Der geheimnisvolle Kreis (German Edition)
für einen kurzen Moment. Dann verzog er das Gesicht und schrie:
„Du doofe Hexe. Du bist nicht meine Mutter! Du kannst mich nicht veralbern.“
Klaus war außer sich.
„Ok, ok.“ krächzte die Hexe und war plötzlich wieder die alte Hexe, hässlich und mit einer Krächzstimme.
„Komm zu mir herüber. Ich zeige dir deine Mutter in meiner Glaskugel“.
Sie streckte ihm erneut die Hand entgegen. Sie war faltig und alt. Sie gingen auf einen Tisch zu, auf dem ein Gegenstand unter einem Tuch versteckt stand. Die Hexe nahm das Tuch zur Seite und eine Glaskugel kam darunter hervor.
Gondur wirkte sehr traurig. Er erinnerte sich an die Szene noch genau. Und wieder schien sein Herz zu brechen. Marla schaute mitleidig zu ihm hinüber. Irgendwie tat er ihr leid. Was immer er in seinem Kopf abspielte, es war mit Sicherheit nicht „Verrückt nach Mary“ oder „Die Simpsons“.
Gondur lehnte sich nach vorn, als wolle er in sein Glas hineinschauen. Doch er schaute nicht in ein Glas.
Klaus schaute in die Glaskugel. Er sah Wald. Finsternen Wald. Und hörte seine Mutter weinen. Schreckliches Weinen nahm er war. Und im Hintergrund rief seine Eule in die Nacht.
„Mutter!“ schrie Klaus.
„Sie kann dich nicht hören.“
„Was ist mit ihr? Ich muss sofort zu ihr.“
„Nein, du kannst nicht zu ihr.“
Klaus war verzweifelt und furchtbar traurig. Warum konnte er nicht einfach wieder nach Hause gehen? Was soll er bei einer Hexe?
„Ich werde dir alles erzählen, wenn du machst, was ich will und ein guter Schüler bist.“
„Schüler? Ist das hier eine Schule?“
„Ja, eine Hexen-und Zaubererschule. Ich brauche immer Neulinge, um neue Zaubertechniken ausprobieren zu können. Deswegen bist du hier.“
„Aber ich will kein Zauberer werden. Ich will Zimmermann werden.“
„Blödsinn, Zimmermann. Damit wird man nicht reich. Da musst du nur schuften und wirst schlecht bezahlt. Glaube mir, Zauberer sein bringt viel mehr Vorteile. Aber eins ist von Anfang an klar: Ich bin und bleibe die Chefin und ich werde für immer und ewig das Sagen haben. Verstanden?“
„Ja, Meisterin“.
„Deine Mutter hat mir ein Versprechen geben müssen, als dein Vater starb. Sie war bettelarm und du noch ein winziger Säugling von gerade mal drei Monaten. Sie hätte dich niemals durchgebracht. Ich bot ihr an, für euch zu Sorgen. Ihr solltet immer genug zu essen und zu trinken haben und ein Dach über dem Kopf. Dafür müsse sie aber einen Preis bezahlen: Dich!“
„Du Verräterin! Wir hatten nie genug zu Essen und durch das Dach hat es immer reingeregnet. Das Haus war schlechter als eine Hundehütte!“ unterbrach sie Klaus erregt vor Wut.
Die Hexe schaute unschuldig Klaus an.
„Aber ohne mich hättest du den ersten Winter nicht überlebt. Dann hättet ihr nicht mal eine Hundehütte gehabt. Also sei nicht so undankbar.“
Sie merkte schon, dass Klaus ein sehr aufgeweckter und intelligenter Junge war. Auf ihn müsse sie besonders Acht geben. Er war anders als die anderen Jungen und Mädchen.
„Undankbar? Du hast meine Mutter über den Tisch gezogen! Sie ist jetzt furchtbar traurig und wird sich das wohl nie verzeihen. Wie kann man so herzlos sein? Du bist eine widerliche alte Hexe!“
Klaus drehte sich um und rannte zur Tür. Er würde nicht länger hier bleiben. Auch wenn ihn dieses Monster bei der Flucht töten würde. Hier bliebe er auf keinen Fall.
Er kam aber nicht weit. Die Hexe rief unklare Worte und schwups landete Klaus auf allen Vieren und sagte: Quak!
Gondur lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Erst huschte ein Grinsen, dann ein nachdenklicher mitleidiger Blick über sein Gesicht.
Über was der wohl nachgedacht hat. Marla war neugierig geworden, aber auch vorsichtig. Denn schon öfters hatten ihre unbedachten Worte und Gedanken sie in peinliche Situationen gebracht. Sie erinnerte sich an eine peinliche Situation aus der Schule:
Ich saß mit meiner Schulkameradin Betty im Matheunterricht. Es war stinklangweilig und Herr Schuster einschläfernd. Er huschte an der Tafel entlang und schrieb hier und da Formeln und Dreisätze an die Tafel. Herr Schuster war sehr seltsam. Ein typischer Mann, der mit 45 immer noch zu Hause bei Mutti wohnte, einmal im Jahr zum Friseur ging und dessen Körper nur alle paar Monate Wasser zum Spüren bekam. Kurz und gut ein sonderbarer Mensch.
Die ganze Schule machte sich über ihn lustig. Er trug einen alten Lederranzen in der Hand. Wahrscheinlich noch ein Erbstück aus
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