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Der geheime Garten

Der geheime Garten

Titel: Der geheime Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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Sie überlegte jetzt, ob Martha wohl wüßte, was es gewesen sein könnte.
    »Martha«, fragte sie, »was sind das für weiße Wurzeln, die wie Zwiebeln aussehen?«
    »Das sind Knollen«, antwortete Martha. »Viele Frühlingsblumen entwickeln sich aus Knollen. Die ganz kleinen sind Krokusse und Schneeglöckchen, und die großen sind Narzissen und Osterglocken. Die allergrößten sind Lilien. Die sind wunderschön! Dickon hat eine ganze Menge in unserem Garten gepflanzt.«
    »Weiß Dickon viel über Blumen?« fragte Mary und hatte einen neuen Gedanken.
    »Unser Dickon kann eine Blume aus einem gepflasterten Weg zaubern.«
    »Leben solche Knollen eigentlich lange?« fragte Mary ängstlich.
    »Die helfen sich selbst«, sagte Martha. »Darum können auch arme Leute sich so etwas leisten. Wenn man sich gar nicht um sie kümmert, wachsen sie im Boden weiter und vermehren sich. Hier im Park gibt es eine Stelle, da wachsen Tausende von Schneeglöckchen. Das ist der schönste Anblick in ganz Yorkshire, wenn der Frühling kommt. Und niemand weiß, wer sie dort hingepflanzt hat.«
    »Ich wollte, es wäre schon Frühling«, sagte Mary. »Alles, was in England wächst, möchte ich sehen.«
    Sie war mit Essen fertig und hockte auf dem Teppich vor dem Kamin. Das war jetzt ihr Lieblingsplätzchen.
    »Ich wollte — ich wollte, ich hätt' einen Spaten«, sagte sie.
    »Wofür brauchst du denn einen Spaten?« fragte Martha lachend. »Willst du zu graben anfangen? Das muß ich Mutter erzählen.«
    Mary schaute ins Feuer und zögerte. Sie mußte vorsichtig sein, wenn sie das Geheimnis ihres kleinen Königreiches bewahren wollte. Eigentlich tat sie ja nichts Böses, aber wenn Mr. Craven herausfinden würde, daß sie das Tor geöffnet hatte, würde er furchtbar böse werden, einen neuen Schlüssel anfertigen lassen und den Garten für immer absperren. Das würde sie nicht ertragen.
    »Es ist sehr einsam hier«, sagte sie langsam, als ob sie über irgend etwas nachdächte. »Das Haus ist einsam, der Park ist einsam, und die Gärten sind einsam. Viele Türen sind abgeschlossen. Ich hatte in Indien auch nie viel zu tun, aber es gab allerlei Leute, die man ansehen konnte, Eingeborene und Soldaten, die manchmal vorbeimarschierten. Und hin und wieder spielten Musikkapellen. Und meine Ayah erzählte mir Geschichten. Hier gibt es fast niemand, mit dem ich reden kann, nur dich und Ben Weatherstaff. Du hast deine Arbeit, und Ben Weatherstaff will nicht immer mit mir reden. Ich dachte, wenn ich einen kleinen Spaten hätte, könnte ich irgendwo graben, so wie er. Und ich könnte mir einen eigenen kleinen Garten machen, wenn Ben Weatherstaff mir ein bißchen Samen gäbe.«
    Marthas Gesicht hellte sich auf. »Das ist ganz richtig. Genau das sagte Mutter auch. Sie meinte, da ist doch soviel Platz, warum gibt man ihr nicht ein Stückchen Garten, mit dem sie machen kann, was sie will, wenn sie auch nur ein bißchen Petersilie und ein paar Radieschen anpflanzt. Sie kann graben und harken und hacken, und dabei wird sie glücklich sein! Das war genau das, was sie sagte.«
    »Wirklich?« fragte Mary. »Was sie doch alles weiß!«
    »Nun ja«, sagte Martha. »Sie meint, eine Frau, die zwölf Kinder aufzieht, muß viel mehr wissen als nur das ABC.«
    »Wieviel würde wohl so ein Spaten kosten, ein kleinerer?« fragte Mary.
    »Ja«, überlegte Martha, »in Thwaite gibt es einen Laden; dort habe ich kleine Gartengeräte gesehen. Einen Spaten, eine Harke und eine Spitzhacke. Die waren zusammengebunden und kosteten zwei Shilling. Es war solides Werkzeug.«
    »Ich habe mehr als zwei Shilling in meinem Portemonnaie«, sagte Mary. »Mrs. Morrison hat mir fünf Shilling gegeben, und Mrs. Medlock hat mir von Mr. Craven etwas Geld gegeben.«
    »Hat er sich denn überhaupt an dich erinnert?«
    »Mrs. Medlock sagte, ich sollte jede Woche einen Shilling haben und dürfte ihn ausgeben. Sie gibt mir jeden Sonnabend einen. Ich wußte bis jetzt nicht, wofür ich ihn ausgeben sollte.«
    »Mein Wort«, sagte Martha, »das ist Reichtum. Du kannst alles in der Welt dafür kaufen, was du haben willst. Die Miete für unsere Hütte kostet nur einen Threepence. Jetzt denke ich aber gerade an etwas.« Sie legte ihre Hände auf die Hüften.
    »Woran denn?« fragte Mary eifrig.
    »In dem Laden in Thwaite verkaufen sie Päckchen mit Samen, Stück für Stück einen Penny. Und unser Dickon weiß ganz genau, welches die schönsten Samen sind. Er geht, nur zum Spaß, ziemlich oft nach Thwaite.

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