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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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und Cardinia zurück und hefteten sich dann auf Helene und das Kind. Helene stand nahe genug bei Katharina, um zu sehen, wie sich allmählich das Begreifen in ihrem Gesicht spiegelte. Katharina ließ die Hände sinken und trat einen Schritt auf sie zu.
    »Helene?« Ihre Stimme kratzte, und sie räusperte sich, bevor sie weitersprach. »Helene, bist du das?«
    Helene spürte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte. Ohne dass sie dies gewollt hätte, wurde sie von alten Gefühlen überwältigt, und es war, als stünde sie wieder als Sechzehnjährige vor der großen Schwester. All der Mut, den sie zusammengenommen hatte, all die starken Reden an die verlorene Schwester, die sie sich seit ihrer Flucht aus Neu Klemzig im Stillen wieder und wieder vorgesagt hatte – sie zerrannen unter diesem übergroßen Gefühl ins Nichts. Helene nickte nur. Katharina ließ das Laken ins Gras fallen und trat noch näher an die Schwester heran. Helene stand still, ihr Atem ging flach. Das einzige Geräusch, das sie wahrnahm, war der Wind, der jetzt deutlich aufgefrischt hatte und dem es wieder einmal zu gefallen schien, in ihrem Haar zu spielen und an den von Feuchtigkeit schweren Locken zu zerren. Sie strich sich eine Strähne aus den Augen und blinzelte gegen die Sonne in das noch immer vertraute Gesicht der Schwester. Würde Katharina sie in den Arm nehmen, oder war sie dafür zu verbittert oder auch nur zu überrascht? War die alte Wunde, die ihr die Familie geschlagen hatte, vielleicht nie wieder verheilt? Helene konnte das Klopfen ihres Herzens fast schon hören. Wann würde die Schwester endlich zeigen, was sie gerade empfand? Eigentlich hatte Helene geplant, sich gleich zu Anfang zu erklären, aber es war ihr einfach nicht möglich, der Kloß in ihrem Hals war zu groß.
    Die Frauen standen einander gegenüber, unbeweglich und wortlos. Helene kam es vor wie eine Ewigkeit, als wäre die Welt plötzlich stehengeblieben. Katharina war älter geworden, natürlich. Es waren immerhin zehn Jahre ins Land gezogen. Wahrscheinlich hatte sie selbst sich noch viel stärker verändert als die Schwester. Sie war ja fast noch ein Kind gewesen – damals. Doch da war noch etwas anderes, Katharina war nicht nur einfach älter geworden, in ihren Gesichtszügen lag ein Ausdruck, der Helene neu war. Mag sein, dass sie sich täuschte, mag sein, dass es nur dem tropischen Klima geschuldet war, aber die Schwester erschien ihr ein wenig vor der Zeit gealtert. Oder war ihr Leben so hart? Hatten ihr Sorgen und Mühsal zugesetzt? Mager war sie geworden, das herzförmige Gesicht um die Wangen herum eingefallen. Aber dennoch erkannte Helene noch immer das Mädchenhafte in Katharina, vorwiegend im klaren Blau der Augen und im Sonnenglanz, der sich in ihrem Haar verfing. Die Schwester war nach wie vor schön. Katharina war schon immer die Hübschere von ihnen beiden gewesen, fand Helene, weiblicher und weicher.
    Nellies Weinen erweckte die Frauen aus ihrer Starre. Helene hob sie hoch und küsste sie auf die Wange. Endlich fand sie den Mut zu reden: »Und das hier ist meine Tochter Nellie.« Sie drehte Nellie, deren Gesichtchen unter der schwarzen Mückenpaste gar nicht genau zu erkennen war, der Schwester zu. Die nackten Beinchen zuckten unter dem Baumwolltuch hervor, und wenn Nellies Fäustchen frei gewesen wären, hätte sie sie wohl in den Himmel gereckt. Katharina sah sie für einen Augenblick fragend an und streckte dann die Arme nach dem Kind aus.
    »Darf ich?«, fragte sie, ohne den Blick von Nellie zu wenden. Helene lächelte.
    »Natürlich.« Sie reichte Katharina das Baby, die es sachte in die Arme nahm und zu schaukeln begann.
    »Hat sie Hunger?«
    »Das kann eigentlich nicht sein. Ich habe sie eben erst gefüttert. Aber sie trinkt sehr viel, und die Hitze …«
    »Komm!« Katharina ließ die Schwester nicht ausreden, sondern schob sie mit einer Hand in Richtung Haus, dann schien sie sich an die andere Frau zu erinnern. »Und wer ist das?« Amarina stand mit ihrer Tochter abseits im Schatten eines großen Feigenbaums und wartete ab, wie das Gespräch der beiden weißen Frauen ausginge.
    »Das sind meine Freundin Amarina und ihre Tochter Cardinia. Die beiden haben mich von Südaustralien hierherbegleitet.«
    »Aus Südaustralien seid ihr gekommen?« Katharina schwieg nachdenklich. »Du lebst in Neu Klemzig?«
    Helene schaute betreten zu Boden. »Nicht mehr.«
    »Und wo ist Nellies Vater? Kommt er nach?« Helene blickte kurz zu Amarina, und dann sah sie

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