Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)
durch und sah ihre Schwester an. Dabei hoffte sie, dass ihr Blick fest blieb und nicht von Angst getrieben unruhig hin und her wanderte.
»Hör zu, Katharina, ich werde mich mit Nellie für eine Weile bei den Orta verstecken. So wie wir es für diesen Fall immer geplant hatten. Amarina und Cardinia werden mich begleiten. Später sehen wir weiter.« Katharina umarmte die Schwester.
»Wann gehst du?«
»Morgen bei Tagesanbruch.«
»Wie lange werdet ihr fort sein?«
»Ich weiß es nicht. Ich werde mich auf mein Gefühl verlassen müssen.«
Katharina nickte und wischte sich eine Träne aus den Augen. Helene sah zu Tanner, der sich ein wenig abseits gehalten hatte. Sie trat auf ihn zu.
»Was gerade geschehen ist, muss für Sie völlig unverständlich gewesen sein. Irgendwann werde ich Ihnen alles erklären, ich verspreche es. Ich hoffe, Sie wissen, wie dankbar wir Ihnen sind.« Helene und Katharina gingen ins Haus.
Tanner hätte tatsächlich gerne mehr über diesen merkwürdigen Gottfried erfahren, doch er sah selbst, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt war. Und wahrscheinlich hatte er auch gar kein Recht auf weitere Erklärungen. Er hoffte nur, dass Helene nicht völlig aus seinem Leben verschwand, sondern er sie irgendwann wiedersähe. Hoffentlich bald, denn er mochte sie.
Mit einem Seufzer drehte er sich zum Gehen und lief in Cardinia hinein.
»Entschuldige, kleine Lady.« Sie hielt noch immer den Knochen in der Hand.
»Wo sind denn alle hin? Und wo ist Digger?« Schwanzwedelnd tauchte der Hund hinter Tanner auf und schnappte sich, den Überraschungsmoment nutzend, den Knochen. Die Kleine fiel dem Hund lachend um den Hals.
»Ich hab dich so lieb. Du darfst mir nie wieder weglaufen, hörst du?«
Adelaide, Anfang Februar 2010
N atascha hielt Ausschau nach einer Frau, die als Erkennungszeichen einen schwarzen Regenschirm unter den Arm geklemmt hatte, doch Debra Schubert bemerkte sie zuerst und winkte ihr schon mit dem geschlossenen Knirps zu, als sie gerade erst die Ankunftshalle betreten hatte. Natascha hob ebenfalls die Hand und streckte sie kurz darauf zum Gruß aus, als sie der älteren Frau gegenüberstand. Diese trug einen praktischen Kurzhaarschnitt und ein ärmelloses Sommerkleid mit Blumendruck.
»Mrs. Schubert? Ich bin Natascha. Freut mich sehr, Sie kennenzulernen«.
»Bitte nennen Sie mich Debra. Mit den Förmlichkeiten haben wir es in Australien nicht so.«
Natascha lächelte. »Ich weiß gar nicht, wie ich mich bei Ihnen für die Hilfe bedanken soll. Dass Sie mich sogar vom Flughafen abholen, ist …«
»No worries«, fiel ihr Debra ins Wort und bewegte sich auf den Ausgang zu; Natascha folgte ihr. »Die Valley and Hills Historic Society hört sich pompöser an, als sie ist. In Wirklichkeit sind wir nur ein kleiner Haufen alter Leutchen, die viel zu viel Zeit haben.« Sie lachte, und die Fältchen in ihren Augenwinkeln sahen nun aus wie von Kinderhand gezeichnete Sonnenstrahlen. »Glauben Sie mir, wir erhalten bestimmt nicht jeden Tag den Anruf einer deutschen Journalistin, die etwas über unsere Lokalgeschichte erfahren will. Und da ich heute sowieso in die Stadt musste, konnte ich ebenso gut am Flughafen vorbeifahren.«
Natascha blieb stehen. »O je, ich hoffe, Sie machen sich keine falschen Vorstellungen. Wie ich ja schon am Telefon sagte, ist meine Recherche rein privater Natur. Einen Artikel wird es also nicht geben.«
Debra Schubert hob die zierlichen Schultern.
»Na wenn schon, das macht gar nichts. Unsere Truppe freut sich über jede Anfrage. Und wer weiß? Vielleicht stoßen Sie im Zuge Ihrer Nachforschungen ja auf eine historische Sensation, und dann kommen wir am Ende doch noch groß raus.« Als sie Nataschas ernstes Gesicht sah, stieß sie ihr leicht den Ellbogen in die Seite. »Keine Angst, war nur ein Scherz. Ich habe absolut keine Erwartungen an Ihren Besuch, und es ist mir eine Freude, Ihnen bei der Suche nach Ihrer Familiengeschichte weiterzuhelfen. Sind Sie nun beruhigt?«
Debra öffnete ihren Knirps und hielt ihn sich als Sonnenschutz über den Kopf, während sie den unbedachten Parkplatz überquerten. Natascha verfluchte die Auswahl ihrer Garderobe. Lange Jeans waren bei vierzig Grad im Schatten nicht gerade ideal. Wieso war es hier noch heißer als in den Subtropen?
»Sie haben unseren Hochsommer erwischt, und der ist in Südaustralien immer furchtbar trocken und heiß. Aber trösten Sie sich, ich werde mich auch nie daran gewöhnen.« Wie um ihre Worte zu
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