Der geheimnisvolle Gentleman
wandern. »Wollt Ihr denn niemals den Mund halten, meine Dame?«
Meine Dame. Wieder wurde Olivia von der Erkenntnis
überrollt, dass sie die Frau des Wikingergottes war. Du gehörst jetzt mir.
Sie musste es wohl laut gesagt haben, denn sie spürte den Gott an ihrem Hals lächeln.
»Ich denke schon«, sagte er, und seine tiefe Stimme drang in Regionen in ihrem Inneren vor, von deren Existenz sie bisher nichts geahnt hatte, Stellen tief unten in ihrem Bauch, wo sie eine schmerzhafte Leere verspürte. Orte wie die Spitzen ihrer Brüste, die sich prickelnd zusammenzogen.
Seine warmen Lippen wanderten über ihren Hals und ihr Kinn, bis sie schließlich seinen Atem an ihrem Mund fühlte. Er hielt inne, dehnte den Augenblick ins Unendliche, bis Olivia es nicht mehr aushielt. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und presste die Lippen in einem ungestümen Kuss auf die seinen. Er verhielt sich ganz still, als sie ihren Mund auf seinen drückte.
Zunächst war sie enttäuscht. Seine Lippen fühlten sich nicht unangenehm an, aber lange nicht so gut wie sein Atem in ihrem Nacken. Gerade als sie sich von ihm gelöst hatte, ergriff er sie plötzlich und presste seinen Mund auf ihre Lippen.
Dane hatte nicht vorgehabt, sie derart zu überfallen. Es lag allein daran, dass sie plötzlich da war, ihre weichen Lippen auf den seinen, ihr fester, lieblicher Körper so dicht an dem seinen.
Es war so verdammt lange her …
Die verdorrten, kalten Jahre des Entsagens fielen plötzlich von ihm ab und eine Welle der Hitze und des Verlangens überrollte seine gewissenhafte Selbstbeherrschung. Für die Dauer einer kurzen Ewigkeit riss er die tugendhafte, jungfräuliche Tochter Cheltenhams an sich, als wäre sie seine einzige Hoffnung, als fürchtete er, in der Welle, die ihn erfasst hatte, unterzugehen. Für einen kurzen Augenblick küsste er sie wie ein verhungernder Barbar, dem unverhofft ein Festmahl bereitet worden war.
Es dauerte eine Weile, bevor Dane wieder zu sich kam. Er war schockiert über das Ausmaß der Leidenschaft, die durch seinen Körper tobte. Und seine unschuldige Braut umklammerte mit beiden Fäusten das Hemd an seiner Brust und gab an seinem Mund winzige, wimmernde Laute von sich.
Schnell schlug Dane die Tür zu diesem verwirrenden Ausbruch seiner Lust zu und löste unter Schwierigkeiten die Lippen von ihrem Mund. Er zog sie nah an sich heran und legte das Kinn auf ihren Kopf, während er darum kämpfte, die Beherrschung über seinen Körper wiederzugewinnen. So würde er sein Ziel niemals erreichen. Wenn seine junge Braut jemals bereit sein sollte, ihn in sich aufzunehmen, durfte er sie nicht mit unkontrollierter Lust ängstigen.
Kontrolle – das war das Wichtigste an seinem Vorhaben. Wegen seiner Beeinträchtigung durfte er niemals die Kontrolle über sich verlieren, selbst wenn sie sich eines Tages ganz für ihn öffnen sollte. Er durfte sie niemals mit seinen niederen Bedürfnissen behelligen. Es würde sie nur in Angst und Schrecken versetzen. Er hoffte nur, dass er nicht alles verdorben hatte.
Als er ein letztes Mal tief durchatmete, bemerkte er, dass Olivia keineswegs erschreckt wirkte. Das Mädchen in seinen Armen presste sich weiterhin an ihn und versuchte unbeholfen, seinen Nacken zu küssen, während er sie fest im Arm hielt.
Eine Welle der Erleichterung überrollte ihn. Obwohl es ihm schwerfiel, nahm er Olivia mit beiden Händen bei den Schultern und drückte sie zärtlich von sich weg.
Olivia blinzelte ihn überrascht an, als ihr frischgebackener Ehemann sich zärtlich, aber bestimmt von ihr löste. »Habe … habe ich es nicht richtig gemacht?«, fragte sie atemlos und versuchte, ins Hier und Jetzt zurückzufinden. »Ich habe versucht, dasselbe zu tun, was Ihr getan habt. Soll ich es noch einmal versuchen?«
Sie trat einen Schritt vor, denn sie sehnte sich danach, wieder in diesen Wirbel der Leidenschaft einzutauchen.
Er hatte ihre Schultern nicht losgelassen. Olivia schaute mit zusammengezogenen Augenbrauen zu ihm auf. Die Gefühllosigkeit in seinem Blick irritierte sie. »Warum?«
Mutter hatte Olivia ständig vorgehalten, sie sei zu wenig zurückhaltend, zu anfällig für unanständiges Verhalten. Ja, sie hatte ihn nicht nur geküsst, sie hatte ihn geleckt! Sie trat einen Schritt zurück und hielt sich mit den Händen die heißen Wangen. »O Himmel. Was müsst Ihr von mir denken.«
Zuerst hatte sie ihm vorgeworfen, sie zu vernachlässigen, dann schamlos von ihm verlangt, dass er
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