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Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition)

Titel: Der geheime Vortrupp – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Inspektor-Appleby-Serie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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geschöpft hätte. Der Mann, der die Verse sprach, muß gewußt oder vermutet haben, daß er in der Gegenwart von jemandem war, der auf ein Anzeichen von Spionage wartete. Und genauso muß es in dem schottischen Zug gewesen sein. Den Umweg über Swinburne gingen sie nicht des verschwundenen Mädchens wegen, sondern um jemand anderen zu täuschen, der ebenfalls im Abteil war.«
    Der Hüne nickte. »Und anscheinend beide Male mit verdammt kuriosem Ausgang. Der, der getäuscht werden sollte – das müßte dann jemand von unserer Spionageabwehr gewesen sein –, ließ sich tatsächlich täuschen, und ein zufälliger Zeuge durchschaute das Spiel und mußte dafür büßen.«
    »Es war womöglich sogar noch ironischer als das, Sir. Vielleicht war überhaupt niemand von der Gegenspionage dabei. Die umständliche Art der Kommunikation könnte einfach nur eine Vorsichtsmaßnahme gewesen sein. Und dann wären die Opfer davongekommen, wenn die Männer ihre Botschaft einfach offen ausgetauscht hätten. Es waren ja lediglich die schlechten Verse, die Ploss und dem Mädchen aufgefallen sind. Allerdings denke ich mir, die Männer müssen sich schon tatsächlich verfolgt gefühlt haben. Es war ein umständlicher Trick, die Gefahr, daß sie sich mißverstanden, war groß, und sie hätten sich wohl nicht die Mühe gemacht, wenn sie nicht das Gefühl gehabt hätten, daß sie beobachtet wurden. Als erstes sollten wir herausfinden, ob drüben beim Geheimdienst jemand etwas weiß. Colonel Hartley wäre der Richtige.«
    Die Hand des Hünen schwebte schon über dem Telefon. Dann zögerte er. »Im Grunde würden wir ihnen damit sagen, daß sie nicht aufgepaßt haben – finden Sie nicht auch? Und haben Sie überlegt, daß es vielleicht gar nicht unsere Leute waren? Diese Verfolger – wenn es sie gab – könnten ja auch im Auftrag von jemand ganz anderem gereist sein. So etwas kommt dauernd vor.«
    »Sicher, Sir George. Aber ich finde, die Fakten passen nicht zu der Vorstellung, daß die Männer von einem Agenten einer dritten Macht beschattet wurden. Kennen Sie die ausgehöhlten Münzen, in denen Agenten manchmal ihre Botschaften verstekken? Auf so eine Maßnahme greift nur ein Mann zurück, der sehr in Bedrängnis ist – einer, der weiß, daß jedes Telegramm gelesen wird und jeder Briefkasten durchsucht, dem er auch nur auf drei Schritt nahekommt. Und dieser Austausch mittels Gedichten gehört in dieselbe Klasse. Das ist zur Täuschung eines Gegners ersonnen, der die gesamte Staatsmacht hinter sich hat.«
    »Da könnten Sie recht haben.« Wieder zögerte die Hand des Hünen am Telefon. »Hartley, sagen Sie? Diese Leute sind bei Anrufen immer verdammt mißtrauisch. Ich gehe lieber selber hin. Kommen Sie mit?«
    »Nein, Sir. Ich sollte sehen, daß ich auf dem Präsidium alles regle, für den Fall, daß ein sofortiger Aufbruch nach Schottland notwendig wird. Kann ich Sie in einer Stunde wieder hier aufsuchen?«
    Der Hüne blickte auf die Uhr. »Sagen wir bei Gatti«, entgegnete er, »zum Mittagessen.«
    Eine Stunde darauf kam Appleby polternd mit einem Koffer durch die Schwingtüren, schickte den Pagen fort, der ihn ihm abnehmen wollte, und klemmte sich damit zwischen einen Tisch und eine Plüschbank. Seezunge bonne femme , dachte er – und sah den Hünen und Colonel Hartley vom anderen Ende des langgestreckten Restaurants auf sich zukommen. Hartley sprach als erster. »Appleby«, sagte er, »das ist großartig. Eines Tages kommen Sie doch noch ganz zu uns.« Er setzte sich. »Wir haben weniger als nichts«, fuhr er unvermittelt fort. »Ich habe es gerade schon Sir George erklärt.« Freundlich und aufmerksam studierte er die Speisekarte: er war ein Mann, der die Kunst der Verstellung beherrschte. »Über diesen Ploss nicht das geringste. Von unseren Männern kann keiner damit zu tun haben; es muß falscher Alarm gewesen sein, der sie zu ihrem Gedichtcode greifen ließ. Orchard war für sie ein großer Fisch, und deshalb waren sie nervös. Sie müssen überzeugt gewesen sein, daß er ein wichtiger Mann war, sonst wären sie nicht gar so drastisch mit Ploss umgesprungen.« Er lächelte grimmig. »Oder dem Mädchen in den Highlands.«
    Der Hüne rutschte unruhig hin und her. »Sie vermuten doch nicht, daß sie …« Er verstummte, als ein Kellner sich näherte.
    »Doch, ich fürchte schon«, sagte Hartley, als er wieder fort war. »Es sei denn, sie hatten noch eine Verwendung für sie. Kluge Leute haben für das meiste eine Verwendung,

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