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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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Einzige, der ihm blieb. Vielleicht könnte Mora sich bei ihm entschuldigen, vielleicht könnte er behaupten, das Weibchen sei ihm in der Nacht entflohen. Dann könnte er zusammen mit dem Herrn weiterleben, könnte heimlich an Fina denken, in dem erleichternden Wissen, dass der Geheime sie nicht bekommen hatte.
    Mora atmete tief ein. Für einen Moment wollte er es auf diese Weise versuchen, wollte ein neues Leben beginnen, das genauso verlief wie sein altes, fast so, als hätte es die Monate an Finas Seite nicht gegeben.
    Erst mit seinem nächsten Gedanken wurde ihm klar, dass der Geheime nur wenige Nächte brauchen würde, um die Wahrheit herauszufinden. Er müsste Mora nur in seinen Träumen besuchen, um zu wissen, was wirklich geschehen war. Und spätestens dann würde er Mora töten und Fina von neuem verfolgen.
    Falls der Herr nicht schon jetzt die ganze Wahrheit kannte. Womöglich hatte er die Waffe schon gewählt, mit der er Mora töten würde, womöglich wartete er nur noch darauf, dass sein Diener zu ihm kam.
    Mora vergrub die Hände in seinen Haaren. Er dachte an die vergangene Nacht, an Finas Berührungen, an die Liebe, die sie geteilt hatten. Sie hatte ihm gezeigt, wie wertvoll sein Leben war, dass sie beide zusammengehörten. Und jetzt hoffte sie, er würde seinen Herrn besiegen und ihr folgen – damit sie sich weiterhin lieben konnten.
    Mora hatte ihr ein Versprechen gegeben.
    Er richtete sich auf. Es gab nur eine Möglichkeit: Er musste wenigstens versuchen, den Geheimen zu töten.
    Mit dem Gedanken durchzuckte ein gewaltiges Beben seinen Körper. Er konnte kaum aufstehen, konnte seine Füße kaum voreinandersetzen. Plötzlich wusste er, dass es ihm niemals gelingen würde, dass er sterben würde, sobald der Herr ihn erblickte. Mora versuchte, seine Schultern zu straffen, seine Angst zu besiegen. Er tat es für Fina! Und wenn er es nicht schaffte, dann war es egal, wenn der Herr ihn umbrachte – denn sterben würde er so oder so.
    Vielleicht war dies die schlimmste Erkenntnis von allen: zu wissen, dass er in jedem Fall sterben würde, dass er das Ende dieses Tages nicht mehr erleben durfte.
    Plötzlich musste er daran denken, wie der Herr ihm das Jagen beigebracht hatte, wie er ihm erklärt hatte, dass er einen Plan brauche, eine Strategie. Er müsse sein Opfer kennen, müsse wissen, welches seine Schwächen seien, wohin es seine Schritte setze und womit es sich verführen ließe. Nur so könne er sein Opfer in die Falle locken und überwältigen. Doch eines sei bei der Jagd am wichtigsten: Er müsse es wollen! Wenn er sich wünsche, dass das Tier entkam, dann würde es entkommen. Nur wenn er töten wolle, wenn ihn der Wille ganz und gar erfülle, würde er erfolgreich sein.
    Mora atmete ein. Er musste es wollen! Der Wille, den Herrn zu töten, musste ihn ganz und gar erfüllen! Er kannte den Geheimen gut, kannte seine Stärken – und seine Schwächen. Und er war inzwischen ein erfahrener Jäger, erfahren genug, um seinen Plan erst kurzfristig zu beschließen, um die Situation zu beobachten und seine Strategie darauf auszurichten.
    Endlich ließ das Zittern seiner Glieder nach, endlich konnte er sich zu seiner vollen Größe aufrichten und mit entschlossenen Schritten weiterlaufen. Er würde sich niemals wieder unterdrücken lassen, würde sich nie wieder vor dem Herrn ducken. Aus diesem Kampf konnte er nur als Sieger hervorgehen – und wenn er am Ende dieses Tages tot war, dann hatte er sein Leben wenigstens verteidigt.
    Mora erreichte die Stelle, an der er ein Tor zum Tarnkreis des Herrn streuen musste. Er schüttete das letzte Salz aus dem Säckchen in seine Hand und ließ es in den Schnee rieseln. Einen Moment lang zögerte er. Aber schließlich zwang er sich, über das Salztor zu treten.
    Die Hütte des Geheimen lag nicht weit entfernt hinter den Bäumen. Mit lautlosen Schritten schlich Mora darauf zu. Er konnte den Herrn nur töten, wenn er ihn überraschte – und er musste ihn von hinten erwischen. In einem offenen Kampf hätte er keine Chance gegen die Schnelligkeit des Geheimen.
    Mora erreichte die Hütte. Er lauschte und hörte das Summen des Alten im Inneren. Er hob einen Stock vom Boden auf, zog sein Wurfmesser und hielt es so, dass er es abwerfen konnte. Ganz dicht drückte er sich an die Wand neben der Tür, zielte mit dem Stock auf einen Baum und schleuderte ihn in die Ferne. Der Ast krachte, als er auf den Stamm prallte.
    Das Summen in der Hütte verstummte. Gleich darauf flog

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