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Der Geheimnistraeger

Der Geheimnistraeger

Titel: Der Geheimnistraeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kanger
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Grund für all das?«
    »Wahnsinn«, sagte Oberbefehlshaber Hans Enhørning. »Das kann doch nicht möglich sein. Es muss um etwas ganz anderes gehen. Aber was können sie mit ›unseren drei Märtyrern‹ meinen?«
    »Klingt nach Moslems«, sagte der Chef des PET. »Islamistischer Sprachgebrauch, so nennen sie ihre Selbstmordattentäter. Islamistischer Terror, darum geht es offenbar genau wie in Madrid und an anderen Orten. Aber der Grund … ich halte es für wahrscheinlicher, dass es sich um eine Art Abstrafung für unsere Teilnahme am Irak-Krieg statt einen Protest gegen unsere Ausländerpolitik handelt.«
    »Ich lese nur vor«, sagte Thord Henning. »›Tod dem rassistischen Dänemark.‹ Und dann drei tote Vertreter einer Partei, die von der ausländischen Presse als rassistisch bezeichnet wird.«
    »Aber welche drei Märtyrer sind gemeint?«, sagte Enhør-ning.
    »Vielleicht Leute, die ihrer Ansicht nach unseren Soldaten im Irak zum Opfer gefallen sind«, meinte der Staatssekretär des Justizministeriums Jørn Baastrup. »Ich werde jemanden damit beauftragen, herauszufinden, ob es einen Fall gibt, bei dem der Feind von drei Märtyrern sprechen könnte.«
    »Langsam ist es an der Zeit für einen Gegenangriff«, sagte Hans Enhørning. »Die Situation ist unhaltbar.«
    »Wie Sie wissen, bereiten wir uns gerade in jeder Hinsicht vor«, sagte Henning. »Aber solange Ihre neuen Panzer nicht in Position stehen, halte ich es für undenkbar, ein Risiko einzugehen. «

45. Kapitel
    Die Information über die drei ermordeten Geiseln gelangte bereits innerhalb einer Stunde an die Presse. Dieses Mal war von Rücksichtnahme auf die Angehörigen der Toten nicht mehr die Rede. Man hielt die Nachricht für so wichtig, dass man mit ihrer Veröffentlichung nicht warten wollte. Eine neue Phase der Besetzung hatte begonnen. Der Charakter der Gewalt hatte sich verändert.
    Immer mehr Leute versuchten, aus Korsør zu entkommen. Im Fernsehen waren Bilder von Menschen zu sehen, die über die Felder rannten. Niemand wusste genau, wie vielen die Flucht aus der Stadt gelang. Die Schätzungen beliefen sich auf zwischen fünf- und achttausend Menschen während der ersten vierundzwanzig Stunden. Es wurde immer schwieriger, alle Flüchtlinge unterzubringen. Provisorische Sammellager wurden in Schulen und Kirchen in Slagelse und in den Nachbarstädten Sorø, Ringsted und Næstved eingerichtet. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, die Opfer bei sich zu Hause unterzubringen. Seeland hatte sich in ein Flüchtlingslager verwandelt.
    An die achttausend Menschen auf der Flucht, das bedeutete, dass sich um die zwölftausend Menschen immer noch in der Stadt befanden. Am schwersten war es für die, die in der Innenstadt
wohnten. Dort wagte niemand, auf die Straße zu gehen. Ein jüngerer Mann erzählte am Telefon, dass die Panzer inzwischen unablässig auf den Straßen im Zentrum patrouillierten. Mehrmals habe er Schüsse gehört.
    Vincent Paulsen verfolgte zusammen mit seiner Frau die Berichterstattung im Radio und Fernsehen. Am Nachmittag trat ein Pressesprecher der Polizeiführung auf und berichtete von der Mitteilung der Besetzer. Auch Vincent wusste die Worte über die drei Märtyrer nicht zu deuten. Er diskutierte die Situation mit Birthe, aber beiden gelang es nicht, sich tiefer in das Geschehen einzudenken, und die Unterhaltung bewegte sich an der Oberfläche.
    »Ich muss mich mit einem Bekannten unterhalten«, sagte Vincent. »Entschuldigst du, wenn ich für ein paar Stunden das Haus verlasse?«
    »Wer?«, fragte Birthe.
    »Er heißt Herschfeld«, erwiderte Vincent, »und ist Juwelier.«
     
    Simon Herschfeld öffnete die Tür und bat Vincent sofort herein. Sie nahmen im Laden Platz und zwar auf denselben Plätzen wie beim vorherigen Mal. Paulsen berichtete von den Entdeckungen, die er dank des Ringes in Bologna und Mailand gemacht hatte. Herschfeld nickte versonnen mit seinem schweren Kopf.
    »Es ist immer so«, sagte er. »Die Toten lassen Spuren zurück. Niemand wandelt auf unserer Erde, ohne sein Zeichen zu setzen. Sogar unsere Gesten und Gewohnheiten leben in unseren Nachkommen weiter, noch lange nachdem wir tot und vergessen sind. Es heißt, das Flattern von Schmetterlingsflügeln würde sich über die Erde fortpflanzen und alles andere Lebendige beeinflussen. Wenn das kein Trost ist?«
    »Doch«, erwiderte Vincent. »Aber wir Polizisten suchen
nach handfesteren Spuren. Er geht darum, kleinste Zeichen zu finden und diese zu

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