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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ihm Cadfael freundlich und bedeckte die Kohlenpfanne mit frischem Torf, damit sie still und sicher bis zum Morgen glimmen konnte.
    Drogo Bosiet erschien wie angekündigt am nächsten Morgen im Kapitel und trat, von sich eingenommen, laut und herrisch vor die Versammlung. Ein klügerer Mann hätte erkannt, daß die Autorität allein dem Abt zukam, der sie auch auszuüben wußte, so ruhig und gemessen seine Stimme auch klang und so verschlossen sein Gesicht auch war.
    Nun gut, dachte Cadfael, der von seinem rückwärtigen Stuhl aus mit schmalen Augen und etwas beunruhigt zusah. Radulfus wird schon wissen, wie der Mann einzuschätzen ist, und sich sicher nicht aus der Ruhe bringen lassen.
    »Ehrwürdiger Abt«, sagte Drogo, breitbeinig auf den Bodenplatten stehend wie ein gereizter Bulle, »ich bin gekommen auf der Suche nach einem Übeltäter, der meinen Aufseher angegriffen und verletzt hat und dann von meinem Land geflohen ist. Mein Besitz liegt einige Meilen südöstlich von Northampton, und dem Vernehmen nach ging er zunächst in die Stadt, um sich von dort aus wahrscheinlich zur walisischen Grenze zu wenden. Wir haben ihn den ganzen Weg hier herauf gejagt, und von Warwick habe ich diese Straße nach Shrewsbury genommen, während mein Sohn nach Stafford gegangen ist, um hier wieder zu mir zu stoßen. Ich frage Euch nun, ob in der letzten Zeit ein Fremder im passenden Alter in diese Gegend gekommen ist.«
    »Ich gehe davon aus«, erwiderte der Abt nach einer langen, nachdenklichen Pause, während er gelassen das herrische Antlitz und das überhebliche Gehabe seines Besuchers betrachtete, »daß dieser Missetäter Euer Leibeigener ist.«
    »So ist es.«
    »Und Ihr wißt sicher auch«, fuhr Radulfus freundlich fort, »daß Ihr Euch an das Gericht wenden müßt, um ihn wieder in Euren Besitz zu nehmen, nachdem er sich aus Eurer Grafschaft entfernt hat?«
    »Mein Herr«, antwortete Drogo ungeduldig und verächtlich, »das will ich gern tun, wenn ich ihn erst gefunden habe. Der Mann gehört mir, und ich will ihn haben. Er hat mir einigen Kummer gemacht, doch er hat wertvolle Fähigkeiten, und ich will mir nicht rauben lassen, was mir gehört. Das Gesetz wird mir in dem Land, in dem das Vergehen begangen wurde, zu meinem Recht verhelfen.« Es bestand kein Zweifel, daß die Gesetze, die in seiner Grafschaft galten, auf ein Nicken seines Kopfes in seinem Sinne ausgelegt werden würden.
    »Wenn Ihr uns verraten könnt, wie Euer Flüchtling aussieht«, sagte der Abt entgegenkommend, »dann wird Bruder Denis Euch sogleich erklären können, ob wir einen solchen Besucher beherbergt haben.«
    »Er trägt den Namen Brand – er ist zwanzig Jahre alt, hat dunkles, rötliches Haar, ist schlank und stark und bartlos.«
    »Nein«, erklärte Bruder Denis, der für die Gäste zuständig war, ohne Zögern. »Einen solchen jungen Mann haben wir hier nicht aufgenommen. Gewiß nicht in den letzten fünf oder sechs Wochen. Wenn er allerdings auf dem Weg bei einem reisenden Händler oder Handwerker Arbeit gefunden hat, dann mag er zusammen mit drei oder vier anderen Gesellen unbemerkt vorbeigekommen sein – doch ein einzelner junger Mann – nein.«
    »Nun«, sagte der Abt mit seiner ganzen Autorität, um allen anderen zuvorzukommen, obwohl außer Prior Robert ohnehin niemand gewagt hätte, vor ihm das Wort zu ergreifen, »dann wird es das Beste sein, Ihr wendet Euch an den Sheriff auf der Burg, denn seine Offiziere wissen viel besser als wir hier in der Enklave, wer kürzlich in die Stadt gekommen ist. Die Verfolgung von Kriminellen und Missetätern ist ihre Sache, und sie tun ihre Pflicht gründlich und umsichtig. Auch die Handwerker der Stadt hüten ihre Rechte und haben allen Grund, die Augen offen zu halten. Ich empfehle Euch, Euch an sie zu wenden.«
    »Das will ich tun, Ehrwürdiger Vater. Aber auch Ihr wollt bitte mein Anliegen nicht vergessen und mich unterrichten, sobald Ihr etwas hört, das meiner Sache dienen könnte.«
    »Dieses Haus wird tun, was recht und billig erscheint«, erwiderte der Abt kühl und sah mit ausdruckslosem Gesicht zu, wie Drogo Bosiet sich mit einem äußerst knappen Kopfnicken verabschiedete, auf dem Absatz kehrtmachte und aus dem Kapitelhaus schritt.
    Radulfus schenkte sich einen Kommentar über den Auftritt des Bittstellers, da er glaubte, durch den Tonfall seiner Antworten bereits genug gesagt zu haben. Und als die Brüder eine Weile später das Kapitel verließen, hatten Drogo und sein Knecht schon

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