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Der Geheimnisvolle Eremit

Der Geheimnisvolle Eremit

Titel: Der Geheimnisvolle Eremit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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mehr zu lesen: »Matilda Dom. Ang.« Das war der offizielle Titel der Kaiserin. Anscheinend waren ihre Münzen etwas untergewichtig. Er blickte zu Rafe auf, der ihn gleichmütig beobachtete und ihn eher ironisch als amüsiert anlächelte. Sie beäugten sich einen Augenblick schweigend. »Ja«, sagte Rafe dann, »Ihr habt recht. Man hätte es früher oder später ohnehin bemerkt. Aber auch hier hat die Münze einen gewissen Wert.
    Eure Bettler würden sie nicht zurückweisen, nur weil sie in Oxford geprägt wurde.«
    »Und vor nicht allzulanger Zeit«, fügte Cadfael hinzu.
    »Vor nicht allzulanger Zeit.«
    »Meine größte Sünde«, sagte Cadfael seufzend, »ist die Neugierde.« Er hielt Rafe die Münze hin, der sie nahm und zu den anderen in den Almosenkasten warf. »Aber ich bin kein Schwätzer. Und ich werfe keinem ehrlichen Mann seine Bündnistreue vor. Eine Schande, daß es Parteien geben muß, daß anständige Männer gegeneinander kämpfen und jeder überzeugt ist, auf der richtigen Seite zu stehen. Was mich angeht, so sollt Ihr kommen und gehen, wie Ihr wollt.«
    »Und erstreckt sich Eure Neugierde nicht auch darauf«, fragte Rafe halblaut und abermals mit leichter Ironie, »was ein Mann der Kaiserin hier und so weit von der Schlacht entfernt zu suchen hat? Kommt, Ihr habt sicher schon erraten, wer ich bin.
    Vielleicht glaubt Ihr, ich hielt es für klug, aus Oxford herauszukommen, bevor es zu spät war?«
    »Nein«, antwortete Cadfael entschieden, »daran würde ich nicht im Traum denken. Nicht bei Euch! Und warum sollte sich ein so verschwiegener Mann so weit nach Norden in das Land des Königs wagen?«
    »Das wäre in der Tat eine Dummheit gewesen«, stimmte Rafe zu. »Was also vermutet Ihr?«
    »Mir will nur eine Möglichkeit einfallen«, sagte Cadfael ernst und ruhig. »Wir hörten hier von einem Mann, der nicht aus eigenem Willen aus Oxford floh, solange noch Zeit dazu war, sondern der geschickt wurde. Im Auftrag seiner Herrin und bei sich Dinge tragend, die einen Diebstahl wert sein könnten. Und er kann nicht weit gekommen sein, da sein Pferd herrenlos und blutbefleckt gefunden wurde. Alles, was er bei sich trug, war verschwunden, und auch der Mann war wie vom Erdboden verschluckt.« Rafe hörte aufmerksam zu, das Gesicht undurchdringlich wie immer, doch das geheimnisvolle Lächeln hielt sich. »Ein Mann wie Ihr, so scheint es mir«, sagte Cadfael, »könnte aus Oxford sehr wohl so weit in den Norden gekommen sein, um Renaud Bourchiers Mörder zu finden.«
    Sie wechselten einen langen Blick, und beide schienen zu akzeptieren und sogar zu billigen, was sie im anderen sahen.
    Doch schließlich sagte Rafe von Coventry fest: »Nein.«
    Er regte sich etwas, seufzte und brach den Bann des kurzen, aber tiefen Schweigens. »Es tut mir leid, Bruder, aber Ihr irrt Euch. Ich suche keineswegs Bourchiers Mörder. Es war eine gute Idee, und ich wünschte fast, sie wäre wahr. Aber sie ist es nicht.«
    Und damit ging er weiter zur Südtür und trat in das Zwielicht des Kreuzganges hinaus. Bruder Cadfael folgte ihm schweigend, ohne weitere Fragen zu stellen und ohne etwas zu sagen. Er erkannte ein wahres Wort, wenn er es hörte.

10. Kapitel
    Etwa zu der Stunde, als Cadfael und Rafe von Coventry nach der Vesper die Kirche verließen, stahl Hyacinth sich aus Eilmunds Hütte und schlich in der Deckung des dichten Waldes zum Fluß. Er war den ganzen Tag hinter verschlossenen Türen eingesperrt gewesen, denn abermals hatten Männer der Garnison den Wald durchsucht, wenn auch schnell und oberflächlich, da ihr eigentliches Ziel jenseits des Waldes lag.
    Und obwohl sie Eilmund kannten und keinen Anlaß sahen, seinen Besitz ein zweites Mal zu durchsuchen, war es dennoch möglich, daß sie auf gutnachbarliche Art hereinschauten und beiläufig fragten, ob Eilmund inzwischen etwas Auffälliges bemerkt habe. Hyacinth gefiel es gar nicht, den ganzen Tag eingesperrt zu sein und sich zu verstecken. Am Abend hockte er gereizt in seinem Gefängnis, aber da waren die Jäger längst auf dem Rückweg, um die Suche bis zum nächsten Morgen zu unterbrechen. So hatte er die Freiheit, jetzt selbst auf die Jagd zu gehen.
    Trotz seiner Müdigkeit und der Angst, die er sich angesichts seiner Lage mit unfehlbarer, grimmiger Aufrichtigkeit eingestand, mußte er immer wieder an Richard denken, der so ritterlich und ohne lange nachzudenken gekommen war, um ihn zu warnen. Eigentlich hätte der Junge dadurch nicht in Gefahr kommen dürfen. Wer in

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