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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wertvoll und geschickt, aber das ist noch nicht alles«, erzählte der Mann, der nun allmählich sein Mißtrauen und seine Zurückhaltung aufgab. »Er hat mit diesem Burschen eine Rechnung zu begleichen. Wir hörten, daß er nach Westen und Norden gegangen sei, und mein Herr hat jedes Dorf und jede Stadt auf dem Weg abgesucht und mich mitgenommen, während sein Sohn mit einem anderen Knecht in eine andere Richtung ging. Wir werden bis zur walisischen Grenze vorstoßen. Aber ich selbst, ich wäre blind, wenn ich den Burschen sehen würde. Nicht einmal einen entlaufenen Hund würde ich ihm zurückgeben, ganz zu schweigen von einem Mann.« Seine trockene Stimme klang jetzt kraftvoller und leidenschaftlicher, und endlich drehte er sich ganz herum, so daß das Fackellicht sein Gesicht beschien. Auf einer Wange war eine schwärzliche Prellung zu sehen, der Mundwinkel war aufgerissen und geschwollen und allem Anschein nach eitrig entzündet.
    »Von ihm?« fragte Cadfael, der die Wunde sofort bemerkte.
    »Allerdings, das ist sein Zeichen, und er hat es mir mit dem Siegelring aufgedrückt. Ich war gestern morgen, als er aufsitzen wollte, nicht schnell genug mit dem Zaumzeug zur Hand.«
    »Ich kann eure Wunde versorgen«, sagte Cadfael, »wenn Ihr eine Weile warten wolltet, bis ich mich in einer anderen Angelegenheit mit dem Abt besprochen habe. Ihr solltet mich die Wunde reinigen lassen, denn sie könnte sich schlimm entzünden. Übrigens«, fügte er gelassen hinzu, »Ihr seid weit von seinen Ländereien entfernt und nahe genug an der Grenze, um fortzulaufen, falls Ihr das im Sinn habt.«
    »Bruder«, erwiderte der Knecht mit einem kurzen und bitteren Lachen, »ich habe Weib und Kinder in Bosiet, ich bin gebunden. Brand war jung und unverheiratet, und seine Beine sind flinker als die meinen. Aber jetzt will ich das Tier in den Verschlag bringen und meinem Herrn aufwarten, denn sonst reißt er mir auch noch die andere Hälfte meines Gesichts auf.«
    »Dann kommt zur Treppe des Gästehauses«, sagte Cadfael, der sich plötzlich an seine eigenen Pflichten erinnerte, »sobald er im Bett ist und schnarcht, und dann will ich Eure Wunde säubern.«
    Abt Radulfus hörte Cadfaels Bericht besorgt, aber auch mit einer gewissen Erleichterung an und versprach, bei Tagesanbruch Helfer auszuschicken, um die Weide fortzuräumen, den Bach zu säubern und die Uferböschung zu sichern. Er nickte ernst, als er hörte, daß Eilmunds langer Aufenthalt im Wasser seine Erholung beeinträchtigen könnte, obwohl der Bruch selbst glatt und sauber war.
    »Ich würde ihn gern morgen einmal besuchen und mich vergewissern, daß er auch im Bett bleibt«, sagte Cadfael schließlich, »denn er könnte ein leichtes Fieber bekommen, und Ihr kennt ihn ja, Vater; es wird mehr brauchen als die Schelte seiner Tochter, um ihn im Bett zu halten. Wenn er einen Befehl von Euch bekommt, wird er eher gehorchen. Ich will sein Maß für Krücken nehmen, aber ich will sie ihm erst geben, wenn ich sicher bin, daß er auch aufstehen kann.«
    »Ihr habt meine Erlaubnis, zu kommen und zu gehen, wie Ihr es für richtig haltet«, erwiderte Radulfus, »so lange er Eure Pflege braucht. Bis dahin soll Euch auch das Pferd zur Verfügung stehen. Die Reise ist zu Fuß recht langwierig, und Ihr könnt nicht den ganzen Tag ausbleiben, da Bruder Winfrid noch nicht richtig eingearbeitet ist!«
    Cadfael dachte lächelnd an seinen Helfer. »Nun, für den jungen Hyacinth war es eine recht kurze Reise. Er hat all diese Meilen heute schon viermal zurückgelegt. Hin und zurück im Auftrag seines Herrn, und abermals hin und zurück für Eilmund.
    Ich hoffe nur, der Eremit nimmt es dem Jungen nicht übel, daß er so lange ausblieb.«
    Cadfael mußte daran denken, daß der Pferdeknecht aus Bosiet möglicherweise zuviel Angst vor seinem Herrn hatte, um sich herauszuwagen, wenn sein Herr schlief. Doch er kam; er huschte verstohlen nach draußen, als die Brüder gerade die Komplet verließen. Cadfael führte ihn durch die Gärten zu seiner Werkstatt im Herbarium und zündete eine Lampe an, um die aufgekratzte Stelle im Gesicht des Mannes zu versorgen.
    Die kleine Kohlenpfanne war schon für die Nacht bedeckt, aber noch nicht gelöscht; offenbar hatte Bruder Winfrid daran gedacht, daß sie jederzeit gebraucht werden könnte. Er lernte rasch, und eigenartigerweise zeigte er im Umgang mit Kräutern und Medizinen eine Fingerfertigkeit, die er bei der Arbeit mit Feder und Pinsel schmerzlich vermissen

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