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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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Australien gereist war, den konnten ein paar Wellen wohl nicht so schnell aus dem Ruder werfen, dachte sie und lächelte unwillkürlich. Nach einer Katzenwäsche zog sie widerwillig ihr blaues Kleid wieder an. Der Rest ihrer Garderobe befand sich in der Zedernkiste an Bord der Yongala, die sie am Vorabend ihrer Verhaftung am Hafen aufgegeben hatte. Sie hob den Arm, schnüffelte prüfend daran und rümpfte die Nase. Es würde so gehen müssen, bis sie wieder auf Rosehill wäre.
    Sie machte sich auf den Weg in den Speiseraum. In den vergangenen Tagen in Brisbane hatte sie kaum einen Bissen runterbekommen. Vielleicht war es ihr Instinkt, der sie jetzt aufforderte, sich um ihren Körper zu kümmern. Sie musste stark sein, für Nellie.
    Der Duft von gebratenem Speck und Würstchen lag in der Luft, als Helene den Speisesaal betrat, und ihr lief tatsächlich das Wasser im Mund zusammen. Gleich darauf schämte sie sich dafür, so als hätte sie das Anrecht auf jedwede Normalität verwirkt, solange sie ihre Tochter noch nicht gefunden hatte. Während sie sich noch nach einem freien Platz umsah, wäre sie fast in den Zeitungsjungen gelaufen, der ihr jedoch gerade noch rechtzeitig auswich.
    »Yongala in Zyklon verschollen, Yongala in Zyklon verschollen. Ankunft der S. S. Yongala in Townsville seit zwei Tagen überfällig«, rief er unablässig und wedelte mit einer Zeitung.
    Helenes Knie wurden schwach, wie in Trance griff ihre Hand nach den Seiten, die der Junge ihr hinhielt.
    »Macht drei Schilling, die Dame.«
    Helene hörte ihn nicht. Zeile um Zeile nahmen ihre Augen Worte wahr, die ihr Verstand nicht anerkennen wollte. Die Yongala sollte im Sturm untergegangen sein? Das war nicht möglich. Katharina, die Kinder, Matthias …
    »Drei Schilling, bitte«, wiederholte der Verkäufer. Helene hatte ihr Portemonnaie in der Kabine gelassen und gab ihm kurzerhand die Zeitung zurück. »Da, die kannst du behalten. Steht sowieso nichts als Lügen drin.«
    Der Junge warf ihr einen verärgerten Blick zu, zog dann aber weiter. »Yongala in Zyklon verschollen. Alle hunderteinundzwanzig Passagiere tot?«, rief er aus. Die Gäste rissen ihm die Ausgabe förmlich aus den Händen, während Helene wie gelähmt dastand. Sie sah sich um. Die meisten anderen Speisegäste sahen genauso ungläubig aus wie sie selbst, während sie die Köpfe in die Zeitung steckten. Es konnte gar nicht wahr sein, was da stand. Es durfte nicht wahr sein!

    Als die Cooma in Townsville anlegte, blieb Helene in der Kabine, die sie nicht wieder verließ, ehe der Küstendampfer in Cairns eingelaufen war. Ihr Herz schlug schneller, als sie dort die wartende Menge am Pier wahrnahm. Parri hatte das Telegramm sicherlich rechtzeitig nach Rosehill geschickt. Katharina würde auf sie warten. Und bestimmt hatten auch die Kinder so lange gebettelt, bis Katharina schließlich nachgab und sie mitkommen durften, um ihre Tante abzuholen. Die Unruhe der Wartenden vibrierte in der Luft. Manche in der Masse am Pier liefen in einem fort auf und ab. Helenes Knöchel wurden weiß, als sie die Reling noch fester umfasste. Rechts und links neben ihr winkten die Passagiere so heftig, dass sie schon befürchtete, eine Hand oder ein Ellbogen könnte in ihrem Gesicht landen. Gefährlich vornübergebeugte Passagiere legten sich die Hände als Trichter um den Mund und riefen Namen in Richtung Hafen, und auch vom Pier vernahm sie laute, aufgeregte Stimmen. Ihren Namen hörte Helene nicht.

    An Land angekommen, spielten sich Szenen ab, die Helene irritierten. So viele, die weinten. Manche lachten unter ihren Tränen, doch die meisten wimmerten. Eine junge Frau schrie sogar und musste von ihrer Begleitung festgehalten werden. Helene stand wie versteinert im Gewühl, sah Umarmungen, Küsse und Hände, die sich anklagend gegen den Himmel hoben. Was war hier nur los? Glaubten die Leute etwa die Geschichte, die in der Zeitung stand? Hofften sie jetzt, ihre Angehörigen wären an Bord der Cooma gegangen statt auf die Yongala? Und wo blieben Katharina und die Kinder? Sicher würden sie jeden Moment den Pier entlanggerannt kommen, außer Atem, weil sie zu spät waren. Helene stellte ihre Tasche ab und wartete, die Arme eng am Körper. Das Warten kam ihr wie eine Ewigkeit vor, und allmählich leerte sich die Landungsbrücke. Sie stand noch immer still, nur ihre Hände zitterten leicht.
    »Helene?«
    Erschrocken fuhr sie herum und blickte in das Gesicht von John Tanner.
    »Gott sei Dank, Sie sind es.« Er

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