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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Vergoldungen und Verzierungen zu erfinden. Einmal wollte er den Grafen um einen Gefallen bitten und ließ mich einen Bucheinband machen, den er dem Grafen schenken wollte. Der Prior vom Augustinerkloster in Huntingdon sah den Einband und bestellte einen Einband für die große Bibel, und der Subprior der Kluniazenser in Northampton wollte eine Schutzhülle für sein bestes Meßbuch, und so kam eins zum anderen. Alle zahlten gut, aber ich hatte nichts davon. Drogo hat an mir viel verdient. Das ist der zweite Grund dafür, daß er mich lebend haben will. Und so wird auch sein Sohn Aymer denken.«
    »Wenn du so geschickte Hände hast«, sagte Eilmund anerkennend, »dann kannst du deinen Lebensunterhalt überall verdienen, sobald du von diesen Bosiets frei bist. Unser Abt könnte dir durchaus einiges zu tun geben, und mancher Händler in der Stadt wäre froh, dich in den Dienst zu nehmen.«
    »Wo und wie seid Ihr Cuthred begegnet?« fragte Cadfael neugierig.
    »Das war in der Priorei der Kluniazenser in Northampton. Ich lagerte dort über Nacht, aber ich wagte nicht, die Enklave zu betreten, weil mich dort einige kannten. Ich beschaffte mir etwas zu essen, indem ich mit den Bettlern am Tor kniete, und als ich vor dem Morgengrauen aufbrach, machte sich auch Cuthred auf den Weg, nachdem er die Nacht im Gästehaus verbracht hatte.« Hyacinth verzog die Lippen plötzlich zu einem düsteren Lächeln. Die strahlenden Augen blieben unter den geschwungenen goldenen Lidern verborgen. »Er schlug vor, daß wir zusammen reisten. Gewiß nur aus Barmherzigkeit.
    Oder – damit ich nicht mein Essen stehlen mußte und noch tiefer hinabsank.« Und plötzlich blickte er auf und richtete das ganze Strahlen seiner großen Augen voll und feierlich auf Eilmund. Das Lächeln war verschwunden.
    »Es ist an der Zeit, daß Ihr das Schlimmste erfahrt. Ich will nicht, daß es hier unter Freunden Lügen gibt. Ich kam hierher und war der Welt nichts schuldig. Ich war zu jeder Schandtat bereit und hätte auch ein Bandit und Vagabund sein können, und wo nötig, hatte ich mich schon als Dieb betätigt. Bevor Ihr mich noch eine weitere Stunde in Eurem Hause beherbergt, sollt Ihr Gelegenheit haben, es Euch zu überlegen. Annet«, sagte er, und seine Stimme wurde beim Klang ihres Namens weich und zärtlich, »weiß bereits, was auch Ihr jetzt erfahren müßt. Ihr habt das Recht dazu. Ich sagte ihr die Wahrheit an jenem Abend, als Bruder Cadfael hier war, um Euer Bein einzurichten.«
    Cadfael erinnerte sich an die reglose Gestalt, die geduldig vor der Hütte gewartet hatte, und an das drängende Flüstern:
    »Ich muß mit dir reden!«. Und Annet, die in die Dunkelheit hinausgetreten war und hinter sich die Tür verschlossen hatte.
    »Ich war derjenige«, erklärte Hyacinth mit eiserner Entschlossenheit, »der den Damm mit Büschen versperrte, so daß die Schonung überflutet wurde. Ich war es, der die Böschung aushöhlte und den Graben überbrückte, so daß die Rehe auf die Lichtung überwechseln konnten. Ich war es, der Holz am Zaun von Eaton aufstapelte, damit die Schafe auf der anderen Seite die Eschenschößlinge fressen konnten. Ich hatte Befehl von Frau Dionisia, ein Dorn im Fleische der Abtei zu sein, bis sie ihren Enkelsohn zurückbekommen hatte. Deshalb gab sie Cuthred diese Klause – damit ich als sein Diener bei ihm sein konnte. Damals wußte ich noch nichts von Euch, und es war mir gleichgültig. Ich wollte mich nicht weigern, weil man mir ein bequemes Leben und einen sicheren Unterschlupf bot, solange ich wollte. Es war alles mein Werk, und um so schlimmer ist es, daß der Baum umstürzte und Euch im Bach einklemmte. Es ist meine Schuld, daß Ihr gelähmt und ans Haus gebunden seid – doch der Erdrutsch kam von selbst, er geschah ohne mein Zutun. Jetzt wißt Ihr alles«, sagte Hyacinth, »und wenn Ihr mir dafür das Fell gerben wollt, dann werde ich keine Hand gegen Euch erheben, und wenn Ihr mich danach hinauswerft, dann werde ich gehen.« Er nahm Annets Hand und fügte hinzu: »Aber nicht weit.«
    Es gab eine lange Pause. Die beiden starrten ihn gespannt und schweigend an, und Annet sah nicht weniger besorgt drein.
    Niemand sprach. Niemand erhob die Stimme gegen ihn, niemand hatte ihn bei seinem halb trotzigen Geständnis unterbrochen. Hyacinths Wahrheit war wie ein Dolchstoß, und seine Demut schien fast arrogant. Wenn er sich schämte, dann war es ihm nicht anzusehen. Doch es war ihm sicher nicht leichtgefallen, die große

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