Der geheime Zoo. Auf der Jagd nach den Yetis
trainiert haben.»
Megan öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder. Sie starrte auf den Fußboden und dachte nach. War das gut? Oder geriet ihre Welt dadurch in noch größere Gefahr?
«Was ist mit den anderen Descendern?», fragte sie schließlich. «Ihr habt mal gesagt, dass es neben euch vieren noch eine Menge anderer gibt.»
Sam schüttelte den Kopf. «Auch das wird geprüft. Aber im Moment sind sie damit beschäftigt, die Zugänge zur Stadt zu schützen. Wir können sie von dort nicht abziehen.»
Megan schwieg. War es besser, die Stadt der Artenvielfalt zu beschützen oder ihre Nachbarschaft? Sie wusste es nicht.
Podgy schien Megans Sorgen zu spüren und watschelte zu ihr hinüber. Megan umarmte ihn kurz und lächelte schwach.
Nach ein paar Minuten fragte Megan: «Hast du etwas Auffälliges gesehen?»
«Bisher nicht», sagte Sam. «Aber die Nacht ist ja noch jung.»
Die nächsten Minuten unterhielten die beiden sich. Sie sprachen über die Wachen, die Koboldmakis und die Grotten. Während sie redeten, drehte Marlo seinen Schnabel zwischen ihnen hin und her, als ob er ihrer Unterhaltung folgen würde. Gerade als Megan etwas über Mr Darby wissen wollte, hob Sam die Hand, um sie zu unterbrechen. Er blickte zu Boden und berührte mit zwei Fingerspitzen sein Ohr. Sein Körper erstarrte, und seine Augen huschten nervös hin und her. Jemand sprach in sein Headset.
«Wie viele?», fragte er.
Podgy schaukelte seinen Körper vor und zurück. Marlo trippelte über Megans Schulter und bohrte seine winzigen Krallen in ihre Jacke. Megan betrachtete Sam und versuchte, seine Gefühle zu ergründen.
«Roger», sagte er. «Over.»
«Was ist los?», fragte Megan.
Sam ließ die Hand sinken und starrte sie an. Marlo hüpfte zurück zum Fenster, wo er laut zu piepen begann. Podgy watschelte zur offenen Tür und sah hinaus auf den Zoo.
«Sam, was ist los?»
«Yetis», brachte er heraus. «Charlie hat sie gesehen. Sie toben im Haus der Kriechtiere herum. Und mindestens einer ist draußen – im Zoo.»
Megan schluckte und starrte hinaus auf den Zoo von Clarksville. In der Ferne sah sie das dunkle Dach des Kriechtiergeheges. Irgendwo dadrinnen trampelten also die Yetis herum.
Das Fernglas fiel aus Sams Hand und landete mit einem Knall auf dem Holzfußboden. Der Descender schüttelte seinen Schreck ab.
«Marlo», sagte er. «Hol Ella und Richie. Sag ihnen, dass es sich um einen Notfall handelt.»
Der Vogel sprang vom Fensterbrett und flog in die Nacht davon.
«Megan, du musst reingehen und deinen Bruder wecken. Sag ihm …»
Doch bevor Sam den Satz zu Ende sprechen konnte, war Podgy aus dem offenen Fenster gesprungen und hatte sich in die Luft geschwungen. Er fiel wie ein Stein, doch kurz vor dem Boden segelte er über den Garten bis zum Haus und hinauf zu Noahs Zimmer im ersten Stock, wo er auf einem Blumenkasten am Fensterbrett landete.
«Vergiss es», sagte Sam zu Megan. «Podgy hat das schon übernommen.» Er warf ihr einen Blick zu und schien ihr die Befürchtungen am Gesicht abzulesen. «Megan, du musst jetzt clever sein. Kannst du das?»
«Ich … ich glaub schon», sagte Megan.
«Glauben reicht nicht!», rief Sam. «Wir brauchen euch jetzt alle – alle Scouts!»
«Aber was ist mit den Descendern, die die Zugänge zur Stadt bewachen?», fragte Megan. «Können wir …»
«Die haben alle Hände voll zu tun! Die Yetis greifen in diesem Moment die Stadt der Artenvielfalt an.»
In Megans Kopf drehte sich alles. Hier oben in ihrem Baumhaus hatte sie plötzlich das Gefühl, dies sei der Anfang vom Ende.
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24. Kapitel
Pfeilschnell mit Podgy
N oah hörte ein Klopfen an seinem Fenster und setzte sich ruckartig auf. Er warf die Beine aus dem Bett und starrte auf den Wecker: Es war 1:16 Uhr.
Wieder klopfte es.
«Marlo?», fragte Noah, der glaubte, dass der Vogelbote für das Geräusch verantwortlich war. Er eilte durchs Zimmer, zog die Vorhänge zurück und erwartete, den kleinen blauen Vogel zu sehen. Dann fuhr er entsetzt zurück. Vor ihm stand ein großer Pinguin, der beinahe das gesamte Fenster ausfüllte – ein riesiger Kaiserpinguin mit angelegten Flossen und hoch aufgerichtetem Schnabel, der mit seinen Füßen die wenigen Überbleibsel der Blumen im Topf plättete. Podgy.
Noah riss das Fenster auf, und kalte Nachtluft drang ins Zimmer.
«Was ist los?»
Podgy drehte sich auf dem Blumentopf um und bedeutete Noah damit, dass er aufsteigen
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