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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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Apfelkuchen von Luise und eine großzügige Portion kaltes Rindfleisch mit Meerrettichsoße von Anna, dazu ein kleines Brot und Limonade.
    »Wer soll das denn alles essen?«, fragte sie. »Ich bin doch höchstens einen Tag lang unterwegs.«
    »Die Wege des Herrn sind unergründlich. Das solltest du als gute Christin doch wissen«, erwiderte Anna.

    Warrun hielt sein Versprechen und stand vor Sonnenaufgang am Dorfrand. Er musste in der tiefsten Nacht aufgestanden sein, um sie von Zionshill hier abzuholen. Plötzlich nagte das schlechte Gewissen an Helene, denn nur ihretwegen würden die Wajtas nun ohne ihren Führer zum nächsten Lager aufbrechen müssen.
    »No worries«, erwiderte der Alte kichernd, der wieder einmal ihre Gedanken zu erraten schien. »Wajtas kennen Weg. Immer gleicher Weg.« Der Frühnebel lag wie eine Daunendecke über den Feldern, und die Vogelwelt erwachte gerade lautstark, als die ersten Sonnenstrahlen das Grau der späten Nacht zerrissen. Neben Warrun trat plötzlich ein großer Mann aus dem Schatten, den Helene noch gar nicht bemerkt hatte.
    »Das ist Parri. Parri dich begleiten zu Amarina. Du hören auf Parri.« Den letzten Satz hätte Warrun sich Helenes Ansicht nach schenken können, schließlich war sie nicht seine Tochter, doch es war wohl besser, wenn sie sich ihren Unmut nicht anmerken ließ. Warrun meinte es nur gut mit ihr. Sie sollte sich dankbar zeigen. Helene streckte die Hand aus, um Parri zu begrüßen, doch der nickte nur kaum merklich. Sie ließ den Arm sinken.
    »Danke, Warrun.« Helene wusste nicht, was sie sonst noch hätte sagen können, und so stand sie mit den fremdartigen Männern für eine Weile schweigend im lauten Morgenlicht und wartete darauf, dass ihr kleines Abenteuer begann.
    »Ich hier lang, Parri und du da lang«, befahl Warrun nach einer Ewigkeit. Er wies mit seinem sehnigen Zeigefinger erst in die eine, dann in die andere Himmelsrichtung und setzte sich gleich in Bewegung. Helene schaute zu Parri, der noch immer bewegungslos vor ihr stand. Er sah anders aus als die Aborigines, die sie kannte. Er war deutlich größer, hatte breitere Schultern, und seine Haut schimmerte heller, fast wie Milchschokolade. Und auch die Nase war viel schmaler als die der anderen Wajtas.
    Warrun drehte sich noch einmal nach ihnen um.
    »Sag Amarina, ich nicht böse. Amarina heiraten Parri, und ich nicht böse.« Dann ging er, und sie sah ihm eine Weile nach.
    »Bist du etwa der Bruder von M…?«
    Sie biss sich auf die Unterlippe. Fast hätte sie Mandu erwähnt, den getöteten Mann von Amarina, doch Warrun hatte ihr wie schon zuvor Amarina nochmals eingeschärft, dass die Namen der Toten tabu waren.
    »Ja, ich bin Parri, der Bruder von Amarinas Mann.«
    Helene war überrascht. Parri sah nicht nur anders aus als der Rest seines Stammes, er sprach außerdem fließend Englisch. Er musste ihre gerunzelte Stirn bemerkt haben.
    »Lass uns gehen«, sagte er, und seine Hand schob sie in Richtung des Pfades, der zum Tal hinunterführte. Ohne ein Wort stiegen sie in die Ebene hinab, und Helene genoss jede Sekunde. Die Aussicht auf das nebelverschleierte Tal, über das gerade ein Schwarm krächzender Gelbhaubenkakadus hinwegzog, war atemberaubend. Nie würde sie sich an der Weite und Schönheit dieses Landes sattsehen können. Helene fühlte, wie sich ihre Brust weitete und das Gefühl tiefen Friedens in sich aufnahm. Für einen Moment vergaß sie sogar Gottfried und mit ihm alle Schlechtigkeit der Welt. Einen Atemzug lang spürte sie so etwas wie Glück. Sie drehte sich zu Parri um und lächelte ihn an.
    Der nickte nur und bedeutete ihr mit der Hand weiterzugehen.
    Am Mittag rasteten sie am Torrensriver unter einer knorrigen Silberborke, die genügend Schatten spendete, um Helene zum Auspacken ihres Proviantbeutels zu bewegen. Sie faltete ein kariertes Baumwolltuch auf, das sie von Luises Küche her kannte, und legte es sorgfältig auf das Gras zwischen sich und Parri. Darauf breitete sie all die Köstlichkeiten aus, die ihre Freundinnen für sie vorbereitet hatten. Am Ende zog sie die Limonade hervor und stellte sie vorsichtig in die Mitte. Zufrieden schaute sie Parri an.
    »Setz dich und greif zu.«
    Parri zögerte, doch dann setzte er sich mit verschränkten Beinen neben sie. Erst probierte er nur, zupfte hier und da ein wenig Fleisch und Brot mit seinen geschickten Fingern. Dabei schaute er sie immer wieder fragend von der Seite an. Von ihren Blicken ermuntert, griff er sich nun eine

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