Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
Vom Netzwerk:
hatte, am Ende einer dramatischen Geschichte um Liebe und Trennung …
    … um Flucht und Verbannung und die Lügen der Susanne M.
    Fina fühlte, wie sich ihre Nasenflügel verächtlich zusammenzogen.
    Die Art, wie ihre Eltern sich küssten, wurde gierig, ein leises Keuchen flatterte durch die Nacht und ließ die Stimme ihrer Mutter erahnen.
    Das ist eklig! Fina wusste nicht, ob sie es aussprach oder nur dachte. Sie hatte genug!
    Hastig packte sie die Kamera ein und warf den Rucksack auf ihren Rücken. Sie duckte sich tief in den Schatten der Kirche, huschte um das Gemäuer herum und fing an zu rennen.

3. Kapitel
    F ina fuhr auf. Sie saß in ihrem Bett, Schweiß klebte auf ihrer Haut und durchnässte ihr T-Shirt. Ihre Augen brannten, als drängten die Tränen dahinter hinaus. Aber die Tränen kamen nicht.
    Sie hatte geträumt. Schon wieder. Sie war dort unten gewesen, an dem geheimen Ort, der sich in ihrem Schlaf versteckte. Was sie gestern zum ersten Mal entdeckt hatte, spürte sie heute ganz deutlich: In der Dunkelheit ihres Schlafes fand sie Nacht für Nacht ihr Zuhause. Und wenn sie erwachte, dann trauerte sie darum, weil nicht einmal ihre Erinnerungen dieses Zuhause festhalten konnten.
    Doch heute schien noch mehr hinzugekommen zu sein, ein Gefühl, das sie noch nicht kannte. Plötzlich wusste sie, dass dort unten jemand bei ihr war, Nacht für Nacht, jemand, der ihr etwas bedeutete – und den sie soeben, mit dem Ende ihres Traumes, verloren hatte.
    Das Brennen in ihren Augen ließ nach, als sich die Tränen endlich daraus lösten und über ihre Wangen tropften.
    Fina wischte über ihr Gesicht. Hastig sprang sie aus dem Bett und holte ihr Tagebuch aus der Schreibtischschublade. Draußen war es noch dunkler als am Morgen davor. Selbst der Mond stand noch am Himmel, riesig groß und nur knapp über dem Horizont, hinter dem er bald verschwinden würde.
    Fina schlug das Buch auf und kritzelte im Mondlicht hinein.
Liebe Großmutter,
Heute Nacht bin ich dem Geheimnis meines Traumes wieder etwas näher gekommen, sehr nah sogar, so nah wie nie zuvor. Zum ersten Mal fange ich an zu verstehen, warum dieser Traum und ich so sehr miteinander verbunden sind. Das klingt jetzt vielleicht verrückt: Ich war noch niemals verliebt. Aber in diesem Traum lebt jemand, den ich liebe. Fast kommt es mir vor, als wäre er dort unten gefangen und als wäre ich die Einzige, die ihn befreien könnte. Ich will zu ihm, bei ihm sein, mich wenigstens an ihn erinnern. Vielleicht bin auch ich die Gefangene – und wenn ich ihn und unser gemeinsames Zuhause endlich finden könnte, dann wären wir beide frei.
Zum Teufel, wieso kann ich mich nie an den Traum erinnern? Er ist so wie mein ganzes Leben: Alles, was mir lieb und wichtig ist, zerrinnt mir unter den Händen. Von dem, was gestern war, gibt es schon morgen nichts mehr. Selbst meine Mutter belügt mich und nimmt mir die einzige Liebe, auf die ich vertraut habe.
Vergänglichkeit ist das Thema einer Mappenprüfung, auf die ich mich vorbereiten wollte. Aber wie immer frisst mich die Vergänglichkeit, bevor ich ihr in die Augen sehen konnte.
    Fina klappte das Buch zu. Wieder sah sie das Bild ihrer Eltern unter der Platane vor sich, wie sie sich küssten und streichelten. Fast kam es ihr wie ein böser Alptraum vor. Doch es war wirklich geschehen.
    Sie konnte jetzt nicht darüber schreiben, konnte es nicht einmal ihrem Tagebuch und ihrer weit entfernten, fast unbekannten Großmutter berichten.
    Mit einem Seufzen stand sie auf, tauschte ihr nassgeschwitztes T-Shirt gegen einen trockenen Jogginganzug und schlich die Treppe hinunter. Sie musste noch mehr herausfinden, vielleicht konnte sie jetzt noch einmal nach dem Tagebuch ihrer Mutter suchen.
    Was hatte das Ganze zu bedeuten? Warum war ihre Mutter mit ihrem Vater zusammen und liebte ihn, während sie gleichzeitig auf der Flucht vor ihm waren?
    Unten in der Diele war alles hell erleuchtet. Ihre Mutter war bereits in der Küche. Sie stand mit dem Rücken zur Tür und hantierte mit der Espressomaschine. Ihre Hände zitterten, als sie Kaffeepulver einfüllte. Schwarze Krümel rieselten auf die Arbeitsfläche, direkt neben den Aschenbecher, in dem eine Zigarette qualmte.
    Fina wusste, was das alles bedeutete. Noch heute würden sie die Provence verlassen. Mit dem nächstmöglichen Flug würden sie nach Neuseeland fliehen, wie ihre Mutter es vorbereitet hatte. Bestimmt lagen die Pässe mit den frischen Visa schon in ihrem Büro, und bestimmt hatte

Weitere Kostenlose Bücher