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Der geheime Name: Roman (German Edition)

Der geheime Name: Roman (German Edition)

Titel: Der geheime Name: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Winterfeld
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einen Punkt, an dem sich das Wasser teilte und zu zwei Seiten auswich, gerade so, als würde jemand durch den See schwimmen.
    Nur, dass dort niemand war.
    Die seltsame Welle schob sich auf sie zu, strebte zielstrebig zum Ufer.
    Fina wich zurück. Das musste ein Tier sein! Das war es: ein Otter oder ein Biber, der knapp unter der Wasseroberfläche schwamm.
    Hastig hob sie die Kamera. Sie wollte ihn erwischen, wenn er auftauchte. Doch je näher die Wellen kamen, desto heftiger zitterten ihre Finger.
    Schließlich drückte sie den Auslöser, als wäre die Kamera eine Waffe. Immer wieder schoss sie auf den unsichtbaren Schwimmer, wartete auf das Tier.
    Plötzlich hob sich das Wasser zu einer steilen Welle, als würde sich etwas Großes daraus erheben.
    Etwas Unsichtbares!
    Das Wasser klatschte zurück in den See und ließ keine Spur von dem, was es geboren hatte.
    Fina taumelte zurück, bis ihr Rücken gegen eine Birke stieß. Der Torfboden unter ihren Füßen vibrierte, fast so, als käme ein Mensch auf sie zu.
    Sie bebte am ganzen Körper, konnte sich kaum rühren. Wenn dort wirklich ein Unsichtbarer war, dann stand er auf dem Wanderweg und versperrte ihr jede Fluchtmöglichkeit. Fina hob ihre Kamera, drückte ab, als könne sie sich damit schützen.
    Der Blitz tauchte die Nebelschwaden in ein helles Leuchten und wurde von dem Keuchen eines Menschen beantwortet. So dicht vor ihr, dass sie ihn sehen müsste.
    Fina stöhnte auf. Ihre Hände wurden schwach, konnten die Kamera nicht mehr halten und ließen sie fallen.
    Im nächsten Moment rannte sie über den schmalen Pfad, der zwischen den Torfstichen entlangführte. Doch er wurde immer unwegsamer. Bäume versperrten ihren Weg, die scharfen Abgrenzungen der Torfstiche lösten sich auf, bis sie zwischen Binsen und Moos im Slalom sprang, immer auf der Suche nach der nächsten Erhebung, die ihr Gewicht halten konnte.
    Hinter ihr rannte jemand. Sie hörte seine Schritte, hörte seinen Atem, mühelos und viel zu nah in ihren Ohren. »So bleib sie doch stehen. Es tut ihr nichts.«
    Finas Herzschlag explodierte, ihre Schritte wurden so schnell wie nie zuvor. Mit langen Sätzen jagte sie durch das Moor, sprang in riesigen Sprüngen über die Wasserlöcher.
    »So bleib sie endlich stehen! Der Grund ist gefährlich!« Die fremde Stimme rief ihr nach, blieb hinter ihr zurück, fast, als hätte er die Verfolgung aufgegeben.
    Fina warf einen Blick über die Schulter, wollte sehen, wo er war.
    Er war unsichtbar! Ärgerlich riss sie ihren Kopf nach vorne, gerade noch rechtzeitig, um die dunklen Wasserlöcher zu sehen, die vor ihr erschienen, zu groß, um darüber hinwegzuspringen. Sie fand eine Baumwurzel, sprang darauf und rutschte im gleichen Moment ab. Krachender Schmerz zuckte durch ihr Schienbein, grauer Himmel, brauner Boden wirbelten um sie herum. Ihre Schultern landeten zuerst – weich, nass, ihr Gesicht war gerade noch über dem Wasser –, Fina strampelte, um zu schwimmen, um ihren Kopf oben zu halten. Doch die Torfmoose nahmen ihren Körper gefangen, griffen mit unzähligen kleinen Krallen nach ihr und zogen sie nach unten.
    Sie war ins Moor gestürzt!
    Ihre Arme und Beine kämpften, wollten ihren Kopf vor dem Untertauchen retten. Doch das Moor fraß sie nur umso schneller. Sie spürte seine Gier, seinen Hunger, mit dem es sie verschlingen wollte.
    Fina schrie, bis der Kolk ihren Mund zum Verstummen brachte. Nur noch wenige Zentimeter, und er hätte ihre Nase ebenfalls umschlossen.
    Finas Atem ging hektisch. Wie oft noch atmen, bevor sie Wasser in ihre Nase zog? Der Unsichtbare hatte sie gejagt, und das Moor würde sie verschlingen.
    Sie würde sterben! Hier im Moor! Ohne ihre Mutter noch einmal zu sehen, ohne zu erfahren, von wem sie verfolgt wurde.
    Von einem Unsichtbaren. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander – verhedderten sich in einem unlösbaren Knoten.
    Panisch saugte sie die Luft ein, nur eine Sekunde, bevor ihre Nase versank.
    »Nun halt sie doch still!« Die unsichtbare Stimme war das Letzte, was sie hörte, bevor auch ihre Ohren vom Gluckern umschlossen wurden.
    Hände fassten unter ihre Achseln.
    Einen Moment später wurde ihr klar, dass sie wieder Luft atmete, dass sie nicht ertrank. Jemand zog sie, zerrte sie auf festen Boden und hob sie hoch. Fina blinzelte und sah das Moor, den Nebel, spürte die Wärme eines Menschen, der sie trug.
    Sie lebte noch, jemand hatte sie gerettet! Mit einem Keuchen wich der Atem aus ihrer Lunge, ihre Augen fielen zu, und sie

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