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Der Geheime Orden

Der Geheime Orden

Titel: Der Geheime Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Smith
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zu gehen.« Er klimperte ein paar Sekunden lang auf seiner Computertastatur; dann schüttelte er den Kopf. »Wie ich erwartet habe, wir haben den Crimson nicht auf Mikrofilm«, sagte er. »Aber er erscheint seit 1873. Ich weiß, dass sie in ihren Büros gebundene Kopien ihrer Zeitung aufbewahren.«
    Ich wandte mich Dalton zu. »Was soll ich tun?«
    Dalton schaute auf die Uhr. »Die haben bestimmt schon geschlossen, aber die Redaktion ist normalerweise rund um die Uhr besetzt. Geh zur Verladerampe und klopf an die kleine Seitentür. Da hast du die besten Chancen, dass jemand reagiert.«
    »Ich versuch’s mal«, sagte ich und schnappte mir meinen Rucksack. »Ruf mich an, wenn du wieder in deinem Zimmer bist.«
    »Möge die Macht mit dir sein«, sagte Dalton, bevor er die Faust gegen meine schlug und sich zu dem Lesegerät in der Mitte des Raumes begab. Ich wusste, dass ich mehr brauchte als die Unterstützung der Macht, wollte ich meine Mission erfolgreich beenden. Göttliche Intervention und eine Riesenmenge Glück waren das Mindeste, was ich brauchte, um irgendetwas über das Verschwinden von Erasmus Abbott herauszufinden.

7
     
    Der Yard war menschenleer, als ich die Stufen der Widener hinunterstieg. Der Wind peitschte gegen die alten Ziegelgebäude und verbog die nackten Bäume in unheilschwangere Verrenkungen. Ich bog um die Ecke des Gebäudes und betrat einen dunklen Durchgang, der die Widener-Bibliothek von der Houghton-Bibliothek trennte. Das Licht der vereinzelten Laternen warf lange Schatten über den kalten Weg. Ich war aufgeregt wegen der Aufgabe, die vor mir lag, da ich mir ausrechnete, dass die Geschichte von Erasmus Abbott nicht nur kompliziert war, sondern möglicherweise auch ein loses Ende darstellte, mit dessen Hilfe man die geheimnisvolle Geschichte der Altehrwürdigen Neun entwirren konnte.
    Als ich mich der Mitte des Weges näherte, hörte ich Schritte hinter mir. Nichts Unübliches oder Beunruhigendes, aber der Wind trug die rhythmischen Laute zwischen den Häusern weiter. Es war das Geräusch harter Gummisohlen, die durch losen Sand knirschten. Ich blieb stehen, um den Reißverschluss meiner Jacke hochzuziehen, damit der Wind nicht unter mein Sweatshirt kriechen konnte. In diesem Augenblick war alles still, und mir wurde klar, dass etwas nicht stimmte. Die Schritte waren plötzlich verstummt. Es führte kein Weg aus diesem Durchgang heraus, außer nach vorne. Selbst wenn die Person hinter mir kehrtgemacht hätte und zum Yard zurückgegangen wäre, hätte man ihre Schritte hören müssen. Aber ich hörte gar nichts. Die Person war stehen geblieben.
    Ich erwog, mich umzudrehen, um zu sehen, wer es war; stattdessen nestelte ich ein bisschen länger an meinem Reißverschluss herum, um abzuwarten, ob die Person nicht doch weiterging. Aber die Stille hielt an, also riss ich mich zusammen und ging weiter zu dem Tor, das aus dem Yard heraus und auf den Square führte. Ich legte ein bisschen an Tempo zu, um herauszufinden, ob hinter mir das Gleiche geschah. Genau wie ich erwartet hatte, klangen die Schritte mit höherer Frequenz wieder auf. Mehrere Autos fuhren auf den Square zu, doch ich versuchte mein Glück, entdeckte eine kleine Lücke und rannte über die Massachusetts Avenue auf den gegenüberliegenden Bürgersteig. Der Crimson hatte seinen Sitz in der Plympton Street, die zu meiner Linken lag; stattdessen aber wandte ich mich kurzentschlossen nach rechts und ging zehn Meter weit auf die Mitte des Squares zu. Ich drehte leicht den Kopf und konnte meinen Verfolger aus den Augenwinkeln erkennen. Es war ein Mann, ziemlich groß und in einen langen Trenchcoat gehüllt. Aber das war auch alles, was ich ausmachen konnte, ohne mich ganz umzudrehen. Er verfolgte meine Bewegungen von der anderen Straßenseite aus. Nach ein paar weiteren Schritten drehte ich mich schnell um und ging zurück in Richtung der Plympton Street. Ich wartete einige Sekunden, bevor ich hinübersah, um zu kontrollieren, ob er dasselbe getan hatte. Er war verschwunden. Ich blieb stehen, drehte mich ganz um und starrte über die Straße, doch der Bürgersteig war leer. Vielleicht hatte mich das ganze Gerede von dem verschwundenen Studenten und dem geheimen Raum in einem alten Herrenhaus paranoid gemacht.
    Ich erreichte die Ecke zur Linden Street, die letzte Abbiegung vor der Plympton Street. Das Kamerageschäft Ferrante-Dege befand sich neben einem kleinen Tabakladen. Erst als ich das zweite Schaufenster passierte, sah ich sein

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