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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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acht Seiten mit insgesamt hundertachtzig Titeln von Bostoner Zeitungen, die auf Mikrofilm verfügbar waren.
    »Ich weiß ja nicht, wie Ihr Forschungsprojekt aussieht, aber Sie sollten sich auch ein paar der Universitätszeitungen aus der Zeit ansehen«, sagte sie. »Aus dem Kopf weiß ich, dass es die Harvard Gazette und den Crimson damals auch schon gab. Es könnte noch weitere geben. Im Mikrofilm-Lesesaal wird man eine komplette Liste haben.«
    Wir dankten ihr und eilten in jenen Teil der Bibliothek, bei dessen bloßer Erwähnung die meisten Studenten Zustände bekommen. Für die meisten von uns ist das Magazin der Widener-Bibliothek einem Stephen-King-Horrorfilm entsprungen. Getrennt vom Hauptteil der Bibliothek, war das Magazin in einem eigenen Flügel untergebracht. Es gab insgesamt zehn Stockwerke mit 3,2 Millionen Bänden auf mehr als acht Regalkilometern. Die Sammlung seltener Bücher reichte bis ins sechzehnte Jahrhundert zurück. Dort war es immer kalt und dunkel, und dumpfe, seltsame Geräusche hallten durch die engen Gänge. Mehrere Stockwerke waren von Stahlzäunen umgeben, und manchmal dauerte es eine ganze Weile, bis man einen Ausgang gefunden hatte, der nicht abgeschlossen war. Während die meisten von uns möglichst wenig Zeit in diesem literarischen Sibirien verbrachten, lebten die in sich gekehrten Superspezialisten dort; sie hatten sich in den kleinen Lesenischen häuslich eingerichtet – mit Decken und Kissen und sogar Weckern, die sie mit sanften Vibrationen aus ihren kleinen Forscherschläfchen rissen. Für sie war das Magazin der nostalgische Magnet akademischer Schinderei, der sie nach Harvard zog. Das Magazin war eine Legende in der wissenschaftlichen Welt und diente einigen der am meisten veröffentlichten und international anerkanntesten Gelehrten als Forschungsbasis. Während der Rest der Bibliothek renoviert und technisch auf den neuesten Stand gebracht worden war, blieb das Magazin unberührt und ausgesprochen primitiv, als hätten die Götter der Bibliotheken beschlossen, dass wir Studenten selbst bei den einfachsten Aufgaben nur unter größten Mühen unsere akademischen Sporen verdienen durften.
    Dalton und ich mussten uns seitwärts in den quietschenden alten Aufzug zwängen, der uns in die kalten Verliese des Wissens brachte. Es war einer dieser altmodischen Aufzüge mit Schiebegittertüren und Maschendrahtverkleidung, der einem erlaubte nach draußen zu schauen, während er sich zwischen den Etagen bewegte. Es war ein Wunder, dass das alte Ding sich immer noch bewegen konnte, obwohl sich Unmengen Staub und schwarze Schmiere an den Rollen und Kabeln abgesetzt hatte. Ich war schon zweimal in diesem Aufzug stecken geblieben, was für die meisten Studenten ungefähr der Durchschnitt zu sein schien. Der Aufzug stellte nach längerer Benutzung immer wieder mal den Dienst ein, oder er hielt in Stockwerken, die nicht gedrückt worden waren. Die Fahrt ging stets mit nervtötender Langsamkeit vonstatten.
    »Irgendwann wird jemand in diesem verdammten Käfig sterben«, sagte Dalton.
    »Es würde mindestens eine Woche dauern, bis jemand ihn findet«, sagte ich und drückte den Knopf zum siebten Stock.
    »Kennst du schon die Geschichte von Finney und dem Aufzug?«, fragte Dalton.
    Eberhart Finnegan war ein Student kurz vor dem Examen, der im Footballteam der Universität spielte. Er kam aus einer kleinen Stadt in South Dakota, hatte sich bei allen acht Ivy-League-Universitäten beworben und war von jeder angenommen worden. Der Letzte, dem dies gelungen war, hatte sich für Yale entschieden; er hatte sich im Glockenturm erhängt, bevor sein erstes Semester zu Ende war. Finney war nicht nur brillant und ein begnadeter Footballspieler, er war auch ein legendärer Schelm, der schon gegen fast jede Vorschrift im Studienhandbuch verstoßen hatte, abgesehen von Schlägereien und Abschreiben, zwei Vergehen, die automatisch mit dem Verweis von der Universität bestraft wurden.
    »Finney hat letztes Jahr in diesem Aufzug eine Pine-Matratze gevögelt. Es ging um eine Tausend-Dollar-Wette.«
    Pine-Matratzen wurden die Mädels von Pine Manon genannt, einem kleinen Mädchencollege in Boston, bei dem Aussehen und Geld mehr zu zählen schienen als Eignungstests. Apropos Tests: Als Versuchsfeld für Harvardstudenten, die ihre Jungfräulichkeit verlieren wollten, stand Pine sogar höher im Kurs als ihre gelehrte Nemesis aus Wellesley.
    »Und Maz hat Finney nicht erwischt?«, fragte ich.
    Ralph Mazza war der

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