Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
Vom Netzwerk:
Augen und begann zu träumen. Erst der Klang heiterer Frauenstimmen riss sie aus dem nachmittäglichen Dösen. Sie setzte sich gerade hin und sah, wie eine Gruppe weiblicher Aborigines unter der Aufsicht einer Missionarin die Beete harkte. Die deutschen Männer hatten sich geweigert, die Aborigine-Frauen zu beaufsichtigen; die schwarzen Männer wiederum lehnten die »Frauenarbeit« ab, und so war es mit der Zeit eine rein weibliche Angelegenheit geworden, die Gemüsebeete der Mission zu bestellen.
    Alle schwarzen Frauen trugen einfache Kattunkleider, die ihnen die Frauen von Zionshill genäht hatten, denn Gottfried war nicht bereit gewesen, wie seine Vorgänger klein beizugeben, was die Kleiderordnung im Dorf anbelangte. Die Wilden hatten ihre Nacktheit geziemend zu bedecken, oder sie würden fortan keine Entlohnung mehr für ihre Arbeit erhalten. Er war zu keinem Kompromiss bereit gewesen, und so nahmen die Abos, wie manche hier die Schwarzen abfällig nannten, widerwillig und in ihrer Sprache schimpfend die fremde Kleidung entgegen. Sie hatten sich bereits zu sehr an die Kartoffeln und das Fleisch gewöhnt, das sie als Lohn für die Arbeit bei den Weißen regelmäßig zu ihren Hütten tragen durften. Und die Aussicht, diesen willkommenen Beitrag zur ansonsten eher kargen Kost wieder zu verlieren, ließ sie missmutig die verhasste Verkleidung anlegen. Die üble Laune hielt jedoch für gewöhnlich nicht lange an. Helene fand, dass die einheimischen Frauen einen wunderbaren Humor an den Tag legten, wenn es darum ging, Gottfried zu reizen, indem zumindest eine von ihnen das deutsche Kleid auf unziemliche Art trug. Jetzt kicherten sie schon wieder, als sie sahen, dass Gottfried schnellen Schritts auf sie zueilte und schon von weitem mit den Fäusten wie wild in der Luft fuchtelte. Heute war es Daisy, die sich das dunkelgraue Gewand der weißen Frauen nachlässig um die breiten Hüften geknotet hatte. Ihre schlauchartigen Brüste waren unbedeckt und wippten im Rhythmus der Harke hin und her, mit der sie geschäftig durch die rostrote Erde des Salatbeets fuhr. Als die Aborigines bemerkten, dass Gottfried im Anmarsch war, stimmten sie eines ihrer melodischen Lieder an, immer wieder unterbrochen vom eigenen Kichern, was nur zu noch größerem Gelächter führte. Wer außer ihnen wusste schon, wovon diese Frauen sangen? Es hätte Helene nicht weiter gewundert, wenn es etwas Anzügliches gewesen wäre. Sie hatte schon längst bemerkt, dass es für die Schwarzen ein Heidenspaß war, sich über die Schamhaftigkeit der Europäer lustig zu machen.
    Schon stand Gottfried schnaufend vor der jungen Frau, und während er noch um Luft rang, richtete sich Daisy aufreizend langsam zu ihrer vollen Pracht auf, worauf Gottfried seine Augen mit dem Unterarm beschirmte – ob vor der niedrigstehenden Sonne oder dem schamlosen Anblick Daisys vermochte Helene von ihrer Warte aus nicht zu beurteilen.
    Plötzlich jedoch ließ Gottfried den Arm sinken und glotzte Daisys Brüste an. Nach einer Weile leckte er sich, wohl unbewusst, mit der Zunge über die Oberlippe, dann blieb er unbewegt vor Daisy stehen. Helene fragte sich, was denn bloß in Gottfried gefahren war, und hielt die Luft an. Er konnte das Mädchen nicht eine Ewigkeit lang einfach so anschauen. Das war unverschämt. Erst als Daisy absichtlich ihre weibliche Pracht zum Schaukeln brachte, schien Gottfried aus seiner Starre zu erwachen. Trotz der sicheren Entfernung trieb es selbst Helene die Röte ins Gesicht, die sich mit der Zeit schon einigermaßen an den Anblick nackter Haut gewöhnt hatte. Deshalb konnte sie jetzt auch nicht anders und verzog den Mund zu einem Grinsen. Sie war gespannt, wie Gottfried sich dieses Mal schlagen würde. Gestern jedenfalls hatten die Frauen schallend gelacht, als er schließlich wütend davongestapft war. Die junge Amarina hatte es ihm wirklich nicht leichtgemacht. Frech trug sie ihr Kleid als eine Art Turban um den Kopf, ansonsten blieb sie, abgesehen vom wenig verhüllenden Stammesschmuck, splitterfasernackt. Gottfried hatte eine der Missionarinnen vorgeschickt, damit sie der dreisten Wilden das Kleid über den Körper streifte, bevor er ihr eine Standpauke halten wollte.

    Es war zwar schon über ein Jahr her, dass er mit Helene zusammen aus dem sächsischen Salkau nach Neu Klemzig gekommen war, doch noch immer war sein Englisch äußerst mangelhaft. Als Helene ihren Eltern damals ihren Herzenswunsch gestanden hatte, dem Ruf der lutherischen

Weitere Kostenlose Bücher