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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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hatte.
    »Georg, würden Sie die Güte haben, mich kurz aussteigen zu lassen?«
    Georg fragte nicht nach dem Grund, sondern brachte das Gefährt einfach zum Stillstand. Helene nickte den Männern zu und kletterte, so schnell sie konnte, vom Wagen. Gottlob war der größte der Bäume, welche die Straße säumten, auch der nächste, und so schaffte sie es gerade noch rechtzeitig, sich ungesehen zu erleichtern. Erschöpft lehnte sie sich mit dem Rücken an den glatten Stamm, strich mit der Hand forschend darüber. Wie samtig sich die Borke anfühlte. Sie hielt für einen Moment die Augen geschlossen, atmete tief die nach warmem Gras duftende Frühlingsluft ein.
    Dies ist dein neues Leben, Helene! Ab jetzt wirst du dir keine Schwäche mehr erlauben, wirst der Gemeinde nicht zur Last fallen. Du wirst von nun an als ein Teil dieser Gemeinde arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten.
    Helene lugte hinter dem Baum hervor, um sicherzustellen, dass sie keiner sehen konnte; dann bekreuzigte sie sich und hastete zurück zu ihren Mitreisenden. Sie fühlte sich stark wie nie.

    Gottfried und Helene waren fürs Erste im Gemeindehaus untergebracht. Eigentlich war mit dem Vater verabredet, dass sie gleich bei einer Familie wohnen sollte, doch die Versammlung hatte beschlossen, dass die junge Frau sich zunächst in aller Ruhe in ihre neue Rolle als Gemeindesekretärin einarbeiten sollte. Gleichzeitig würde sie auf diese Weise die Familien des Dorfes kennenlernen und könnte dann später entscheiden, mit wem sie in Zukunft zusammenleben wollte. Jeder hier hätte sie gerne unter seinem Dach beherbergt, ihr Ruf war einwandfrei, der Vater weithin respektiert. Helene fühlte sich geschmeichelt. Es würde ihr nicht leichtfallen, eine Entscheidung zu treffen, doch Maximilian hatte ihr versichert, dass man ihre Wahl widerspruchslos akzeptieren würde. Helene war mit dem Arrangement sehr zufrieden, sie fühlte sich ernst genommen und zum ersten Mal wirklich frei. Sie durfte selbst entscheiden, wo sie leben würde!
    In der Zwischenzeit war ihr ein bescheidenes Zimmer im oberen Stock zugewiesen – ein einfaches Bett, ein Tisch samt Stuhl unter einem quadratischen Fenster, das auf die Hauptstraße blickte, ein schmuckloser Schrank. Dennoch hätte Helenes Unterkunft in ihren Augen nicht besser sein können, denn es war ganz allein ihr Zimmer. Keine Magd, mit der sie es hätte teilen müssen. Gottfrieds Kammern lagen neben der ihren; er besaß neben einem Schlafzimmer, das dem ihren ähnelte, eine winzig kleine Wohnstube mit Kamin.
    Georg trug ihre Kiste in den oberen Stock und ächzte, als er sie endlich vor ihrem Schrank absetzen konnte. Helene wurde sich schlagartig bewusst, wie schwer die Zederntruhe sein musste. Vater hatte sie eigens für ihre Überseereise anfertigen lassen, sie war ihr ganzer Stolz. Entgegen seiner sonst so strengen Art hatte Vater sie sogar selbst den Messingverschluss aussuchen lassen. Ohne Inhalt war sie schon nicht leicht, doch jetzt, da sie randvoll bepackt war mit allem, was ihr an Besitz aus der Heimat lieb und teuer war, musste die Kiste so schwer sein, dass es eigentlich übermenschlicher Kräfte bedurfte, um sie zu bewegen. Helene lief rot an. Sie hatte sich doch gerade erst entschlossen, niemandem mehr zur Last zu fallen, und jetzt das!
    »Entschuldigen Sie, ich … die Kiste … Es tut mir leid, Georg!«
    »Keine Ursache. Packen Sie in aller Ruhe aus, und dann hole ich Sie zum Abendessen ab. Sie werden sehen, Mutter kocht, als hätte sie Salkau nie verlassen. Ihr Kuchen und ihre Marmeladen werden sogar auf dem Markt in Adelaide verkauft. Wie es aussieht, kann sie gar nicht genug davon backen. Diese Engländer und Australier sind regelrecht verrückt danach. Wussten Sie, dass Apfelkuchen auf Englisch apple pie heißt?«
    Georg lachte nun leicht befangen, er war geschwätzig wie ein Weib.
    »Ja, also … Wenn ich im Augenblick nichts mehr für Sie tun kann, dann lass ich Sie nun allein.«
    Als er die Tür hinter sich zugezogen hatte, wartete Helene noch kurz, bis sie das Knarzen der Stufen hörte, dann warf sie sich erschöpft, doch zufrieden aufs Bett. Sie war froh darüber, wie herzlich und zuvorkommend Georg und sein Vater sie empfangen hatten. Sie würde sich schnell einleben, da war sie sich nun ganz sicher. Helene freute sich jedenfalls schon jetzt aufs Abendessen, wo sie auch Anna, die Frau des Pastors, kennenlernen sollte. Plötzlich sprang sie wie von der Tarantel gestochen auf. Siedend heiß war ihr

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