Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
sie sei ein Mitglied des Ordens des au f gehenden Mondes und dass eine Frau namens Circe hinter ihr her ist.«
Felicity ringt nach Luft.
Ann ist verwirrt. »Aber ich hab gedacht , sie ist in Bethl e hem.«
»Ja , allerdings« , sage ich und merke , wie lächerlich das a l les klingen muss. Zwei Zeitungsjungen halten uns im Vorbe i gehen die Schlagzeilen hin. Wir schenken ihnen keine Beac h tung.
»Aber du glaubst , dass sie gar nicht verrückt ist. Du glaubst , sie spielt das nur , um sich selbst zu schützen?« , denkt Felicity laut weiter.
Wir kommen zu einem Laden mit kunstvollen Schnupft a bakdosen. Ich betrachte eine mit Elfenbein eingelegte Dose. Sie ist teuer , aber ich habe noch kein Geschenk für meinen Vater , also bitte ich das Lade n mädchen , sie mir einzupacken. »Übrigens habe ich Nell Hawkins eben besucht. Sie ist wir k lich wahnsinnig. Schaut euch das an. Das war ihr Werk« , sage ich und zeige ihnen mein verbogenes Amulett.
»Du meine Güte« , sagt Felicity.
»Ich kann mir nicht vorstellen , wie sie uns dann he l fen soll« , brummt Ann.
»Sie kennt Circe. Davon bin ich überzeugt. Sie hat immer wieder von einem Weg gesprochen. › Folge dem Weg. Bleib auf dem Weg. ‹ Das hat sie mehrmals gesagt.«
»Was bedeutet das , deiner Meinung nach?« , fragt Fel i city. Wir verlassen die Arkaden und treten auf die Bond Street hinaus. Vom Glanz eines Schaufensters geblendet bleiben wir stehen. Kaskaden rubinroter Seide fließen an einer wächse r nen Schaufensterpuppe herab. Jede Falte schimmert wie Wein im Mondlicht. Wir können uns nicht satt sehen daran.
»Ich weiß nicht , was es bedeutet. Aber ich weiß , dass Nell Hawkins eine Schülerin in Sankt Viktoria in Wales war.«
»Ist das nicht die Schule , an der Miss McChennmine unte r richtet hat , bevor sie nach Spence gekommen ist?« , fragt Ann.
»Ja. Aber ich habe keine Ahnung , ob sie eine von Nells Lehrerinnen war. Ich werde einen Brief an die Direktorin schreiben und sie fragen , wann Miss McChennmine ihre Ste l lung aufgegeben hat. Ich glaube , dass es irgendeinen schrec k lichen Zusammenhang zwischen dem , was mit Nell Hawkins passiert ist , und Miss McChennmine gibt , etwas , das mit dem Magischen Reich zu tun hat. Wenn es uns gelingt , dieses Rä t sel zu lösen , könnte uns das zum Tempel führen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen , wie« , murrt Ann.
Ich seufze. »Ich auch nicht , aber im Moment ist es meine einzige Hoffnung.«
Die Seide im Fenster zieht unsere Blicke unwiderste h lich an. Ann stößt einen tiefen Seufzer aus. »Wäre es nicht ein Traum , ein Kleid aus diesem Stoff zu haben? Alle würden sich danach umdrehen.«
»Mama lässt mein Kleid aus Paris kommen« , sagt Felic i ty , als redete sie übers Wetter.
Ann legt ihre Hand an das Glas. »Ich wünsche mir …« Sie kann den Satz nicht zu Ende sprechen. Es ist selbst als Wunsch zu viel.
Ein Ladenmädchen steigt von drinnen in das Scha u fenster hinauf. Sie entfernt den glanzvollen Stoff. Ihrer Drapierung beraubt schwankt die Schaufensterpuppe hin und her und steht dann wieder gerade , nichts weiter als eine fleischfarbene Wachsfigur.
Wir gehen weiter , bis wir in einer schmalen Seitenstraße landen , wo ich wie vom Donner gerührt stehen bleibe. Ve r borgen unter einer Markise ist ein winziges G e schäft –die Goldene Dämmerung.
»Was ist los?« , fragt Felicity.
»Dieser Laden. Miss McChennmine hatte eine Reklame davon in ihrem Koffer. Es war eins der wenigen Di n ge , die sie aufbewahrte , es muss also von Bedeutung sein« , sage ich.
»Eine Buchhandlung?« , fragt Ann naserümpfend.
»Lasst uns reingehen« , sagt Felicity.
Wir tauchen in die dunkle Höhle des Geschäfts ein. Im tr ü ben Licht wirbelt Staub auf. Es ist kein sehr gepflegter Laden und ich frage mich , was Miss McChennmine hierherzieht.
Eine Stimme fragt aus der Dunkelheit: »Kann ich b e hilflich sein?« Die Stimme nimmt Gestalt an in der Person eines g e beugten Mannes von ungefähr siebzig Jahren. Auf einen Stock gestützt kommt er herbei. Seine Knie knirschen vor Anstrengung. »Guten Tag. Ich bin Mr Th e odore Day , Besitzer der Goldenen Dämmerung , Buchhändler seit anno regni reg i nae achtzehnhunderteinun d sechzig.«
»Guten Tag« , murmeln wir wie aus einem Mund.
»Suchen Sie etwas Bestimmtes? Ah , warten Sie ! Sagen Sie es mir nicht. Ich habe genau das Richtige.« Vom Stock gele i tet humpelt er flink zu einem hohen , überfüllten Büche r schrank. »Irgendetwas mit
Weitere Kostenlose Bücher