dem Grund seiner Augen, all die Fragen nagten an ihm, ob wir Sex hatten, wie es war, doch mein kleiner Ajatollah bemühte sich angestrengt zu schweigen.
Auch ich verstummte. Er sollte begreifen, dass es hier um mich ging, dass er Interesse oder Anerkennung zeigen sollte. Doch Amir verschanzte sich. Wir bogen in eine Gasse mit Lehmmauern, ein Truthahn flatterte von Hof zu Hof, wie zu Hause, und ein Pfauenpaar schwankte, wohin es flüchten sollte. Wir marschierten über das schmale Kopfsteinpflaster, ohne zu wissen, wohin.
«Du irrst dich», seufzte er plötzlich, «du begehst einen großen Fehler.»
«Amir», bat ich versöhnlich, «mach kein Politikum daraus. Ich weiß noch nicht mal, ob es Liebe ist.»
Er schluckte es mit saurer Miene und verfiel wieder in Schweigen.
«Was hast du für ein Problem?», fragte ich.
«Ich denke, du solltest sehr genau prüfen, ob du dich zu ihr hingezogen fühlst oder zu dem, was sie für dich verkörpert, diese ganzen Vergnügungen, von denen du denkst, dass sie skandalös seien, und die du irrtümlich für die Freiheit hältst. Der Alkohol, die Drogen und der Sex.»
«Ich liebe Sex!», schrie ich mitten auf der Straße. «Stinkt dir das? Ekelt es dich? Was soll ich machen, ich gestehe, ich habe es ausprobiert, und ich liebe es. Wenn du nicht willst, brauchst du es ja nicht probieren, aber lass die Leute ihr Leben leben.»
«Ich ziehe es vor, dass du mir keine solchen Sachen erzählst, Kami», verkündete er mit kalter Entschlossenheit.
«Was beunruhigt dich daran? Was? Dass die Basidschmilizen die Wohnung stürmen und mich erwischen, während ich mit ihr schlafe? Fürchtest du dich davor? Dann mach dir mal keine Sorgen, unsere Eltern werden bezeugen, dass sie von der Beziehung wissen, dass wir an Heirat denken. Beruhigt? Du wirst mich in keinem Gefängnis besuchen müssen. Nervensäge.»
«Ich mische mich nicht bei dir ein, mach, was du willst, aber ich bitte dich, es mir nicht zu erzählen.»
«Nein, Amir, ich will es dir aber erzählen, und ich will, dass du deine Meinung sagst, um zu hören, was du über mich denkst.»
«Hör auf, Streit zu suchen, Kami, das ist nicht wegen dir, sondern wegen ihr. Man muss nicht alle Grenzen ausloten. Denkst du, das tut deiner Seele gut, dich ihren Vergnügungen zu überlassen? Ich sorge mich um dich, es tut mir weh, wenn du einen Fehler begehst. Das ist Freundschaft. Du wirst nicht wissen, wie du das bewältigen sollst, du bist blind, du wirst nicht wissen, wo du einhalten musst.»
«Was meinst du? Drogen?»
«Zum Beispiel. Hast du eine Ahnung, wie einfach es ist, da hineinzuschlittern? Zwei Millionen Heroinabhängige kriechen hier herum, kratzen jeden Morgen siebentausend Tuman aus der Kanalisation für einen Schuss. Auch wenn du, der Stärkste von allen, es schaffst, nicht in diese Grube zu fallen, ermutigst du die anderen, indem du an ihren Partys teilnimmst. Du leistest dieser Seuche Vorschub.»
«Ja, du hast recht, Amir Teimuri, wir sind einer der drei süchtigsten Staaten der Welt, Glückwunsch an die Islamische Republik. Und auch an deine Mullahs, die offen Opium konsumieren, weil das bei ihnen Tradition hat, und auch für Chamenei, ich habe Fotos gesehen, auf denen er eine Zigarette raucht wie eine
Weitere Kostenlose Bücher