Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
kann« , stellt Tom grimmig fest.
Ich bin zutiefst beunruhigt. War Miss McChennmine in Sankt Viktoria , als Nell Hawkins dort Schülerin war? Was ist geschehen , was Tom für zu »undelikat« hält , um darüber zu sprechen? Was war es , das Nell Hawkins in den Wahnsinn getrieben hat?
Was immer es gewesen ist , ich hoffe , dass ich nicht das gleiche Schicksal erleiden werde.
»Hast du eine Adresse von Sankt Viktoria?« , frage ich.
»Ja. Warum?« Tom ist misstrauisch.
Ich schaue zu den Geschäften hinaus , die in den Au s lagen ihre Weihnachtswaren anbieten. »Unsere Direkt o rin hat mir –uns –aufgetragen , in den Ferien ein wohlt ä tiges Werk zu tun. Ich hab mir gedacht , vielleicht könnte ich ihnen schreiben und sie wissen lassen , dass eine and e re Schülerin Zeit mit Miss Hawkins verbringt und sie an glücklichere Tage erinnert.«
»Sehr lobenswert. In diesem Fall werde ich dir die A d resse geben. Ah , da sind wir ja schon.«
23. Kapitel
D ie Droschke hält vor einer Papierwarenhandlung in der R e gent Street. Felicity und Ann stürzen heraus , um uns zu b e grüßen , den Zerberus Franny auf den Fersen. Ich brenne da r auf , ihnen zu e r zählen , was ich über Nell Hawkins erfahren habe , und frage mich , wie ich es a n stellen soll.
Tom tippt zur Begrüßung an seinen Hut. Höflichke i ten werden ausgetauscht. »Wie finden Sie London , Miss Bra d shaw?« , fragt er.
»Es gefällt mir riesig« , sagt Ann mit einem albernen , g e zierten Lächeln.
»Das ist ein sehr aparter Hut. Er steht Ihnen.«
»Danke« , murmelt Ann , schüchtern die Augen niederschl a gend. Gleich werde ich mich unter einen vorbeifa h renden Einspänner werfen.
»Darf ich Sie in den Laden begleiten?«
Felicity lächelt ungeduldig. »Danke , das ist sehr freun d lich von Ihnen , aber bitte machen Sie sich keine Umstä n de. Haben Sie einen schönen Tag.«
»Das war nicht sehr liebenswürdig von dir« , schimpft Ann –soweit Ann schimpfen kann –, als wir drinnen im Laden sind.
»Ich hätte ihm sagen können , dass dieser › sehr aparte Hut ‹ mir gehört« , schnauzt Felicity zurück.
»Ich habe Neuigkeiten« , sage ich , bevor Ann etwas entge g nen kann. Gleich sind sie ganz Ohr.
»Was gibt ’ s?« , fragt Ann.
Franny schiebt sich näher an uns heran. Mit in die Ferne gerichtetem Blick lauscht sie gespannt wie ein au f merksamer Reporter und lässt sich keins unserer Worte entgehen.
»Wir werden überhaupt keinen Spaß haben , wenn sie stä n dig wie eine Klette an uns hängt« , flüstert Felicity ärgerlich , während wir scheinbar interessiert die mit bu n ten Bändern verschnürten Bündel von dickem elfenbei n farbenem Papier betrachten. »Sie überwacht jeden uns e rer Schritte , als sei sie Mrs Nightwing persönlich. Kaum zu glauben , dass wir in Spence mehr Freiheit genießen , aber genauso ist es.«
Wir verlassen die Papierhandlung und passieren ein Mod e warengeschäft , einen Tuchmacher und einen T a bakladen , wo Herren sitzen und dicke Zigarren rauchen. Die Straßen wi m meln von Leuten auf der Jagd nach dem passenden Paar Handschuhe für Tante Prude n ce oder der haargenau richtigen Spielzeugtrommel für Klein-Johnny. Doch Franny lässt sich nicht abschütteln. Felicity ist am Rande eines Nervenzusa m menbruchs.
»Mama denkt , sie kann nach Frankreich abhauen und dann zurückkommen und mich an die Kandare nehmen , und ich soll noch dazu lächeln. Aber ich lass mir das nicht länger g e fallen. Ich habe gute Lust , Franny abzuhängen« , sagt sie r e bellisch.
»Oh , bitte nicht« , fleht Ann. »Ich möchte keinen Ska n dal heraufbeschwören.«
»Ja , dann würde man uns für den Rest der Ferien in unseren Zimmern einsperren« , stimme ich ihr zu.
Wir kommen zu einer Konditorei , wo uns hinter Glas kös t liche Süßigkeiten , Blätterteiggebäck und kandierte Früchte anlachen. Ein junger Mann kehrt den Gehsteig. Plötzlich ruft er keck: »Franny! Komm und gib mir einen Kuss!«
Franny erbleicht und schaut weg. »Ich bin sicher , Sie irren sich , Sir« , sagt sie.
Felicity fragt ihn unverblümt: »Sir , sind Sie mit meiner Hausangestellten näher bekannt?«
Der junge Mann weiß nicht , was er tun oder sagen soll. Es ist offensichtlich , dass er Franny gut kennt , aber jetzt könnte er sie in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht h a ben. Für Dienstboten kann die geringste Pflichtverle t zung ein Grund zur Entlassung sein.
»Meine Mutter würde sehr überrascht sein zu hören , dass ihre
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